Berlin. Auch nach dem Rückzug von Schulz herrscht in der SPD Chaos. Es mehren sich Stimmen, die einen schnellen Wechsel an der Spitze fordern.

Angesichts der Turbulenzen in der SPD wird Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles den Parteivorsitz voraussichtlich

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. Dann berät das Parteipräsidium. Als erste aus der Parteiführung sprach sich die Vizevorsitzende Manuela Schwesig in den ARD-„Tagesthemen“ dafür aus: „Ich unterstütze sehr, dass Andrea Nahles zügig den Vorsitz der SPD übernimmt.“

Auch der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, Johannes Kahrs, sagte der „Rheinischen Post“: „Wenn der Parteivorstand Andrea Nahles eh als Parteivorsitzende vorschlagen wird, ist es sinnvoll, sie jetzt gleich zur kommissarischen Vorsitzenden zu ernennen.“

Alter Streit um Urwahl flammt neu auf

Bislang war der formelle Rückzug von SPD-Chef Martin Schulz erst für Anfang März geplant, nach dem SPD-Mitgliedervotum über die große Koalition. Nahles muss dann später noch von einem Parteitag bestätigt werden.

Nötig wird der schnellere Wechsel, weil die Personalquerelen um Schulz die Mitgliederbefragung zu überlagern drohen. Viele Sozialdemokraten sind auch verärgert, weil der Wechsel abermals im kleinsten Führungszirkel vereinbart wurde. Deswegen ist ein alter parteiinterner Streit neu aufgeflammt: der um eine sogenannte Urwahl der Vorsitzenden durch alle Sozialdemokraten. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sprach sich dafür aus, die Vizevorsitzenden Olaf Scholz und Thorsten Schäfer-Gümbel dagegen.

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    „Wir haben auf dem Parteitag im Dezember entschieden, dass wir die Möglichkeit einer Urwahl prüfen wollen“, sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Montag). Das Verfahren mobilisiere die Partei. „Deswegen sollten wir uns dieser Möglichkeit langfristig öffnen.“

    Scholz: „Haben gutes und bewährtes Verfahren“

    Auch die geschäftsführende Arbeits- und Familienministerin, Katarina Barley (SPD), hatte sich grundsätzlich offen dafür gezeigt. Die SPD in Sachsen-Anhalt sprach sich ebenfalls dafür aus. „Wer künftig die SPD führt, braucht Rückhalt aus der ganzen Partei“, erklärte der Landesvorsitzende Burkhard Lischka am Sonntagabend nach einer Telefon-Vorstandskonferenz. Ein Mitgliedervotum gewährleiste das.

    Dagegen sagte Scholz am Abend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“: „Wir haben ein gutes und bewährtes Verfahren, und das ist, dass auf Parteitagen Vorsitzende bestimmt werden.“ Die SPD brauche dringend Erneuerung, aber da gehe es um andere Fragen, etwa wie sie bei Bundestagswahlen über 30 Prozent kommen könne.

    In Union wachsen Sorgen um SPD-Votum

    Schäfer-Gümbel warnte vor Problemen mit dem Parteiengesetz und verschiedenen Legitimationen der SPD-Führung. „Entweder man wählt alle per Urwahl oder alle auf dem Parteitag“, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“ (Montag).

    Die Urwahl-Idee wird seit Jahren von SPD-Linken wie der Vorsitzenden des Forums Demokratische Linke 21, Hilde Mattheis, forciert. Bisher ist nur eine unverbindliche Mitgliederbefragung möglich.

    In der Union wachsen angesichts der SPD-Querelen die Sorgen um eine Zustimmung der Sozialdemokraten zur großen Koalition. „Es ist politisch fahrlässig, sich derart ausdauernd durch Selbstzweifel und Befindlichkeiten leiten zu lassen“, sagte Thüringens CDU-Landeschef Mike Mohring der „Welt“ (Montag). Die CSU-Vizevorsitzende Dorothee Bär appellierte: „Die SPD-Führung sollte sich darauf konzentrieren, die guten Ergebnisse der Koalitionsvereinbarung zu vermarkten.“ (dpa)

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