Hannover. Die AfD hat auf ihrem Parteitag zum Teil hart um Vorstandsposten gekämpft. Am rechtsnationalen „Flügel“ geht nun nichts mehr vorbei.

Überwiegend männlich und noch ein bisschen weiter rechts: Am Sonntagabend war nach zwei Tagen Parteitag schließlich klar, wie der neue AfD-Bundesvorstand aussieht. In zum Teil heftigen Kämpfen hatten die rund 550 Delegierten am Wochenende in Hannover um Personalfragen und die Richtung der Partei gerungen.

Klar ist nach diesem Parteitag:

Auch interessant

Mit Jörg Meuthen, der als Sprecher im Amt bestätigt wurde, und Alexander Gauland hat die Partei nun ein Führungsduo, das sich Mühe gibt, den „Flügel“ nicht zu stutzen (wie Meuthen) oder ihm sogar nahesteht (wie Gauland).

Gaulands Kandidatur war dabei eine Notlösung: Der 76-jährige Fraktionsvorsitzende im Bundestag hatte noch am Samstagmittag verkündet, nicht antreten zu wollen, sah sich dann aber dazu gezwungen. Es ging um die Einheit der Partei: Er habe sich „in die Pflicht nehmen lassen“, erklärte Gauland nach seiner Wahl.

AfD-Parteitag: Gauland wollte eigentlich nicht kandidieren

weitere Videos

    Kampf um die Ausrichtung der AfD

    Dem Sieg des Potsdamers war ein erbitterter Kampf um den zweiten Bundessprecher-Posten vorausgegangen: In zwei Wahlgängen konnten weder der Berliner Landesvorsitzende Georg Pazderski noch die schleswig-holsteinische Landeschefin Doris von Sayn-Wittgenstein eine Mehrheit der Delegierten hinter sich bringen.

    Georg Pazderski, der innerhalb der Partei als gemäßigt gilt, warb in seiner Rede zur Bewerbung um den Parteivorsitz für einen realpolitischen Kurs. „Das geht nur, wenn wir bereit sind, in absehbarer Zeit politische Verantwortung zu übernehmen“, sagte der Berliner.

    Viele Konflikte sind noch nicht beigelegt

    Es ist eine Vision von der Zukunft der Partei, die das rechtsnationale Lager um den thüringischen Landeschef Björn Höcke unbedingt verhindern wollte. Der Flügel stellt in letzter Minute Sayn-Wittgenstein auf: Außenpolitik nach Bismarck, die anderen um Koalitionsgespräche „betteln“ lassen, statt auf sie zuzugehen – mit ihrer Rede traf die 63-Jährige, nach eigenen Angaben Sportschützin, offenbar für viele Delegierte den richtigen Ton.

    Doch dass auch sie keine Mehrheit bekam, zeigt: Auch der Einfluss des Flügels hat seine Grenzen – und die Konflikte, auf welche die Ex-Sprecherin Frauke Petry hingewiesen hat, sind mit ihrem Weggang keineswegs beigelegt.

    Björn Höcke trat nicht als Beisitzer an

    Höcke selbst ist innerhalb der Partei eine kontroverse Figur. Als er Alice Weidel, der Co-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, am Sonntag nach ihrer Bewerbungsrede als Beisitzerin implizit Ämterhäufung vorwarf, hagelte es Buh-Rufe. Schon am Vortag war ein Antrag, den Höcke explizit unterstützte, mit großer Mehrheit abgewiesen worden. Im Vorfeld hatte der AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag nicht ausgeschlossen, selbst für den Vorstand zu kandidieren. Am Ende trat er nicht an.

    AfD-Parteitag: Meuthen kritisiert "Sandkastenspiele" in Berlin

    weitere Videos

      Für Höcke ist die Frage nach der Zusammensetzung des Bundesvorstands auch persönlich relevant: Gegen ihn läuft ein Parteiausschlussverfahren. Eine Entscheidung des Landesschiedsgerichts Thüringen wird im neuen Jahr erwartet, Beobachter gehen davon aus, dass er nicht ausgeschlossen wird. Die Entscheidung darüber, ob das Verfahren in die nächste Instanz geht, liegt beim Bundesvorstand.

      Experte sieht „tief zerrissene Partei“

      Politikwissenschaftler Hajo Funke, der die AfD seit Langem beobachtet, attestiert der Partei eine tiefe Spaltung. „Es ist eine tief zerrissene Partei“, erklärt der Wissenschaftler von der Freien Universität Berlin.

      Der frisch gekürte Parteichef bemühte sich am Sonntag aufzuzeigen, dass es bei der AfD eine Grenze nach rechts-außen gibt: Als der Hamburger Björn Neumann in seiner Kandidatur als Beisitzer erklärte, er sei früher in der NPD gewesen, forderte Gauland ihn auf, seine Bewerbung zurückzuziehen. Neumann trat an – und erhielt fünf Stimmen.

      Ex-SPD-Stadtrat Reil schaffte es erst im zweiten Anlauf

      Um die sechs Posten als Beisitzer wurde hart gekämpft: Alice Weidel und Beatrix von Storch, Bundestagsabgeordnete aus Berlin, wurden noch zügig gewählt. Weidel rief: „Die Merkeldämmerung ist längst eingetreten und das waren wir, liebe Freunde.“ Für die anderen Plätze im Bundesvorstand waren Stichwahlen oder sogar mehrere Wahlgänge nötig. Der ehemalige Essener SPD-Stadtrat Guido Reil setzte sich im zweiten Anlauf durch. Reil erklärte die „Entdämonisierung der AfD“ zu seiner Aufgabe und nannte die Partei „sozialpatriotisch“.

      AfD will sich neu aufstellen - Proteste gegen Parteitag

      weitere Videos

        Stephan Protschka, Bundestagsabgeordneter aus Niederbayern, kündigte an, die CSU im Landtagswahlkampf zu „schlachten“ und wird dafür bejubelt. Mit dem Brandenburger Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz konnte zudem auch der „Flügel“ noch einen der seinen im Bundesvorstand unterbringen.

        Begleitet wurde der Parteitag von

        Auch interessant

        Hunderte Demonstranten versuchten am Sonnabendmorgen Zufahrten zum Parteitag zu blockieren. Bei Zusammenstößen wurden mindestens ein Demonstrant und ein Polizist verletzt. Später am Sonnabend demons­trierten rund 6000 Menschen friedlich in der Innenstadt von Hannover.