Berlin. Die Fraktionen müssen sich auf die Besetzung der Bundestagsausschüsse einigen. Dabei zeichnen sich vor allem Konflikte mit der AfD ab.

Die Bundestagswahl war gerade zwei Tage her, da schrieben Künstler und Abgeordnete einen Brief an den Ältestenrat des Bundestags. Das Wahlergebnis von 12,6 Prozent für die AfD hatte sie aufgeschreckt. Sie machten sich Gedanken darüber, was es bedeuten könnte, wenn 92 Abgeordnete der neuen Partei im Parlament mitbestimmen. Der Brief enthielt eine unmissverständliche Forderung: „Es muss verhindert werden, dass die AfD den Vorsitz des Kulturausschusses besetzen kann.“

Die Begründung dafür: Es dürfe nicht sein, dass die

Auch interessant

„an einer der sensibelsten, wichtigsten Stellen unseres parlamentarischen Systems ihr nationalistisches Gift in die Debatten injiziert“. Unterschrieben hatten zwanzig Prominente aus Kultur und Wissenschaft und fünf Parlamentarier, darunter die Grünen-Politikerin Claudia Roth. 25.000 Menschen schlossen sich an. Als der Brief aufgesetzt wurde, am 26. September, hatte sich der neue Bundestag noch nicht konstituiert. Es gab keine Ausschüsse, in denen die AfD den Vorsitz hätte übernehmen können. Kein AfD-Politiker hatte irgendeinen Anspruch angemeldet.

AfD hat Blick auf Kulturausschuss geworfen

Inzwischen aber hat der Bundestag seine Arbeit aufgenommen und in den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob die Mahnung der Kulturschaffenden eine Wirkung gehabt hat. In der kommenden Woche wird der Bundestag beschließen, die Fachausschüsse einzusetzen, darunter den für Kultur und Medien. Bis Anfang Februar soll dann klar sein, welche der sechs Fraktionen im Bundestag in welchem Ausschuss den Vorsitz übernehmen wird. Die AfD könnte wahrscheinlich in drei Ausschüssen zum Zuge kommen. Entschieden werden soll das in Gesprächen zwischen den Fraktionen – wobei offen ist, ob das geräuschlos gelingen wird.

Frauke Petry vs. AfD – ein Drama in mehreren Akten

weitere Videos

    Welche Ausschüsse die AfD leiten könnte, ist noch nicht klar. Der Wirbel um den Kulturausschuss hat jedenfalls dazu geführt, dass die Partei inzwischen ihren Blick darauf geworfen hat. Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, ist der AfD-Abgeordnete Marc Jongen ein „Anwärter“ für den Vorsitz. Jongen, der gelegentlich als „Vordenker“ und „Parteiphilosoph“ der AfD bezeichnet wird, ist baden-württembergischer Landeschef seiner Partei.

    Kandidaten müssen für den Vorsitz geeignet sein

    Nun hat auch Jongen einen Brief geschrieben: Zusammen mit anderen AfD-Abgeordneten forderte er Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) auf, seiner Stellvertreterin Claudia Roth den Rücktritt nahezulegen. Als Vizepräsidentin des Parlaments habe sie den Brief gegen die AfD nicht unterzeichnen dürfen. Es sei „inakzeptabel“, dass Roth „offen gegen eine der im Bundestag vertretenen Parteien hetzt“, so Jongen. Roth konterte in der „Bild“-Zeitung, sie könne sich als Abgeordnete zu allen politischen Debatten äußern. Von Schäuble gab es keine Reaktion.

    In allen Bundestagsfraktionen ist man sich einig, dass es keine Sonderbehandlung der AfD geben soll. Das bedeutet, dass sie in allen Ausschüssen vertreten sein wird und in einigen auch die Leitung übernehmen wird. Wichtig sei jedoch, heißt es aus dem Kreis der Fraktionsmanager, dass die Kandidaten für den Vorsitz geeignet sein müssten, ein solches Gremium zu leiten. Sie müssten Debatten souverän moderieren können und nicht nur die Interessen der eigenen Fraktion im Blick haben.

    Haushaltsausschuss wird von größter Oppositionspartei geleitet

    Tatsächlich verschafft der Posten eines Ausschussvorsitzenden zwar ein gewisses Prestige, besondere Einflussmöglichkeiten sind damit aber nicht verbunden. Die Tagesordnungen der Ausschusssitzungen werden beispielsweise von den Obleuten der Fraktionen vereinbart. Streit dürfte es auch um den Haushaltsausschuss geben. Der wird traditionell von der größten Oppositionspartei geleitet. Falls die große Koalition zustande kommt, wäre dies die AfD. Diese Regel ist jedoch nirgends festgeschrieben, weshalb sie in den anderen Fraktionen inzwischen infrage gestellt wird.

    Offen ist auch nach wie vor, wer für die AfD im Bundestagspräsidium sitzen wird. Der Abgeordnete Albrecht Glaser war bei drei Wahlgängen durchgefallen. Die AfD hält aber an ihm fest und will in einer der nächsten Sitzungen einen neuen Anlauf machen. Doch Glaser gilt bei den anderen Fraktionen als nicht akzeptabel. „Die AfD hat das Recht auf eine Vize-Präsidentenposition. Aber sie hat auch die Pflicht, einen mehrheitsfähigen Kandidaten vorzuschlagen“, sagt dazu FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann.