Kabul. Der zweite schwere Angriff in Kabul gleich zu Jahresanfang trifft ein großes Hotel. Zahlreiche Menschen sind dabei getötet worden.

Bei einem Taliban-Angriff auf das Hotel Intercontinental in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind zahlreiche Menschen getötet worden. Das berichtet der Sender Tolo TV auf nicht näher genannte Quellen. Zunächst war von zehn Toten die Rede gewesen.

Ein von Spezialkräften aus dem Hotel geretteter Augenzeuge hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt, die Zahl der Opfer sei „viel höher“ als offiziell von der Regierung angegeben. Zwischenzeitlich war die Rede von 43 Toten gewesen. Die Behörden bestätigte diese Zahl aber nicht.

Dramatische Aufnahmen von Hotelgästen

Mehr als 13 Stunden lieferten sich sieben radikalislamische Angreifer Gefechte mit Sicherheitskräften, andere Quellen sprachen von vier Angreifern. Aus dem Gebäude waren auch Stunden später am Sonntag noch Schüsse und Explosionen zu hören.

Die Attentäter seien von Tür zu Tür gerannt und hätten gezielt nach Regierungsbeamten und Ausländern gesucht. Dann hätten sie in die Zimmer geschossen.

Aufnahmen des Senders Tolo TV zeigten dramatische Szenen von Hotelgästen, die am Morgen über Balkone zu entkommen versuchten. Ein Mensch hing mit einer Hand am Geländer außen an der Fassade. Ein anderer versuchte sich mithilfe von Bettlaken auf einen Balkon eines unteren Stockwerks abzuseilen, als er den Halt verlor und fiel.

Emailbekenntnis der Taliban

Die Taliban bekannten sich per Email zu der Tat und sagten, fünf ihrer „heiligen Krieger“ hätten das Hotel überfallen und Dutzende ausländische und afghanische Feinde getötet.

Ein Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi, sagte hingegen, insgesamt seien sechs Zivilisten getötet worden, unter ihnen eine Ausländerin. Aus welchem Land sie stammte, sagte Rahimi nicht. Sieben Menschen seien verletzt worden. Er zählte nur vier tote Attentäter. Sein Kollege Nadschib Danisch sagte, insgesamt hätten die Spezialkräfte 153 Menschen aus dem Hotel gerettet, unter ihnen 41 Ausländer.

Im Hotel fand gerade eine Hochzeitsfeier statt

Die Zahl der ausländischen Gäste im Intercontinental schrumpft aber seit Jahren. Das Haus gilt angesichts der drastischen Verschlechterung der Lage in Kabul nicht mehr als sichere Adresse.

Behörden bestätigten, dass im Hotel zum Zeitpunkt der Angriffs eine Hochzeitsfeier im Gang gewesen sei. Außerdem waren mehr als 100 Menschen für eine Konferenz afghanischer Computerexperten angereist.

Angriff auf Luxushotel in Kabul – mehrere Tote

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    Ein Teil des Hotels brannte während des Angriffs. Am Morgen, als die Spezialkräfte auf das letzte noch ungesicherte Stockwerk und den angeblich letzten dort verbarrikadierten Attentäter vorrückten, loderten die Flammen wieder auf. Offenbar waren in dem Stockwerk zu dem Zeitpunkt noch Gäste gefangen.

    Angriff geschah um 21 Uhr Ortszeit

    Die Angreifer waren am Samstagabend nach 21 Uhr (Ortszeit) durch die Küche in das Hotel eingedrungen. Kurz darauf kreisten Helikopter über dem Hotel. Die Szene weckte in Anwohnern Erinnerungen an einen ähnlichen Angriff im Jahr 2011, als neun Talibankämpfer das Hotel, das auf einem Hügel liegt, angegriffen hatten. Etwa ein Dutzend Gäste und Angestellte wurden getötet. Die Angreifer konnten erst nach Stunden unschädlich gemacht werden.

    Die Sicherheitslage in der afghanischen Hauptstadt hat sich seit Ende der Nato-Kampfmission im Dezember 2014 stark verschlechtert. 2017 gab es dort mehr als 20 schwere Anschläge der Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit mehr als 500 Toten. Bei dem ersten Anschlag im neuen Jahr auf einen Sicherheitsposten waren Anfang Januar mindestens 20 Menschen getötet und 30 verletzt worden.

    Die amerikanische Botschaft in Kabul und das US-Außenministerium in Washington hatten zum Ende der Woche hin vor möglichen Angriffen in Kabul gewarnt – unter anderem auf Hotels. Der dpa-Reporter vor Ort sah am Hotel mehrere Fahrzeuge internationaler Truppen. Ihre Rolle bei der Rettungsaktion blieb zunächst unklar. (dpa)