Davos. Trump lud in Davos dazu ein, in den USA zu investieren. Sein Bekenntnis zum Freihandel wurde begrüßt, doch Kritiker geben auch Kontra.

Um ihn zu sehen, stellen sich die Leute anderthalb Stunden vorher an. Die Warteschlange wächst. Ein paar Hundert Leute sind es schon. Der Mann ist eine Attraktion.

Gleich wird Donald Trump sprechen. Erst wurde er eingeladen und meldete sich nicht. Dann sagte er zu, und alle waren aus dem Häuschen. Dann war fraglich, ob er wirklich kommt. Jetzt ist er tatsächlich hier.

Trumps Rede ist der Höhepunkt des Treffens

An diesem Freitag fiebert das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos seinem Höhepunkt entgegen, kurz bevor der viertägige Kongress der globalen Wirtschafts- und Politikelite am Abend zu Ende ist. Die Rede des US-Präsidenten ist das wichtigste Ereignis, auch wenn viele hier das gar nicht toll finden.

Der andere emotionale Höhepunkt des diesjährigen WEF hat da schon stattgefunden. Dort, wo gleich Trump auftreten wird, hielt am Mittwoch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron seine mehr als einstündige Rede. Er plädierte für ein starkes Europa, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz.

Macron fordert in Davos "neuen weltweiten Vertrag"

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    Trump spricht 15 Minuten von neuer amerikanischer Stärke

    Es war eine Ansprache vor der Schlacht, gehalten in fast jugendlichem Überschwang, für alles Gute, und zwar sofort, weltweit. Macron formulierte den rhetorischen-moralischen Konsens, den zahlreiche Teilnehmer des Forums teilen. Als er endete, sprangen viele auf, umringten ihn, machten Selfies.

    Jetzt werden die Türen geöffnet. Neben dem weißen Pult auf der Bühne steht links und rechts je ein Teleprompter, dahinter in großen Buchstaben das Motto des Weltwirtschaftsforums „Verpflichtet die Welt zu verbessern“. Trump betritt die Bühne. Er spricht 15 Minuten und sendet eine Botschaft neuer amerikanischer Stärke.

    Trump lobt seine Wirtschaftspolitik

    Der US-Präsident

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    und betont, dass die Interessen seines Landes für ihn immer an oberster Stelle stehen. Wenn es den USA gut gehe, würden andere auch profitieren. „Nach Jahren der Stagnation erleben die USA jetzt starkes Wachstum. Seit meiner Wahl klettern die Aktienkurse.“

    Die Arbeitslosigkeit unter Afroamerikanern sei so niedrig wie noch nie, lobt Trump seine Wirtschaftspolitik. „Amerika ist wieder konkurrenzfähig. Ich habe eine einfache Botschaft: Es gibt keine bessere Zeit, um in den USA Geschäfte zu machen.“ Und: „Wir haben die besten Arbeiter der Welt.“

    USA wollen protektionistische Staaten bekämpfen

    Dann erklärt Trump, er wolle das „internationale Handelssystem reparieren“. „Wir können keinen offenen Handel betreiben, wenn andere das System ausbeuten. Wir wollen fairen Warenaustausch, aber das muss gegenseitig erfolgen.“ Ohne China oder die EU zu nennen, spricht er, der gerade Strafzölle für einzelne Produkte verhängt hat, von Protektionismus einiger Länder zulasten der USA.

    Außenpolitisch kündigt Trump eine „Kampagne des maximalen Drucks“ an, um Nordkorea die Atomwaffen wegzunehmen. Iran dürfe keinen Zugang zu Atomwaffen erhalten. Er beendete seine Rede mit dem Satz: „Die Zukunft Amerikas war nie verheißungsvoller als jetzt.“

    Trump stehen mächtige Staatschefs gegenüber

    Seine Positionen vertritt Trump klar und eindeutig – wohl wissend, dass sich während der Tage des WEF eine Phalanx von Politikern gegen dieses Programm der Einseitigkeit ausgesprochen hat. Außer Macron waren das Kanzlerin Angela Merkel, Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni, die Premierminister von Kanada und Indien, Justin Trudeau und Narendra Modi. Mit unterschiedlicher Nuancierung plädieren sie für Multilateralismus – das gemeinsame Aushandeln von Lösungen auf Augenhöhe.

    Demonstrationen gegen Trump am Rande des Weltwirtschaftsforums

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      Kritiker: Gemeinsam definieren, was fair sei

      Manfred Weber, Vorsitzender der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, erklärte, es sei „gut zu hören, dass der US-Präsident auf fairen Handel setzen will“. Es könne aber nicht sein, „dass die USA alleine die Regeln definieren, was nach diesen Maßstäben fair ist und was nicht“. Der Präsident müsse aufhören, „rein einseitige Entscheidungen zu fällen. Nur dann sind seine Aussagen glaubwürdig.“

      Dies gelte auch bei anderen schwierigen Themen: „Ob der US-Präsident zur Partnerschaft fähig ist, wird sich bei der Iran-Politik zeigen. Europa steht zu einer friedlichen und kooperativen Lösung, auch wenn das ein anstrengender Prozess ist. Es wäre fatal, wenn Donald Trump das Atomabkommen kündigen würde“, so Weber.

      Gegner des US-Präsidenten rücken zusammen

      Es ist offensichtlich: Die Attacken des US-Präsidenten und seine Skepsis gegenüber der globalen Verhandlungskultur lässt seine Gegner zusammenrücken. Das war in Davos zu beobachten, als Trudeau verkündete, das pazifische Freihandelsabkommen unter anderem mit Mexiko, Japan, Australien und Vietnam werde eben ohne die USA abgeschlossen. Ähnliche Reaktionen sieht man in Europa, wo Merkel und Macron die EU stärken wollen.

      Doch Trump hat nicht nur Gegner. Viele Vorstandsvorsitzende und Manager begrüßen seine Wirtschaftspolitik. Beim Essen der europäischen Unternehmen am Donnerstagabend beglückwünscht Siemens-Vorstand Joe Kaeser Trump „zur Steuerreform“. Deshalb habe Siemens entschieden, eine neue Generation von Gasturbinen in den USA zu entwickeln.