Berlin. Wer einen sichtbaren Migrationshintergrund hat, erfährt hierzulande häufiger Diskriminierung. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie.

Wer eine dunkle Hautfarbe hat, ein Kopftuch trägt, als nichtdeutsch geltende Gesichtszüge hat oder mit deutlichem Akzept spricht, erlebt in Deutschland häufiger Diskriminierung. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag in Berlin veröffentlichte Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR).

Mit Blick auf rund 18,6 Millionen Menschen in Deutschland mit familiärer Einwanderungsgeschichte rief die Bundesintegrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) dazu auf, „jede Form der Diskriminierung“ entschlossen zu bekämpfen.

Herkunft kann Barriere für Teilhabe sein

„Diskriminierung ist Gift für den Zusammenhalt unseres Landes“, sagte Özoguz. Die neue Untersuchung zeige, dass Herkunft zur Barriere für Teilhabe werden könne, „da äußerliche Merkmale offensichtlich stärkere Diskriminierung begünstigen“. Die Integrationsbeauftragte betonte, dass vor allem Schulen, Ausbilder und Arbeitsverwaltungen stärker für das Problem sensibilisiert werden müssten.

Bei der Untersuchung des Sachverständigenrates mit dem Titel „Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her? Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland“ handelt es sich den Angaben zufolge bundesweit um die erste Studie dieser Art. Untersucht wurde demnach die von Zugewanderten und Menschen mit Migrationshintergrund wahrgenommene Benachteiligung.

Unterschiede von Burka, Niqab und Co.

Burka, Niqab, Hidschab: In der islamischen Welt tragen Frauen verschiedene Verschleierungen. Sie unterscheiden sich stark voneinander. Die extremste Form der Verschleierung ist die Burka. Das Ganzkörpergewand, das die Augen mit Stoff verdeckt, ist vor allem in Afghanistan und Pakistan verbreitet. In Afghanistan sind die Burkas meist blau, sie werden aber auch in anderen Farben gefertigt. Am meisten verbreitet in europäischen Ländern sind...
Burka, Niqab, Hidschab: In der islamischen Welt tragen Frauen verschiedene Verschleierungen. Sie unterscheiden sich stark voneinander. Die extremste Form der Verschleierung ist die Burka. Das Ganzkörpergewand, das die Augen mit Stoff verdeckt, ist vor allem in Afghanistan und Pakistan verbreitet. In Afghanistan sind die Burkas meist blau, sie werden aber auch in anderen Farben gefertigt. Am meisten verbreitet in europäischen Ländern sind... © imago/Paulo Amorim | imago stock&people
... die schwarzen Burkas. Die Vollverschleierung dient auch dazu, ärmere Kleidung zu verbergen. Bis zum Ende der Taliban-Herrschaft in Afghanistan galt eine Burka-Pflicht. Trotzdem verlassen die meisten Frauen das Haus nach wie vor nicht ohne die Verschleierung.
... die schwarzen Burkas. Die Vollverschleierung dient auch dazu, ärmere Kleidung zu verbergen. Bis zum Ende der Taliban-Herrschaft in Afghanistan galt eine Burka-Pflicht. Trotzdem verlassen die meisten Frauen das Haus nach wie vor nicht ohne die Verschleierung. © REUTERS | © Gonzalo Fuentes / Reuters
Das zweite traditionelle Kleidungsstück der Vollverschleierung ist der sogenannte Niqab. Der Unterschied zur Burka besteht darin, dass die Augenpartie sichtbar ist. Seinen Ursprung hat der Niqab in der Beduinen-Kultur auf der Arabischen Halbinsel, er diente in erster Linie als Sonnenschutz. Es gibt wie auch bei den anderen Kleidungsstücken diverse Variationen. Der einfache Niqab wird hinter dem Kopf verknotet, eine andere Variante wird mit einem Stirnband befestigt. Vor allem...
Das zweite traditionelle Kleidungsstück der Vollverschleierung ist der sogenannte Niqab. Der Unterschied zur Burka besteht darin, dass die Augenpartie sichtbar ist. Seinen Ursprung hat der Niqab in der Beduinen-Kultur auf der Arabischen Halbinsel, er diente in erster Linie als Sonnenschutz. Es gibt wie auch bei den anderen Kleidungsstücken diverse Variationen. Der einfache Niqab wird hinter dem Kopf verknotet, eine andere Variante wird mit einem Stirnband befestigt. Vor allem... © Gwendoline Le Goff / PanoramiC
... in Ägypten, Syrien, Jordanien und dem Irak tragen Frauen den Niqab. Aber auch in anderen nordafrikanischen Ländern ist die Vollverschleierung verbreitet. Die Verbote in den europäischen Ländern betreffen die Burka und auch die Niqabs – und somit alle Formen der Vollverschleierung. Der Niqab wird gewöhnlich kombiniert mit dem sogenannten Tschador. Dieser wird auch allein getragen, ...
... in Ägypten, Syrien, Jordanien und dem Irak tragen Frauen den Niqab. Aber auch in anderen nordafrikanischen Ländern ist die Vollverschleierung verbreitet. Die Verbote in den europäischen Ländern betreffen die Burka und auch die Niqabs – und somit alle Formen der Vollverschleierung. Der Niqab wird gewöhnlich kombiniert mit dem sogenannten Tschador. Dieser wird auch allein getragen, ... © dpa | Boris Roessler
... so dass die Frauen sehr viel mehr Gesicht zeigen. Der Tschador ist vor allem im Iran verbreitet. Die Frauen tragen diesen Umhang um Kopf und Körper, wobei die Motive dafür ganz unterschiedlich sind. Für einige Berufszweige ist diese Verschleierung sogar verpflichtend, zum Beispiel in Schulen.
... so dass die Frauen sehr viel mehr Gesicht zeigen. Der Tschador ist vor allem im Iran verbreitet. Die Frauen tragen diesen Umhang um Kopf und Körper, wobei die Motive dafür ganz unterschiedlich sind. Für einige Berufszweige ist diese Verschleierung sogar verpflichtend, zum Beispiel in Schulen. © imago / Xinhua
Vor der islamischen Revolution galt im Iran vorübergehend ein Verbot des Hijabs und somit jeglicher Verschleierung. Später durften Frauen nur noch mit Hijab für staatliche Institutionen arbeiten und letztlich wurde der Tschador für alle Mädchen und Frauen ab neun Jahren verpflichtend eingeführt.
Vor der islamischen Revolution galt im Iran vorübergehend ein Verbot des Hijabs und somit jeglicher Verschleierung. Später durften Frauen nur noch mit Hijab für staatliche Institutionen arbeiten und letztlich wurde der Tschador für alle Mädchen und Frauen ab neun Jahren verpflichtend eingeführt. © imago/JOKER | imago stock&people
Der Hidschab, das Kopftuch, ist die häufigste Form der Verschleierung. Ein einfaches Kopftuch bedeckt Haare, Ohren und den Hals. In zahlreichen muslimischen Ländern ist diese Form der Verschleierung Pflicht.
Der Hidschab, das Kopftuch, ist die häufigste Form der Verschleierung. Ein einfaches Kopftuch bedeckt Haare, Ohren und den Hals. In zahlreichen muslimischen Ländern ist diese Form der Verschleierung Pflicht. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Für viele Frauen ist das Kopftuch nicht nur Bekenntnis zu ihrer Religion, sondern auch ein Ausdruck von Modebewusstsein.
Für viele Frauen ist das Kopftuch nicht nur Bekenntnis zu ihrer Religion, sondern auch ein Ausdruck von Modebewusstsein. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
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Mehr als 5300 Personen befragt

