Bangkok. Die Familie des aus Berlin entführten Vietnamesen versucht, ihn freizukaufen. Doch das Urteil des Schauprozesses scheint festzustehen.

Erst entführten Vietnams Geheimdienstagenten den früheren Chef des Staatskonzerns Petrovietnam Construction, Trinh Xuan Thanh, am helllichten Tag im Berliner Tiergarten und verschleppten ihn nach Hanoi. Jetzt versucht die Familie, den 51-Jährigen mit Bargeld vor dem

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zu retten.

Trinh Xuan Thanhs Mutter zahlte vor dem

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rund 88.000 Dollar an die Staatskasse des kommunistisch regierten Landes, um dem Entführungsopfer die Todesstrafe zu ersparen. Laut einem in diesem Monat in Kraft getretenen neuen Gesetz können Beschuldigte mit der Rückzahlung von 75 Prozent angeblich unterschlagener Summen der Hinrichtung entgehen.

Der Griff in die Geldkasse der Familie kommt angesichts der Erkenntnis, dass alle Berliner Proteste gegen das internationalen Gesetzen widersprechende Kidnapping keinen Einfluss auf den Ausgang des Schauprozesses haben werden. „Thanh hat seine Familie gebeten, freiwillig einen Teil des Geldes an den Staat zurückzugeben, das unterschlagen worden war“, hieß es in einer Stellungnahme der Rechtsanwälte.

Für Verluste in Höhe von 5,5 Millionen Dollar verantwortlich?

Der Satz deutet darauf hin, dass die Urteile im Schauprozess schon bei Verfahrensbeginn am Montag feststanden – und der Prozess kaum etwas mit dem transparenten Verfahren zu tun haben wird, das europäische Staaten von Vietnam verlangen. Die Bundesregierung in Berlin hatte nach der Verschleppung zwei Diplomaten Hanois aus dem Land gewiesen. Beobachter gehen zudem davon aus, dass sich wegen des Menschenraubs und des nun folgenden Schauprozesses ein Freihandelsabkommen zwischen Vietnam und der Europäischen Union verzögern dürfte.

Doch solche Konsequenzen ließen Nguyen Phu Trong, Vietnams mächtigen Generalsekretär der regierenden Kommunistischen Partei, bislang völlig kalt. Die Vorteile des Schauprozesses, bei dem mehr als 40 Verteidiger die Angeklagten vertreten, überwiegen. Der KP-Generalsekretär ordnete persönlich an, Thanh mit allen Mitteln auf die Anklagebank in Vietnam zu schaffen.

Nun ist der Angeklagte neben dem früheren Mitglied des KP-Politbüros, Dinh La Thang, der dickste Fisch in einem Verfahren, mit dem die in Verruf geratene KP vor dem Untergang gerettet werden soll. Ihnen wird vorgeworfen, die Verantwortung für Verluste in Höhe von 5,5 Millionen Dollar beim Bau von zwei Thermalkraftwerken zu tragen.

Keine unabhängigen Journalisten im Gerichtssaal zugelassen

Hauptangeklagter Trinh Xuan Thanh und Dinh La Thang sollen sich laut Anklage illegal an Geldern der Firma Petrovietnam Construction bereichert haben. Dem aus Berlin verschleppten Thanh wurde zum Verhängnis, dass er sich in einem 230.000 Dollar teuren Lexus-Modell zum Büro fahren ließ – bei einem Monatssalär von 2200 Dollar.

Das Regime in Hanoi ist überzeugt, dass die EU und Berlin angesichts der ökonomischen Bedeutung Vietnams bald alle wegen der Entführung eingeleiteten Strafaktionen fallen lassen werden. Ausländische Reporter durften am Montag nicht in den Saal des Schauprozesses.