Cottbus. Hunderte Cottbusser demonstrierten am Samstag für eine weltoffene Stadt. Die Demo gegen Flüchtlingspolitik hatte aber mehr Zulauf.

Nach einer Serie von Gewalttaten zwischen Flüchtlingen und Einheimischen haben in Cottbus mehrere Hundert Menschen für ein friedliches Miteinander demonstriert.

Eine Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung fand gleichzeitig deutlich mehr Zulauf. Nach Schätzungen von Beobachtern folgten am Samstag deutlich mehr als 2000 Menschen einem Aufruf des Vereins „Zukunft Heimat“, den Brandenburgs Verfassungsschützer als „asylkritische Initiative“ einstufen.

Der Verein selbst sprach von mindestens 5000 Teilnehmern, die durch die Innenstadt zogen. Die Polizei nennt bei Demonstrationen in der Region generell keine Teilnehmerzahlen. Auf Transparenten war unter anderem zu lesen „Die Islamisierung ist wie ein Krebsgeschwür und ist die größte Gefahr für die Menschheit“, „Wir rufen Islam raus“ und „Merkel muss weg“.

600 Demonstranten für weltoffene Stadt

Zuvor hatten Hunderte Menschen nahe der Kundgebung für eine weltoffene Stadt demonstriert. Zu Beginn waren es geschätzt rund 600 Teilnehmer gewesen. Als sich die Kundgebung in Bewegung setzte, gab es laut Polizei weiteren Zulauf.

Wollmütze in Deutschland-Farben und Pegida-Pulli: Rentner, junge Männer und Familien kamen zur Demo gegen die Flüchtlingspolitik.
Wollmütze in Deutschland-Farben und Pegida-Pulli: Rentner, junge Männer und Familien kamen zur Demo gegen die Flüchtlingspolitik. © Getty Images | Carsten Koall

Zuletzt war es geballt zu Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Flüchtlingen in der Stadt gekommen. So hatten unter anderem jugendliche Syrer ein Ehepaar vor einem Einkaufszentrum attackiert. Zum Jahreswechsel hatten Unbekannte Flüchtlinge in ihrer Unterkunft angegriffen. Die Stadt nimmt momentan keine weiteren Flüchtlinge auf. Sozialarbeiter und mehr Polizeipräsenz sollen die Lage entspannen. Cottbus ist wegen der Attacken bundesweit in den Schlagzeilen.

Nach Aussagen der Polizei verlief der Versammlungstag in Cottbus insgesamt störungsfrei und war um 16 Uhr beendet. Allerdings zeigte ein 38-Jähriger den Angaben zufolge an verschiedenen Orten den verbotenen Hitlergruß. Beamte nahmen den Deutschen in Gewahrsam. Weitere Straftaten seien bislang nicht bekannt, hieß es am frühen Abend.

„Zukunft Heimat“ bekam mit Übergriffen Aufwind

Schon Mitte Januar hatte der Verein „Zukunft Heimat“ nach den vermehrten Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen in der Stadt viele Menschen zu einer rechtsgerichteten Demo auf die Straße geholt. Diesmal sind laut Polizei nochmals deutlich mehr Menschen dem Aufruf gefolgt. Auch im vergangenen Jahr waren die Kundgebungen des Vereins aus dem Spreewald in Cottbus stets viel kleiner gewesen. Mit den Übergriffen bekam der Verein sichtlich Aufwind.

In der Mehrzahl kamen diesmal Paare, Rentner, junge Männer und Frauen und zum Teil auch Familien. Laut Polizei mischten sich aber auch vereinzelt Rechtsextreme unter die Menge. Die Teilnehmer kamen nach Beobachtungen nicht nur aus Cottbus, sondern auch aus anderen Regionen Südbrandenburgs und Sachsen. Unter den Rednern war auch Pegida-Chef Lutz Bachmann.

Die Teilnehmer der Demonstration verurteilten die Angriffe von Flüchtlingen auf Deutsche scharf und skandierten immer wieder „Widerstand“ gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung.

Oberbürgermeister nicht anwesend

Das Motto der Demo: „Leben ohne Hass
Das Motto der Demo: „Leben ohne Hass". Hunderte setzten sich für Weltoffenheit ein. © dpa | Bernd Settnik

An Demo für mehr Weltoffenheit hatten am Vormittag viele Flüchtlinge, Familien mit Kindern, ältere Ehepaare, Schüler, Studenten und brandenburgische Politiker teilgenommen. Die Demonstration hatte ein syrischer Flüchtling angemeldet, unterstützt vom Verein „Cottbus Nazifrei“, wie es von der Polizei hieß.

Das Motto war: „Leben ohne Hass – gemeinsam gegen die Angst“. Auf dem Altmarkt, der von Cafés und Geschäften umgeben ist, wurden Anstecker mit diesem Motto sowie bunte Luftballons verteilt. Ein Flüchtling gab Rosen aus.

Einige Vertreter von wichtigen Institutionen aus der Stadt zog es auch zu dieser Demonstration – darunter vom Regionalligisten FC Energie Cottbus und vom Menschenrechtszentrum, das eine Gedenkstätte in einem ehemaligen DDR-Gefängnis betreibt. Kritik gab es von vielen Seiten daran, dass der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) nicht anwesend war. Nach Angaben der Stadtverwaltung war er wegen schon länger geplanter Termine verhindert.

Die Polizei war in der Innenstadt stets präsent und achtete darauf, dass die Gruppen nicht aufeinandertrafen. Größere Polizeifahrzeuge wurden quer auf die Straße als Sperre zwischen Altmarkt und Oberkirchplatz gestellt. (dpa)