Brüssel/Madrid. Carles Puigdemont soll am Donnerstag vor einem Gericht in Spanien erscheinen. Doch der katalanische Ex-Regierungschef weigert sich.

Der katalanische Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont will vorerst nicht nach Spanien zurückkehren, um sich dort einem Verhör vor einem Gericht in Madrid zu stellen. Das niederländische Fernsehen NOS zitierte am Mittwoch den belgischen Anwalt Puigdemonts, Paul Bekaert, mit den Worten: „Es liegt auf der Hand, dass mein Mandant vorerst abwarten wird.“ Er fürchte, dass Puigdemont keinen fairen Prozess in Spanien bekomme.

So werde Puigdemont auch argumentieren, falls Spanien seine Auslieferung verlangen sollte. Am Dienstag hatte der Staatsgerichtshof in Madrid den wegen Rebellion angeklagten früheren Regierungschef für diesen Donnerstag und Freitag vorgeladen.

Puigdemont, der am Montag von Spanien nach Belgien gereist war, hatte am Dienstag mit anderen angeklagten Ex-Ministern seiner entmachteten Regierung in Brüssel erklärt, er werde nur nach Spanien zurückkehren, wenn ihm ein gerechtes Verfahren gewährt werde. Folgen Puigdemont und die anderen 13 Angeklagten der Vorladung nicht, könnte es europäische Haftbefehle geben. Diese müssten von belgischen Behörden ausgeführt werden.

Die Angeklagten sollen 6,2 Millionen Euro hinterlegen

Die Richterin am Staatsgerichtshof, Carmen Lamela, ließ die Anklage am Dienstag zu und erklärte auch, die Angeklagten sollen binnen drei Tagen den Betrag von über 6,2 Millionen Euro hinterlegen. Das sind die geschätzten Kosten des für illegal erklärten Unabhängigkeits-Referendums vom 1. Oktober.

Katalanenführer Puigdemont rudert zurück

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    Puigdemont und den anderen Angeklagten werden unter anderem Auflehnung gegen die Staatsgewalt, Rebellion und Unterschlagung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Dafür drohen bis zu 30 Jahre Haft. Grund ist vor allem der einseitige Unabhängigkeitsbeschluss des katalanischen Parlaments.

    Laute Beschimpfungen von Unabhängigkeits-Gegnern

    Puigdemont hatte in Brüssel erklärt, er suche in Belgien kein politisches Asyl und verstecke sich auch nicht vor der spanischen Justiz. Er wolle von der EU-Hauptstadt aus für die Unabhängigkeit Kataloniens weiterkämpfen.

    In der Nacht zu Mittwoch setzte sich das Verwirrspiel der letzten Tage fort: Die Zeitung „La Vanguardia“ schrieb unter Berufung auf Passagiere im Flugzeug, dass Puigdemont in einem Flugzeug Richtung Barcelona sei. Dann zeigten sich am Flughafen der katalanischen Stadt allerdings nur zwei seiner Mitstreiter, die von Unabhängigkeits-Gegnern laut beschimpft wurden. Puigdemont soll laut Medien in Brüssel geblieben sein. Offiziell gab es dazu keine Angaben.

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      Mögliche Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr

      Die Angeklagten sollen vor dem Staatsgericht in Madrid bei den Terminen am Donnerstag und Freitag Erklärungen abgeben. Zudem soll dabei über „vorsorgliche Maßnahmen persönlicher Art“ entschieden werden. Das könnte auch Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr für Puigdemont und Co. bedeuten.

      Die wirtschaftsstarke Region Katalonien steht derzeit unter Zwangsverwaltung aus Madrid, nachdem die Separatisten einseitig eine Unabhängigkeitserklärung abgegeben hatten. Diese hatte das Verfassungsgericht ausgesetzt.

      Neuwahlen für 21. Dezember angesetzt

      Die Krise in Katalonien hatte Anfang Oktober mit einem Unabhängigkeitsreferendum an Fahrt aufgenommen, das das Verfassungsgericht eigentlich verboten hatte. Die konservative spanische Regierung von Mariano Rajoy hat mittlerweile in der Region im Nordosten Spaniens Neuwahlen für den 21. Dezember ausgerufen. Puigdemont hatte erklärt, er werde die Wahl akzeptieren und die Ergebnisse respektieren.

      Nach einer Umfrage würden die Unabhängigkeitsbefürworter wieder gewinnen. Die Koalition Junts pel Sì, der auch die Partei von Puigdemont angehörte, käme auf zwischen 60 und 63 Abgeordnete (von 135) im Parlament in Barcelona, geht aus einer Umfrage des katalanischen Meinungsforschungsinstituts Centre d’Estudis de Opinió de la Generalitat hervor, die unter anderen die Zeitung „El País“ am Dienstag veröffentlichte.(dpa)