Berlin. Wann bekommt Deutschland eine neue Regierung? Die Kanzlerin drückt aufs Tempo. Doch die SPD glaubt an monatelange Verhandlungen.

CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel setzt angesichts drängender internationaler Herausforderungen auf zügige Gespräche mit der SPD über eine neue große Koalition. „Wir konzentrieren uns jetzt darauf, dass wir eine stabile Regierung bilden wollen“, sagte die Kanzlerin nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien am Montag in Berlin.

Dies sei die Basis, um am besten mit Frankreich und für Europa arbeiten zu können. Merkel: „Die Welt wartet eigentlich darauf, dass wir agieren können. Deshalb bin ich für zügige Gespräche.“

Lange Hängepartie in Berlin?

Auch die CSU macht Druck. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte, bei den geplanten Sondierungsgesprächen bis Ende Januar müsse Klarheit herrschen, ob man eine große Koalition bilden könne.

Doch wie lange wird die Welt noch warten müssen? Immer vorausgesetzt, Union und SPD können sich überhaupt auf eine Neuauflage der schwarz-roten Regierung einigen. Es gibt auch Stimmen, die an eine monatelange Hängepartie in Berlin glauben.

„Ich glaube, es wird ‘ne Zeit dauern“

Der neue SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ist so einer. Er jedenfalls stellt sich im Falle von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU auf Gespräche bis weit ins nächste Jahr hinein ein. „Ich glaube, es wird ‘ne Zeit dauern“, sagte Klingbeil am Sonntagabend im ZDF. „Aber ich kann jetzt nicht sagen, dass es der März wird oder der April oder der Mai“, fügte er hinzu.

Es sei vereinbart worden, dass es vor Gesprächen mit der Union über einen Koalitionsvertrag oder andere vertragliche Vereinbarung ein SPD-Parteitag entscheiden müsse, so Klingbeil weiter. Zudem werde es ganz am Ende ein Mitgliedervotum geben – dessen Prozess auch drei bis vier Wochen dauere.

Auch Nahles will sich Zeit lassen

Auch Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles trat auf die Bremse. Auf die Frage, ob sie Merkel Hoffnungen machen könne, antwortete Nahles am Montag: „Nein.“ Es werde auch nach dem für Mittwoch geplanten ersten Treffen der Spitzen von CDU, CSU und SPD „auf keinen Fall“ feststehen, in welche Richtung es gehen werde.

„Wir werden am Freitag darüber beraten, ob dieses erste Gespräch uns Anlass zur Hoffnung gibt, dass Sondierungen überhaupt lohnen und ob wir da weitermachen wollen“, sagte Nahles und fügte hinzu: „Darüber hinausgehende Richtungsentscheidungen erwarte ich nicht.“

Bürgerversicherung wird zum Streitfall

Klar scheint jedenfalls: Sollten beide Seiten offizielle Gespräche aufnahmen, liegen die Hürden für eine Übereinkunft hoch. Etwa die von der SPD angestrebte Bürgerversicherung, das zum Prestigeprojekt der Sozialdemokraten werden könnte. Merkel erteilte dem Plan schon mal eine Absage, da dieser die Gefahr einer „Einheitskasse“ berge.

Nach den geplatzten Sondierungen für eine Jamaika-Koalition wollen die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD an diesem Mittwoch erstmals in kleiner Runde Gemeinsamkeiten ausloten. Über eine Aufnahme von Koalitionsverhandlungen soll bei der SPD wohl im Januar ein Sonderparteitag entscheiden. (W.B./dpa)