Berlin. Auf Frank-Walter Steinmeier richten sich derzeit alle Blicke. Unangenehm aufgefallen ist dabei sein wenig repräsentatives Amtszimmer.
Auf Frank-Walter Steinmeier richten sich derzeit alle Blicke Unangenehm aufgefallen ist dabei sein wenig repräsentatives Amtszimmer
Täglich gehen sie jetzt bei ihm ein und aus: Bundeskanzlerin Angela Merkel, FDP-Chef Christian Lindner und die Grünen-Vorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir waren schon im Schloss Bellevue, am Mittwoch folgt CSU-Chef Horst Seehofer, am Donnerstag der SPD-Vorsitzende Martin Schulz.
Auch interessant
will die Parteien nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen doch noch ohne Neuwahlen zum Regieren bringen. Mittel der Wahl sind dafür Gespräche bei Kaffee und Keksen in seinem Amtszimmer. Doch die Bilder des Raums wirken wenig staatsmännisch – jedenfalls im Vergleich mit anderen Präsidentenbüros.
Leihgaben aus ganz Deutschland So mögen die Ausstattungsstücke jedes für sich sicher stilvoll und teuer sein, zusammen wirken sie aber mehr wie ein Sammelsurium – aus gutem Grund. Denn weil Schloss Bellevue 1941 nach Bombenangriffen ausgebrannt war, musste die komplette Einrichtung mit Leihgaben aus ganz Deutschland zusammengezimmert werden.
Steinmeiers bescheidenes Amtszimmer
In der Regierungsbildung ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier plötzlich wichtiger als gedacht. Nach dem Jamaika-Aus empfängt er die Parteichefs, hier Kanzlerin Angela Merkel, in seinem Amtszimmer. Doch das wirkt eher nüchtern als staatsmännisch.
© Getty Images | Handout
Mobiliar, Teppich, Gemälde wirken zusammengewürfelt – was sie auch sind. Weil Schloss Bellevue im Zweiten Weltkrieg ausbrannte, besteht die gesamte Ausstattung aus Leihgaben. Schloss Bellevue selbst ist zudem erst seit 1994 Amtssitz des Bundespräsidenten.
© Getty Images | Handout
Mehr Geschichte hat da das Oval Office im Weißen Haus zu bieten. Das berühmte Büro des US-Präsidenten beheimatet die Demokratie seit 200 Jahren. Auch Angela Merkel war hier mehrmals zu Gast, zuletzt im März 2017 bei ihrem ersten Treffen mit Donald Trump.
© The White House | Shealah D. Craighead
Das ist mal ein Tisch! Der Resolute Desk im Oval Office war ein Geschenk der britischen Königin Victoria und wurde 1880 an US-Präsident Rutherford B. Hayes übergeben. Er wurde aus dem Holz des Polarforschungs-Segelschiff HMS Resolute geschnitzt.
© REUTERS | Jonathan Ernst
Darf’s noch ein bisschen mehr Gold sein? Im französischen Élysée-Palast hat man daran wahrlich nicht gespart. Da wirkt Präsident Emmanuel Macron (l.) gleich noch mal wichtiger.
© REUTERS | POOL
Die Franzosen hatten es aber auch vergleichsweise einfach: Die Monarchie hatte alles prunkvoll eingerichtet, die Republik nahm dankend an.
© REUTERS | POOL
Auch im russischen Kreml setzt man auf goldene Verzierungen am Mobiliar. Ob sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gerade wünscht, er hätte auch so ein repräsentatives Empfangszimmer wie Russlands Präsident Wladimir Putin?
© dpa | Bernd von Jutrczenka
Auch die Gemälde sind geliehen. Über der Sitzgruppe hängt Bernardo Bellottos „Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke“ aus der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden, über dem Schreibtisch die „Italienische Landschaft“ von Adolf Friedrich Harper aus der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin. Während das eine Bild Deutschland aus Sicht eines Italieners zeigt, ist es bei dem anderen umgekehrt.
So teuer wären Neuwahlen für die Steuerzahler
Auffälliger als diese Finesse ist aber das, was dazwischenliegt: ein Teppich, der mit seinem Muster und seiner Farbe eher an ein Kaffeekränzchen bei Oma als an Empfänge von Staatschefs aus aller Welt erinnert.
