Barcelona/Madrid. Kataloniens Regionalregierung will schneller als gedacht die Unabhängigkeit ausrufen. Nun werden die Gegner einer Abspaltung aktiv.

Katalonien will binnen weniger Tage seine Unabhängigkeit von Spanien erklären. Das sagte der Chef der Regionalregierung Carles Puigdemont dem britischen Sender BBC in einem Interview am Dienstag. Seine Regierung werde Ende dieser Woche oder Anfang nächster Woche handeln, so Puigdemont. Ein mögliches Eingreifen der Zentralregierung in Madrid halte er für einen Fehler, sagte er weiter. Derzeit bestehe kein Kontakt zwischen der Regionalregierung von Katalonien und Madrid.

Bei dem umstrittenen Referendum in der Region hatte eine deutliche Mehrheit der Wähler am Sonntag für eine Loslösung Kataloniens von Spanien gestimmt. Barcelona hatte das Referendum ungeachtet eines Verbots durch das Verfassungsgericht und auch gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid abgehalten.

Scharfe Kritik von König Felipe VI. an der Regionalregierung

Der Chef der katalanischen Regionalregierung Carles Puigdemont.
Der Chef der katalanischen Regionalregierung Carles Puigdemont. © REUTERS | JUAN MEDINA

In der Region demonstrierten mehrere Hunderttausend Menschen für die Unabhängigkeit und gegen Polizeigewalt. Zugleich legte am Dienstag ein Generalstreik weite Teile des öffentlichen Lebens lahm. In Barcelona blieben die meisten Geschäfte und auch die Metro-Stationen geschlossen. Zu den Kundgebungen und dem Ausstand hatten Gewerkschaften und andere Organisationen aufgerufen.

Nach den Protesten schaltete sich

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an der Regionalregierung erstmals in den Konflikt ein. Die Führung in Barcelona bewege sich „außerhalb des Gesetzes“ und setze „die wirtschaftliche und soziale Stabilität Kataloniens und ganz Spaniens aufs Spiel“, sagte der Monarch am späten Abend in einer Fernsehansprache an die Nation. Es liege „in der Verantwortung des Staates, die verfassungsmäßige Ordnung sicherzustellen.“

Massenprotest gegen Polizeieinsatz

Während der Abstimmung am Sonntag war die von Madrid entsandte Staatspolizei teilweise hart gegen Separatisten vorgegangen. Dabei wurden nach Angaben der Regionalregierung rund 900 Menschen verletzt.

Katalonien: Präsident fordert Abzug aller Polizeikräfte

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    Gegen diesen harten Einsatz richtete sich der Massenprotest, bei dem überwiegend Partystimmung herrschte. Allein in Katalonien waren nach Schätzung der Behörden rund 300.000 Menschen bis zum späten Abend auf den Straßen. Tausende sangen die katalanische Nationalhymne und riefen Parolen wie: „Die Straßen gehören uns!“ oder „Besatzungskräfte raus!“, als ein Hubschrauber der Nationalpolizei über sie hinwegflog.

    Hoteliers setzen Polizisten vor die Tür

    Die Zentralregierung prangerte zur selben Zeit in Madrid eine „Verfolgung“ von Staatsbeamten durch die Katalanen an. Man werde „alles Nötige unternehmen“, um die Verfolgung zu stoppen, warnte Innenminister Juan Ignacio Zoido. Die 10.000 von Madrid entsandten Polizisten blieben am Dienstag jedoch fast alle in den Unterkünften. Einige hundert wurden von katalanischen Hotels aus Protest vor die Tür gesetzt.

    Auch in Girona fanden sich mehr als 30.000 Menschen ein. In Reus, Tarragona und anderen Städten gab es ebenfalls Großdemonstrationen. Feuerwehrmänner waren mit von der Partie, Bauern protestierten auf ihren Traktoren und sperrten Straßen ab. Katalonien ist die wirtschaftsstärkste Region Spaniens und steuert knapp ein Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt des Königreichs bei.

    Gegner der Unabhängigkeit kündigen für Sonntag Demonstration an

    Währenddessen bereitete sich die Regionalregierung weiter auf die Ausrufung der Unabhängigkeit vor. Abgeordnete erklärten laut Medienberichten, das Regionalparlament in Barcelona komme am Mittwoch zusammen, um einen Termin für die Sitzung festzulegen, bei der die Unabhängigkeitserklärung lanciert werden soll.

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      Gegner der Unabhängigkeit kündigten unterdessen für Sonntag eine Demonstration gegen die Abspaltung Kataloniens von Spanien an. Es gehe darum, wieder „die Vernunft zurückzugewinnen“, erklärte Àlex Ramos, der Vizepräsident der zivilen Organisation Societat Civil Catalana (SCC).

