Berlin. In der SPD verschärft sich nach der Kritik von Sigmar Gabriel die Personaldebatte. Aber auch in der CDU ist die Unzufriedenheit riesig.

In SPD und CDU rumort es nach Ende der Koalitionsverhandlungen gewaltig. Die thüringische Finanzministerin Heike Taubert (SPD) wies am Freitag ihren Parteifreund Gabriel zurecht. „Niemand hat tatsächlich das Recht auf ein bestimmtes Amt“, sagte sie im Deutschlandfunk mit Blick auf die Kritik Gabriels am Anspruch von Parteichef Martin Schulz, das Außenressort zu übernehmen.

In der CDU bekräftigte Junge-Union-Chef Paul Ziemiak, Parteichefin Angela Merkel müsse „ein Zeichen der Erneuerung“ geben.

Gabriel hatte gegenüber unserer Redaktion über eine mangelnde Wertschätzung seiner Arbeit durch die SPD-Führung und den Umgang mit seiner Person geklagt. „Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt“, sagte er, offenkundig gemünzt auf frühere Zusagen von Schulz, die dieser Gabriel demnach gegeben haben soll.

Ganz schön hart: So rechnet Sigmar Gabriel jetzt mit der SPD-Spitze ab

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    SPD-Linke kritisiert Schulz und Nahles

    Der Außenminister hat seit Bekanntwerden der Ansprüche auf sein Amt die Teilnahme an mehreren Terminen abgesagt. An der Münchner Sicherheitskonferenz nimmt er seinem Sprecher zufolge aber teil. Am Donnerstag hatte die Sicherheitskonferenz selbst mitgeteilt, Gabriel habe abgesagt.

    Die SPD-Parteilinke Hilde Mattheis kritisierte Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles wegen deren Personalvorschläge. Unmittelbar nach der Annahme des Koalitionsvertrages mit der Union hatten beide erklärt, Nahles solle den Parteivorsitz übernehmen und Schulz Außenminister werden. „Es geht nicht, wenn zwei Leute sich an der Parteispitze zusammensetzen und sagen, wir teilen jetzt die Partei unter uns auf“, sagte Mattheis dem NDR.

    Auch Verständnis für den SPD-Chef

    Dagegen äußerte Heike Taubert Verständnis für die Entscheidung von Schulz, den Parteivorsitz nach nicht einmal einem Jahr wieder abzugeben. Schulz habe selbst gemerkt, dass seine Leistung in der Partei nicht wie von ihm erwartet honoriert werde.

    Dem Parteichef wird auch vorgeworfen, wortbrüchig zu werden. Er hatte nach der Bundestagswahl im September erklärt, er werde nie in ein Kabinett unter Merkel eintreten. Seinen Meinungswechsel begründet Schulz damit, dass die Situation nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen eine andere sei.

    „Strategische Fehler gemacht“

    Der SPD-Politiker Ulrich Kelber zeigte im BR Verständnis für die Kritik an der SPD-Parteiführung: „Man kann nicht leugnen, dass vonseiten der SPD-Spitze seit dem 24. September strategische Fehler gemacht worden sind.“

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      Große Unzufriedenheit in der CDU

      Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner forderte eine inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei. „Es rumort mächtig in der CDU“, erklärte der stellvertretende Landesvorsitzender der CDU Berlin am Freitag. „Unsere Mitglieder vermissen zurecht einen selbstbewussten Umgang mit unseren Werten - auch mit den konservativen. Wir müssen die kommenden Jahre nutzen, uns inhaltlich und personell neu aufzustellen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.“

      JU-Chef Ziemiak wiederum forderte „frische Köpfe“ bei den kommenden Personalentscheidungen. Die Unzufriedenheit in der Partei sei „sehr groß“, insbesondere auch wegen der Ressortverteilung in einer neuen großen Koalition, sagte er im Deutschlandfunk.

      Neuaufstellung ohne Merkel?

      Der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch rief seine Partei auf, sich auf die Zeit nach einem Abgang Merkels vorzubereiten. „Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel personell neu aufstellen“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Denn diese Legislaturperiode kann auch sehr schnell vorbei sein.“ (rtr/dpa)

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