Warum ein nüchternes Zimmer gar nicht schlecht ist Prunkvoller geht es da schon im französischen Élysée-Palast zu. Goldverzierungen, wohin das Auge reicht, dazu ein Schreibtisch, an dem schon Ludwig XV. saß. Auch das Oval Office des Weißen Hauses beeindruckt seine Gäste allein schon mit seiner Ausstattung – etwa dem Resolute Desk, hergestellt 1879 aus dem Holz des Polarforschungsschiffes HMS Resolute.
Andererseits: So ein nüchternes Amtszimmer hat auch seine Vorteile. Man beschränkt sich aufs Wesentliche – seine Arbeit. Steinmeier hat sich mit seiner unprätentiösen Art über Jahre viel Wertschätzung erarbeitet. Ein Zimmer aus Gold wäre da auch gar nicht passend.
Die Karriere von Frank-Walter Steinmeier
Er ist der Ruhige und Besonnene, kein Polterer. Es ist da nur folgerichtig, dass Frank-Walter Steinmeier die Nachfolge von Joachim Gauck antritt. Am 12. Februar ist der 61-Jährige zum zwölften Bundespräsidenten gewählt worden. Die SPD-Ikone Willy Brandt gab, wie bei so vielen, auch bei Frank-Walter Steinmeier in den 70er-Jahren den Anstoß, sich in der SPD zu engagieren. „Die Neugier auf Politik wurde geboren im Streit um Ostpolitik und Misstrauensvotum gegen Willy Brandt“, so Steinmeier.
© Funke foto Service | Gero Breloer
Ein Bild aus rot-grünen Regierungszeiten: Steinmeier im Juli 2009 mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem er als Kanzleramtsminister diente.
© imago | sepp spiegl
Machtübergabe: Der abgewählte Bundeskanzler Helmut Kohl (m.) übergab nach der Wahl im Oktober 1998 an seinen Nachfolger Gerhard Schröder (r.). Im Hintergrund mit dabei: Frank-Walter Steinmeier (l.).
© imago | sepp spiegl
Schwierige Tage: Bei einer Anhörung zur Rolle des Bundesnachrichtendienstes während des Irak-Kriegs musste Steinmeier im Dezember 2008 als Zeuge aussagen.
© REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
22.11.2005: Frank-Walter Steinmeier legt als Bundesaußenminister gegenüber Bundestagspräsident Norbert Lammert den Amtseid ab. Die SPD regiert als Juniorpartner in der Koalition mit der Union.
© imago | Sven Simon
Gute Laune auf der Regierungsbank im Bundestag: Steinmeier mit Parteifreundin Brigitte Zypries, damals Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Zypries wurde Anfang 2017 Nachfolgerin von Sigmar Gabriel und damit die erste Wirtschaftsministerin der Bundesrepublik.
© imago | Metodi Popow
Zu Bundeskanzlerin Angela Merkel pflegte Steinmeier stets ein gutes Verhältnis. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass er bei der Bundestagswahl 2009 als Kanzlerkandidat der SPD gegen Merkel antrat. Steinmeier fuhr damals das bis dahin schlechteste Bundestagswahlergebnis für die SPD ein.
© Getty Images | Andreas Rentz
Frank-Walter Steinmeier genießt nicht nur in der SPD große Sympathien. Über Parteigrenzen hinweg wird seine Fähigkeit zum Ausgleich gelobt.
© REUTERS | REUTERS / MICHAEL DALDER
Wahlkampf unter Tage: Als Kanzlerkandidat der SPD 2009 besuchte Steinmeier die Zeche „Prosper-Haniel“ in Bottrop im Ruhrgebiet.
© REUTERS | REUTERS / INA FASSBENDER
Der Kanzlerkandidat Steinmeier im August 2009, am Abend der Landtagswahlen in mehreren Bundesländern.
© REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
So war es im Oktober 2008: Steinmeier als Kanzlerkandidat und Franz Müntefering als SPD-Vorsitzender wollten die Partei bei der Wahl 2009 gemeinsam an die Macht führen – und scheiterten deutlich. Von 2009 bis 2013 regierte in Berlin Schwarz-Gelb.
