Frankfurt/Main. Ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung für einen 54-Jährigen. Er hatte Steuerfahnder für den Schweizer Geheimdienst ausspioniert.

  • Ein Spion hat für die Schweiz in NRW-Behörden herumgeschnüffelt – und wurde enttarnt
  • Der Prozess brachte manche Details über die sonst so verschwiegenen Geheimdienste ans Licht
  • Für den Spion ging die Sache glimpflich aus

Weil er NRW-Steuerfahnder bespitzelt hat, ist ein Schweizer Spion zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte ihn am Donnerstag wegen geheimdienstlicher Tätigkeit.

Der 54-Jährige hatte zugegeben, dass er Details über Organisation und Arbeitsweise der Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen in Erfahrung bringen sollte. NRW hatte wiederholt CDs mit den Daten deutscher Steuerbetrüger aufgekauft, die Kunden von Schweizer Banken gewesen waren.

Im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes spioniert

Der Mann habe mit seinem Geständnis wesentlich zur Aufklärung der Vorwürfe beigetragen, hieß es in der Urteilsbegründung – jedenfalls so weit das in der „eher undurchsichtigen Sphäre geheimdienstlicher Tätigkeiten“ möglich sei.

Der ehemalige Polizist, der unter anderem zu Drogendelikten und organisierter Kriminalität ermittelt hatte, war im April in Frankfurt festgenommen worden. Nach eigenen Angaben sollte er im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen ausspähen. Er sollte demnach feststellen, wie Steuer-CDs mit den Daten von deutschen Steuersündern, die über Konten bei Schweizer Banken verfügten, in die Hand der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung geraten konnten.

Milde Strafe wegen Aussagebereitschaft

Leicht vornüber gebeugt lauschte der grauhaarige Angeklagte mit korrekt gezogenem Seitenscheitel und sauber gestutztem Bart den Ausführungen der Richter. Er blickte ernst, während seine Verteidiger sich ein zufriedenes Lächeln schon vor der Bekanntgabe des Urteils kaum verkneifen konnten. Denn die Aussagebereitschaft des verhinderten Spions war die Voraussetzung für die milde Strafe. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht sogar noch unter den von der Bundesanwaltschaft geforderten zweijährigen Bewährungsstrafe.

Dass er als Schweizer Patriot gehandelt habe, wollte der Staatsschutzsenat dem 54-Jährigen allerdings nicht abnehmen. Schließlich gelte Steuerflucht auch in der Schweiz „nicht als moralisch schutzwürdiges Verhalten“.

Schweizer muss sich beruflich umorientieren

Neben dem Geständnis begründete das Gericht das milde Urteil mit der Tatsache, dass der Mann zuvor in Deutschland nicht straffällig geworden war und von ihm auch keine weiteren kriminellen Aktivitäten zu erwarten seien. Da er seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft war, konnte er zudem nur begrenzt Kontakt zu seiner Familie halten.

Hinzu komme, dass sich der Schweizer nun „in fortgeschrittenem Alter neu orientieren“ müsse, fügte der Vorsitzende Richter hinzu. „Denn in dem Bereich, den ich mal als „Sicherheit“ umschreiben würde, ist er wohl „verbrannt“. Das klang schon fast mitleidig.

Verteidiger nicht sonderlich überrascht

Der 54-Jährige jedenfalls machte den Eindruck, als hege er keine bitteren Gefühle gegen die deutsche Justiz. Nachdem er mit Aufhebung des Haftbefehls als freier Mann das Gericht verlassen konnte, verabschiedete er sich mit Handschlag von dem Richter. Aus dem Zuschauersaal gab es unterdessen unterdrückte Freudenbekundungen in kehligem Schwyzerdütsch – Freunde und Verwandte waren zur Urteilsverkündung angereist.

Zufrieden zeigten sich auch die Verteidiger des 54-Jährigen. „Es war ja nicht mehr sonderlich überraschend“, sagte Thomas Koblenzer, einer der drei Anwälte. Revisionswünsche gebe es jedenfalls nicht: „Selbstverständlich werden wir das Urteil annehmen.“ (dpa)