Berlin. SPD und Union haben sich am Sonntag in Sachen Wohnen und Mieten geeinigt. Die Streitthemen Gesundheit und Arbeit sind aber noch offen.

CDU, CSU und SPD haben ihre Koalitionsverhandlungen auf diesen Montagvormittag um 10 Uhr vertagt. Die Verhandlungen seien sehr konstruktiv verlaufen, in wichtigen Bereichen seien Einigungen erzielt worden, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Sonntagabend in Berlin.

Die Spitzenrunde der Unterhändler habe aber festgestellt, „dass noch Themen vor uns liegen, bei denen die Parteien voneinander entfernt sind, (...) über die wir gründlich und konzentriert reden wollen“. Deswegen habe man gemeinsam entschieden, auf eine Nachtsitzung zu verzichten. Am Montag werde weiterberaten.

Die Streitthemen Gesundheit und befristete Arbeitsverträge sind bisher noch nicht einmal angesprochen worden, hieß es aus Kreisen der Verhanldungsrunde. Die potenziellen Koalitionäre hatten sich den Montag und den Dienstag als Puffertage freigehalten.

„Baukindergeld“ soll Familien unterstützen

In anderen für die Bürger wichtigen Themen fanden die möglichen Koalitionspartner am Sonntag dagegen Kompromisse – insbesondere im Bereich Wohnen und Mieten.

„Junge Familien werden unterstützt mit einem Baukindergeld von 1200 Euro pro Kind und Jahr“, sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Damit sollen Familien, denen bisher der finanzielle Spielraum fehlt, beim Bau eines Eigenheims unterstützt werden.

Das „Baukindergeld“ soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro plus 15.000 Euro Freibetrag je Kind gewährt und über eine Dauer von zehn Jahren gezahlt werden. Es wird nach Angaben der Unterhändler 440 Millionen Euro im Jahr kosten.

Mietpreisbremse in Großstädten verschärfen

Zudem soll die bisher weitgehende wirkungslose Mietpreisbremse in Großstädten verschärft werden. Da bislang meist die vorherige Miete unbekannt ist, greift die Bremse nicht richtig. Nun ist geplant, dass die vorherige Miete offengelegt werden muss, wie die stellvertretende SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen sagte.

Außerdem wollen Union und SPD über eine Reform der Grundsteuer mehr Bauland für neue Wohnungen gewinnen, indem Kommunen für nicht genutzte Grundstücke höhere Steuern verlangen dürfen.

Vor einer öffentlichen Präsentation des Koalitionsvertrags sollen die Parteigremien beider Seiten zustimmen. Voraussichtlich würden auch die Fraktionen von CDU/CSU und SPD von den Parteispitzen zunächst über die Inhalte informiert.

Noch wichtige Punkte müssen geklärt werden

SPD-Chef Martin Schulz betonte am Sonntag vor Beginn der Verhandlungen in der SPD-Zentrale in Berlin, vor allem sozialpolitische Fragen seien noch zu diskutieren. „Am Ende geht es darum, dass man nicht wegen der einen oder anderen Uhrzeit einen Druck aufbaut, den man in so einer Schlussphase beim besten Willen nicht gebrauchen kann.“

Koalitionsverhandlungen: Schulz sieht noch Diskussionsbedarf

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    Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, vor einer endgültigen Einigung stünden noch schwierige Verhandlungen. „Wir kennen unsere Aufgabe und versuchen, ihr gerecht zu werden.“ CSU-Chef Horst Seehofer verzichtete auf eine Stellungnahme. SPD-Vize Manuela Schwesig kündigte an: „Wir haben unseren Mitgliedern versprochen, dass wir verhandeln, bis es quietscht, und das werden wir auch tun.“

    Merkel zu Gast bei SPD: "Wir kennen unsere Aufgabe"

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      SPD steht in Umfragen als Verlierer da

      Selbst wenn sich die Unterhändler auf einen Koalitionsvertrag einigen, ist noch lange nicht sicher, dass eine neue schwarz-rote Regierung tatsächlich zustande kommt. Geplant ist, den Vertrag den mehr als 440.000 SPD-Mitgliedern zur Abstimmung vorzulegen. An der SPD-Basis gibt es Vorbehalte gegen eine Neuauflage des Bündnisses. Hinzu kommt, dass die Partei zuletzt in Umfragen absackte.

      Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer gab der SPD-Spitze die Verantwortung für die Lage der Sozialdemokraten. „Es ist totales Führungsversagen, dass die SPD in so einem schlechten Zustand ist“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

      Ihm tue es leid zu sehen, wie viele in der Partei durch den Wind seien. „Selbst gute Fachleute haben eine Schere im Kopf und trauen sich nicht mehr, die richtigen Dinge zu entscheiden, weil sie Angst haben, das nicht bei ihrer Mitgliedschaft durchbringen zu können.“

      Kritiker stellen sich gegen Martin Schulz

      Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz spricht bei den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD in der SPD-Parteizentrale.
      Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz spricht bei den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD in der SPD-Parteizentrale. © dpa | Kay Nietfeld

      In der SPD gibt es wachsende Bedenken gegen einen Einzug von Schulz als Minister und Vizekanzler in das Kabinett der geplanten GroKo. Intern wird die Frage nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur verstärkt diskutiert, aber wegen der laufenden Verhandlungen und mit Blick auf die Autorität von Schulz sind nur wenige bereit, sich öffentlich klar zu äußern.

      Teileinigungen hatten die potenziellen Koalitionäre am Samstag in den Bereichen Klima und Energie sowie Landwirtschaft erzielt. So wollen sie etwa drohende Diesel-Fahrverbote in Städten verhindern und den schleppenden Ausbau der Elektromobilität beschleunigen.

      Die geschäftsführende Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) räumte aber ein: „Wir wissen nicht, ob wir Fahrverbote werden vermeiden können.“ Eine vor allem von Umweltverbänden geforderte blaue Plakette sei in den Koalitionsverhandlungen kein Thema gewesen. (dpa)