Madrid. Die Katalanen wollen ihr Referendum über eine Abspaltung durchziehen. Die Regierung in Madrid will das mit allen Mitteln verhindern.

Spanien strebt am Wochenende auf eine Eskalation der Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit Kataloniens zu: Während die Befürworter einer Abspaltung die Vorbereitung für ihr Referendum trotz aller Verbote unbeirrt vorantreiben, will die Zentralregierung in Madrid die Abstimmung stoppen. Was genau am Wahltag geschehen wird, wagt niemand vorherzusagen. Hier ein Überblick über die Lage:

•Ungeachtet des Verbots des Verfassungsgerichts und des Widerstands aus Madrid will die Regionalregierung der autonomen Region Katalonien am Sonntag 2315 Wahllokale öffnen lassen. Die Abstimmung soll zwischen neun und 20 Uhr stattfinden, sagte Regierungssprecher Jordi Turull am Freitag. Insgesamt sind mehr als 5,3 Millionen Katalanen aufgerufen, über die Abspaltung der wirtschaftsstarken Region vom Mutterland abzustimmen.

• Bürgerkomitees, die sich für die Durchführung der Volksabstimmung einsetzen, forderten die Bevölkerung auf, schon ab diesem Freitag Schulen und andere Gebäude zu besetzen, die als Wahllokale dienen sollen. So soll sichergestellt werden, dass die paramilitärische Polizeieinheit Guardia Civil die Wähler am Sonntag nicht am Eintritt in die Gebäude hindern könne, berichtete die Zeitung „El Mundo“.

• Katalanische Separatisten hatten bereits am Donnerstag dazu aufgerufen, vor den dann möglicherweise von Polizei abgeriegelten Wahllokalen lange Schlangen zu bilden. Katalonien müsse der Welt gegenüber Einigkeit und Verantwortungsbewusstsein demonstrieren, hieß es.

Proteste von Unabhängigkeitsanhängern in Katalonien dauern an

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    • Die Zentralregierung geht seit Tagen gegen die Referendums-Organisatoren vor. Erst am Donnerstag hat die spanische Polizei bei Hausdurchsuchungen erneut 2,5 Millionen Wahlzettel sichergestellt. Bei Dutzenden Razzien hatten Sicherheitsbeamte bereits in der vergangenen Woche mehrere Millionen Stimmzettel und 1,5 Millionen Wahlplakate beschlagnahmt. 14 separatistische Politiker und Beamte waren vorige Woche unter Gewahrsam genommen worden.

    • Das spanische Verfassungsgericht hatte jüngst die Abhaltung des Referendums auf Betreiben der Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy untersagt. Um die Abstimmung zu verhindern, hat Madrid unter anderem bereits rund 4000 Beamte staatlicher Polizeieinheiten nach Katalonien geschickt.

    • Die katalanische Polizei Mossos d’Esquadra wird vorläufig dem Innenministerium in Madrid unterstellt und soll auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft dafür sorgen, dass die Wahllokale am Sonntag nicht geöffnet werden.

    Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy.
    Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy. © REUTERS | JONATHAN ERNST

    • Die Menschen im wirtschaftsstarken Katalonien sind vor allem wütend über die Korruptionsskandale der Regierung und wettern, der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy und seine Verbündeten verfolgten noch immer die gleichen Ziele wie die Franco-Diktatur. Unter der Herrschaft Francisco Francos, die bis Ende der 70er-Jahre dauerte, waren die katalanische Sprache und Kultur teilweise brutal unterdrückt worden.

    • Viele Katalanen auf den Straßen geben zudem an, sie müssten viel zu viel Geld an die „korrupte Regierung“ in Madrid abgeben, was die eigene Jugend in die Perspektivlosigkeit geführt habe. Sie glauben, dass ein unabhängiges Katalonien in Europa besser dastünde.

    • In Umfragen schwankte der Anteil der Befürworter einer Loslösung von Spanien in Katalonien in den vergangenen Jahren ungefähr zwischen knapp 40 und 50 Prozent. Kundgebungen der Gegner des Referendums und der Unabhängigkeit gibt es in Barcelona allerdings kaum. (dpa/rtr)