Leipzig/Berlin. Auf den Sitzen eines neuen Panzers der sächsischen Polizei befindet sich eine Stickerei in Frakturschrift. Die Aufregung ist groß.

Die Polizei Sachsen bestellt zum Stückpreis von 1,5 Millionen Euro neue Panzerwagen von Rheinmetall – und bekommt ungefragt ein kontroverses Logo mitgeliefert? So sah es am Sonntag aus, inzwischen ist klar: Eine Stickerei mit Frakturschrift und Wappen wie in der Zeit des Königreichs ist geliefert wie bestellt.

Nachdem ein Foto vom Inneren des neuen „Survivor R“ am Sonntag auf Twitter verbreitet wurde, gibt es eine rege Diskussion: Das Innenministerium sah sich noch am Sonntag zu einer Erklärung genötigt: „Darin ein Indiz für rechte Attitüde zu sehen, weisen wir entschieden zurück.“ Das Ministerium erklärte, der Wagen sei so geliefert worden und erweckte damit zunächst den Eindruck, die Bestickung sei so nicht gewünscht. War sie aber, erklärte eine Sprecherin des Landeskriminalamts Sachen auf Anfrage unserer Redaktion.

Stickerei mit Frakturschrift

Nach der Übergabe am Freitag hatte die „Leipziger Volkszeitung“ in einer Fotogalerie auch das Innere des Wagens gezeigt. Am Sonntag twitterte ein Journalist des Leipziger Stadtmagazins „Kreuzer“ dieses Bild mit der kritischen Anmeldung: „Hübsches Logo! Fast wie früher ... fehlen nur Adler und Kreuz. Frage mich, wer sich sowas ausdenkt heutzutage im Freistaat #Sachsen? Und wer hat entschieden, dass so ein Logo da reinkommt?“

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Auf dem Bild ist eine Stickerei zu sehen mit dem Schriftzug „Spezialeinsatzkommando Sachsen“ in frakturartiger Schrift. Solche Schriftarten werden in der rechten Szene gerne genutzt – obwohl Adolf Hitler die bis dahin eingesetzte Fraktur-Schrift 1941 als „jüdisch“ einstufte und sie gegen die auch außerhalb Deutschlands besser lesbare Schrift „Antiqua“ ersetzen ließ. Nutzer verwiesen auf einen 2016 öffentlich gewordenen Aufnäher des Spezialeinsatzkommandos (Foto), Eichenkranz oder Schwingen werden bei Abzeichen von Sondereinheiten häufiger eingesetzt.

Sächsisches Innenministerium reagiert unbeholfen

Allerdings ist das aktuelle Landeswappen Sachsens durch ein Wappen mit zwei Löwen als Schildträger ersetzt – eine Form des Wappens aus der Zeit des Königreichs Sachsen. An eine moderne Polizei in einem demokratischen Rechtsstaat erinnert diese Bestickung nicht.

Entsprechend gab es umgehend viele kritische Fragen an das sächsische Innenministerium. Es reagierte schließlich mit einem Tweet, der noch mehr Fragen aufwarf. „Das Fahrzeug wurde mit dieser Bestickung der Sitze vom Hersteller so ausgeliefert.“ Die Schriftart habe der Hersteller gewählt, sie entspreche nicht dem Markenhandbuch. Das Markenhandbuch ist ein 243 Seiten starkes Regelwerk zum Erscheinungsbild des Freistaats Sachsen.

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Demnach hätte Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH, eine Tochter von Rheinmetall Defence und MAN Nutzfahrzeuge, der sächsischen Polizei diese Form der Bestickung untergejubelt – bei einem Fahrzeug, das den Aussagen bei der Vorstellungen zufolge für das Land maßgeschneidert modifiziert wurde. Das zumindest suggerierte die erste Darstellung des Innenministeriums für viele Nutzer.

Stickerei ein seit 1991 eingesetztes „internes“ Logo

So war es aber nicht, wie eine Sprecherin des Landeskriminalamts auf Anfrage unserer Redaktion erklärte: Rheinmetall habe eine Bestickung angeboten, bestellt worden sei dann das Logo, das das Spezialeinsatzkommando seit 1991 „intern“ verwende. Polizeioberrat Sven Mewes, Kommandoführer des SEK Sachsen, hatte auch bei der Vorstellung am Freitag gelobt: „Insgesamt ist das Fahrzeug genau so, wie wir uns das vorgestellt haben.“

Aus der Pressestelle des LKA hieß es am Montag auf Anfrage, die Stickerei sei nicht Teil eines Außenauftritts der Polizei, die durch das Markenhandbuch geregelt werde, sondern im Inneren des Fahrzeugs. Man habe sie aber auch bei der Präsentation des Fahrzeugs nicht versteckt, weil damit auch keine problematische Symbolik verbunden sei. Eingeführt worden sei das Logo damals unter einem aus Baden-Württemberg nach Sachsen gewechselten Leiter. Die Krone stehe für den Rufnamen der Einheit, die Löwen symbolisierten Leipzig, Sitz des SEK.

Grüne stellen Anfragen

Nach dem Shitstorm werde der Fall noch einmal bewertet werden, so die Sprecherin. „Wir wollen keinesfalls in die rechte Richtung geschoben werden.“ Rheinmetall erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, man wolle nicht Stellung nehmen.

Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag, schrieb noch in der Nacht eine Kleine Anfrage an die Landesregierung. Darin fragte er unter anderem, auf wessen Veranlassung die Bestickung erfolgte oder freigegeben wurde.

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Im Nachhinein bekommt eine Aussage des zuständigen Projektleiters bei Rheinmetall in einem PR-Video für den „sichersten Streifenwagen der Welt“ eine ganz andere Bedeutung. Zu den Sitzen sagt er: „Da haben wir an nichts gespart. Die Einsatzkräfte müssen das Ding auch benützen und die sollen sich auch wohlfühlen im Fahrzeug.“ Das war aber auf die Ergonomie und die Fähigkeit bezogen, schwere Erschütterungen aufzufangen.

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„Stickgeschwader“ Rheinmetall

Bereits am Sonntag fragten zahlreiche Nutzer Rheinmetall auf Twitter, ob die Bestickung so bestellt worden sei. Nutzer machten sich auch lustig über das „Stickgeschwader“ Rheinmetall, da standardmäßig Fahrzeuge mit Stickerei versehe. Auf die Fragen auf Twitter hat Rheinmetall bisher nicht reagiert.

Das Spezialeinsatzkommando hat nach früheren Berichten 70 Mitglieder. Im September war ein Angehöriger der Einheit bei einer Demo gegen Rassismus mit dem Patch eines Odin-Rabens aufgefallen. Das Symbol aus der Mythologie ist nicht verboten, wird aber in der rechten Szene genutzt. Die Polizei Sachsen erklärte anschließend, dabei habe es sich um einen Verstoß gegen bestehende Vorschriften gehandelt, mögliche disziplinarrechtliche Konsequenzen würden geprüft.

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Anm. d. Redaktion: In einer früheren Fassung des Artikels hatten wir irrtümlich die Bezeichnung Sondereinsatzkommando genutzt. Die Einheit heißt Spezialeinsatzkommando.