      Felipe: Ohne Respekt kein friedliches Zusammenleben

      König Felipe räumte ein, Spanien mache „schwierige Zeiten“ durch. Man werde diese aber „überwinden und vorwärtskommen“, sagte das 49 Jahre alte Staatsoberhaupt. Allen Spaniern wolle er „eine Botschaft der Ruhe und der Hoffnung“ übermitteln. Ohne demokratischen Respekt gebe es kein friedliches Zusammenleben. (dpa)

      Katalanen stimmen über Unabhängigkeit ab

      In Katalonien haben viele Menschen am Sonntag über die Unabhängigkeit von Spanien abgestimmt.
      In Katalonien haben viele Menschen am Sonntag über die Unabhängigkeit von Spanien abgestimmt. © REUTERS | YVES HERMAN
      Es war ein emotionaler Moment für die Katalanen. Die Befürworter des Referendums haben mit der Beteiligung Zehntausender gerechnet.
      Es war ein emotionaler Moment für die Katalanen. Die Befürworter des Referendums haben mit der Beteiligung Zehntausender gerechnet. © REUTERS | YVES HERMAN
      Eine ältere Frau jubelt, nachdem sie ihre Stimme beim Referendum abgegeben hat.
      Eine ältere Frau jubelt, nachdem sie ihre Stimme beim Referendum abgegeben hat. © dpa | Bob Edme
      Schon am Sonntagmorgen strömten Tausende zu den Wahllokalen. An einigen Orten blockierten Wähler die Türen, um zu verhindern, dass sie von der Polizei abgeriegelt werden. Denn das Referendum wurde vom Verfassungsgericht für illegal erklärt.
      Schon am Sonntagmorgen strömten Tausende zu den Wahllokalen. An einigen Orten blockierten Wähler die Türen, um zu verhindern, dass sie von der Polizei abgeriegelt werden. Denn das Referendum wurde vom Verfassungsgericht für illegal erklärt. © Getty Images | Chris McGrath
      Die katalonische Regierung erklärte, Wähler könnten zu jedem offenen Wahllokal gehen, wenn das eigentlich vorgesehene abgeriegelt sei. Auch Stimmzettel, die zu Hause ausgedruckt wurden, wurden akzeptiert.
      Die katalonische Regierung erklärte, Wähler könnten zu jedem offenen Wahllokal gehen, wenn das eigentlich vorgesehene abgeriegelt sei. Auch Stimmzettel, die zu Hause ausgedruckt wurden, wurden akzeptiert. © REUTERS | YVES HERMAN
      Hunderte von Menschen bildeten in Barcelona eine Menschenkette, um auf die Wahlurnen für das Referendum zu warten.
      Hunderte von Menschen bildeten in Barcelona eine Menschenkette, um auf die Wahlurnen für das Referendum zu warten. © dpa | Nicolas Carvalho Ochoa
      Die Organisatoren der Abstimmung schmuggelten die Urnen in schwarzen Plastiksäcken zu den Wahllokalen.
      Die Organisatoren der Abstimmung schmuggelten die Urnen in schwarzen Plastiksäcken zu den Wahllokalen. © REUTERS | YVES HERMAN
      Auch diese Wahlhelfer trugen eine Wahlurne in einem Plastiksack zum Wahllokal.
      Auch diese Wahlhelfer trugen eine Wahlurne in einem Plastiksack zum Wahllokal. © Getty Images | Chris McGrath
      Zuvor hatte die spanische Zentralregierung Tausende Polizisten in die Region geschickt, die Stimmzettel beschlagnahmten und Wahllokale absperrten.
      Zuvor hatte die spanische Zentralregierung Tausende Polizisten in die Region geschickt, die Stimmzettel beschlagnahmten und Wahllokale absperrten. © Getty Images | Chris McGrath
      Einheiten der Guardia Civil, der spanischen Nationalpolizei, versuchten, Menschen daran zu hindern, ins Wahllokal zu gehen.
      Einheiten der Guardia Civil, der spanischen Nationalpolizei, versuchten, Menschen daran zu hindern, ins Wahllokal zu gehen. © dpa | Emilio Morenatti
      Die Lage war extrem angespannt.
      Die Lage war extrem angespannt. © dpa | Emilio Morenatti
      In den Wahllokalen gaben die Menschen ihre Stimmen ab – teilweise mit emotionalen Gesten.
      In den Wahllokalen gaben die Menschen ihre Stimmen ab – teilweise mit emotionalen Gesten. © REUTERS | YVES HERMAN
      Vor den Wahllokalen positionierten sich die Sicherheitskräfte.
      Vor den Wahllokalen positionierten sich die Sicherheitskräfte. © dpa | Emilio Morenatti
      Sogar Gummigeschosse wurden abgefeuert.
      Sogar Gummigeschosse wurden abgefeuert. © dpa | Emilio Morenatti
      Demonstranten wurden von der Straße entfernt.
      Demonstranten wurden von der Straße entfernt. © REUTERS | SUSANA VERA
      Szenen von Polizeigewalt überschatteten das Referendum.
      Szenen von Polizeigewalt überschatteten das Referendum. © dpa | Francisco Seco
      Hunderte Menschen seien verletzt worden, berichtete das katalonische Gesundheitsministerium.
      Hunderte Menschen seien verletzt worden, berichtete das katalonische Gesundheitsministerium. © dpa | Emilio Morenatti
      Auch der spanische Fußball bekam die Auswirkungen des Referendums zu spüren: Die Spieler des FC Barcelona trugen beim Aufwärmen und für das Mannschaftfoto Trikots in den Farben der katalanischen Flagge.
      Auch der spanische Fußball bekam die Auswirkungen des Referendums zu spüren: Die Spieler des FC Barcelona trugen beim Aufwärmen und für das Mannschaftfoto Trikots in den Farben der katalanischen Flagge. © Getty Images | Alex Caparros
      Das Liga-Spiel FC Barcelona gegen UD Las Palmas wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen.
      Das Liga-Spiel FC Barcelona gegen UD Las Palmas wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen. © REUTERS | ALBERT GEA
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