Als Datengrundlage diente das SVR-Integrationsbarometer 2016, für das insgesamt 5396 Personen zu verschiedenen integrationsrelevanten Themen befragt wurden. Für die neue Studie wurden Antworten der Teilnehmer mit Migrationshintergrund ausgewertet.

Die Studienautoren verwiesen darauf, dass die Betroffenenperspektive zwar nur eingeschränkt als Indikator für das allgemeine Diskriminierungsniveau innerhalb einer Gesellschaft geeignet sei. Dennoch könnten Umfang und Verbreitung von subjektiver Diskriminierung gesellschaftliche Konfliktlinien offenlegen.

54 Prozent berichten von Benachteiligungen

Laut Sachverständigenrat fühlen sich rund 17 Prozent der Zugewanderten, die nach eigenen Angaben „typisch deutsch“ aussehen, benachteiligt. Dagegen hätten Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund zu rund 48 Prozent von Diskriminierung berichtetet. Dieser Wert sei sogar auf 59 Prozent bei jenen gestiegen, die zusätzlich mit Akzent sprechen.

Mit Abstand am häufigsten würden Menschen mit türkischen Wurzeln Benachteiligung wahrnehmen, hieß es weiter. Von den Befragten, die entweder selbst oder deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind, hätten rund 54 Prozent von Benachteiligungserfahrungen berichtet. In den übrigen Herkunftsgruppen sei der Anteil derer, die von erlebter Diskriminierung berichten, deutlich niedriger: Rund 40 Prozent seien nach eigener Wahrnehmung in den vorangegangenen Jahren aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert worden.

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    Diskriminierung verhindert Integration

    Einen großen Effekt habe auch die Religionszugehörigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund gehabt, betonten die Studienautoren weiter. So fühlten sich Zugewanderte muslimischen Glaubens deutlich häufiger diskriminiert (55 Prozent) als Zugewanderte mit christlicher (29 Prozent) oder ohne Glaubenszugehörigkeit (32 Prozent).

    Wenn Menschen, die äußerlich von der Mehrheitsgesellschaft abweichen, stets mit einer Migrationserfahrung assoziiert würden, werde damit auch ihre Zugehörigkeit in Deutschland infrage gestellt, heißt es in der Studie weiter. Das könne die Identifikation mit der Gesellschaft behindern. Die Studienautoren betonten, dass der Abbau dieser Mechanismen eine entscheidende Herausforderung für die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sei. (epd)