© Getty Images | Sean Gallup
Als Bundesaußenminister war Frank-Walter Steinmeier auf internationalem Parkett ein wichtiger Ansprechpartner, auch für seine amerikanische Amtskollegin Condoleezza Rice. Hier ein Bild aus dem Jahr 2008.
© REUTERS | REUTERS / TOBIAS SCHWARZ
17. Dezember 2013: Wieder wird Frank-Walter Steinmeier Außenminister. Die Ernennungsurkunde überreicht ihm der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck, zu dessen Nachfolger Steinmeier gewählt wurde.
© REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
Steinmeier warb stets für die Integration von Flüchtlingen, hier bei einem gemeinsamen Fastenbrechen mit syrischen Flüchtlingen in Berlin während des Ramadan im Juli 2014.
© REUTERS | REUTERS / AXEL SCHMIDT
Ein bodenständiger Westfale, der als Außenminister Deutschland in der Welt vertrat: Frank-Walter Steinmeier 2015 in Berlin.
© Getty Images | Adam Berry
Frank-Walter Steinmeier mit Ehefrau Elke Büdenbender bei einer Operngala der Deutschen Aids-Stiftung in der Deutschen Oper in Berlin im Jahr 2011. Als seine Frau 2010 schwer erkrankte, spendete Frank-Walter Steinmeier ihr eine Niere und nahm dafür eine Auszeit von der Politik.
© imago | eventfoto54
Frank-Walter Steinmeier im Jahr 2014 mit seinem legendären Vorgänger Hans-Dietrich Genscher. Anlass war der 25. Jahrestag der Ereignisse in der bundesdeutschen Botschaft in Prag, als Genscher dafür sorgte, dass Tausende DDR-Flüchtlinge, die 1989 dort Zuflucht gesucht hatten, in die Bundesrepublik ausreisen durften. Genscher starb im März 2016.
© Getty Images | Matej Divizna
Das Verhältnis zu den USA liegt Steinmeier besonders am Herzen. Hier berät er sich im September 2015 mit US-Außenminister John Kerry in Berlin.
© Getty Images | Pool
Fußball gehört für Steinmeier zum Leben. Zehn Jahre lang spielte er für den TuS 08 Brakelsiek – anfangs in der Abwehr, dann als Libero, später im rechten Mittelfeld. „Nicht der begnadete Filigrantechniker, dafür großes Kämpferherz und langer Atem“, wie er selbst sagt. Das Foto zeigt den Außenminister mit seinem slowakischen Amtskollegen Miroslav Lajcak vor einem Spiel der beiden Nationalmannschaften bei der Euro 2016.
© REUTERS | REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE
Nein, hier geht es nicht um Fußball, der Schal täuscht: Das Bild zeigt Steinmeier im Juni 2015 beim evangelischen Kirchentag in Stuttgart.
© Thomas Lohnes
Frank-Walter Steinmeier bei einer Rede anlässlich einer OSCE-Konferenz im September 2016 in Potsdam.
© REUTERS | REUTERS / STEFANIE LOOS
Kraftvoll – das ist das Stichwort auch für den designierten Bundespräsidenten Steinmeier.
© REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
Er hat es geschafft: Bundeskanzlerin Angela Merkel überreicht dem designierten Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 12. Februar im Reichstag in Berlin nach der Wahl zum zwölften Staatsoberhaupt einen Strauß Blumen.
© dpa | Bernd von Jutrczenka
Die Bundesversammlung wählte den 61-Jährigen mit 931 von 1239 gültigen Stimmen zum Nachfolger von Joachim Gauck (r.).
© REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
Steinmeier kennt zahlreiche Staatschefs noch aus seiner Zeit als Außenminister. So gilt er nun als Diplomat im Präsidentenamt. Anfang Juni empfing er den chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Berlin.
© dpa | Rainer Jensen
Auch wenn Steinmeier nicht als charismatischer Menschenfänger wie sein Vorgänger Joachim Gauck bekannt ist, den Kontakt zu den Bürgern sucht er immer wieder. So etwa bei einem Besuch an seiner ehemaligen Universität in Gießen am 12. Juni.
© dpa | Frank Rumpenhorst
Dem Fußball kann Steinmeier auch treu bleiben. Nach dem DFB-Pokal-Finale überreichte er „seinem“ BVB den Pokal.
© dpa | Jan Woitas
(cho)