Ankara. Die Türkei steht einem möglichen Minister Özdemir skeptisch gegenüber. Doch es gibt auch Lichtblicke im deutsch-türkischen Verhältnis.

  • Es gibt Anzeichen für eine Entspannung des Verhältnisses zwischen Deutschland und der Türkei
  • Neuen Konfliktstoff könnte aber eine Ernennung von Cem Özdemir zum Außenminister bringen
  • „Dann hätten wir möglicherweise verschenkte Jahre vor uns“, sagt AKP-Politiker Mustafa Yeneroglu

Eine mögliche Ernennung von Grünen-Chef Cem Özdemir zum Bundesaußenminister

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stößt in der türkischen Regierungspartei AKP auf große Skepsis. „Dann hätten wir möglicherweise verschenkte Jahre vor uns“, sagte der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu der Deutschen Presse-Agentur in Ankara mit Blick auf die bilateralen Beziehungen. „Cem Özdemir wird in der Türkei nicht als Botschafter Deutschlands wahrgenommen, sondern als jemand, der türkische Innenpolitik betreiben möchte.“

Der Grünen-Chef ist ein scharfer Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Für den Fall, dass die Grünen in Koalitionsverhandlungen mit Union und FDP das Amt des Außenministers erhalten, gilt Özdemir als Favorit.

Özdemir nannte Erdogan „AKP-Diktator“

Yeneroglu sagte: „Ich glaube, dass sich Erdogan schon aus realpolitischen Gründen bemühen würde, Özdemir als Repräsentanten Deutschlands eine Chance zu geben.“ Das hänge aber davon ab, ob der Grünen-Chef – der Erdogan einen „AKP-Diktator“ und einen „Geiselnehmer“ genannt hat – nach einer Ernennung zum Außenminister Deutschlands seine Haltung ändere. „Wenn er vor einem möglichen Türkei-Besuch so unqualifizierte Äußerungen wie in der Vergangenheit von sich gibt, wird er nicht willkommen sein.“

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    Der deutsch-türkische Parlamentarier sagte, er habe Özdemir am Abend der Bundestagswahl eine SMS geschickt, in der er ihn zum Wahlergebnis beglückwünscht und seiner Hoffnung auf eine Verbesserung der angespannten deutsch-türkischen Beziehungen Ausdruck verliehen habe. Eine Antwort habe er nicht erhalten. Yeneroglu ist Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des Parlaments in Ankara.

    Im aktuellen „Spiegel“ schlug der türkische Außenministerminister Mevlüt Cavusoglu versöhnliche Töne an. „Es gibt keinen Grund für Probleme zwischen Deutschland und der Türkei, auch wenn das vergangene Jahr schwierig war“, sagt Außenministerminister Mevlüt Cavusoglu. Nun, da der Wahlkampf in Deutschland vorbei ist, glaube er an eine Normalisierung der Beziehungen. „Und ich bin bereit, dafür Anstrengungen zu unternehmen.“

    Özdemir: „Begrüße neue Töne aus Ankara“

    Dazu äußerte sich Grünen Chef Özdemir gegenüber unserer Redaktion. „Ich begrüße die neuen Töne aus Ankara. Sie sind aber auch eine Reaktion auf die Entschlossenheit in Berlin.“ Die Türkei merke, welche Nachteile es habe, wenn Hermes-Bürgschaften eingeschränkt würden, deutsche Touristen ausblieben und die Zollunion nicht ausgeweitet werde. Özdemir rief Ankara auch dazu auf, die „absurde Warnung vor Reisen nach Deutschland’ aufzuheben“.

    Zudem forderte er die Freilassung der Deutschen, die aus politischen Gründen in türkischen Gefängnissen sitzen, als Voraussetzung für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Berlin und Ankara genannt. „Es liegt jetzt an der Türkei, die deutschen Geiseln freizulassen und keine neuen mehr zu nehmen“, sagte Özdemir unserer Redaktion. Eine solche Praxis dürfe es nicht geben zwischen befreundeten Ländern. „Wenn dieses Problem gelöst ist, kann man auch wieder über andere Themen reden.“ (dpa/fmg)