Berlin. Die FDP ist zurück im Bundestag. Das verdankt die Partei vor allem ihrem Vorsitzenden Christian Lindner. Nun winkt sogar die Regierung.

Eben noch außerparlamentarische Opposition – und nun schon wieder die Aussicht auf Regierungsbeteiligung. Das Comeback der

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bei der Bundestagswahl ist atemberaubend. Und der Erfolg hat einen Namen: Christian Lindner.

Der Chef-Liberale hat die Partei, die vor vier Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag ein Trümmerhaufen war, beinahe im Alleingang wieder aufgebaut. Er hat die FDP durch das Tal der Tränen geführt und nicht zuletzt mit seiner Eloquenz und seinem gekonnten Umgang mit den Medien die frustrierten Parteimitglieder wieder motiviert und neue Wähler für sich überzeugt. Das ist – nach vier Jahren bundespolitischer Bedeutungslosigkeit – eine beachtliche Leistung.

Lindners One-Man-Show im Wahlkampf

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der FDP-Wahlkampf 2017 einer One-Man-Show glich. Lindner war das einzige Gesicht der Partei, das bundesweit Bekanntheit erlangte. Das starke Ergebnis in Lindners Heimat NRW, das in eine Koalition mit der CDU mündete, tat ein Übriges.

Lindner feiert den „Neuanfang“

Der Wiedereinzug der FDP in den Bundestag ist nach Ansicht Lindners eine ermutigende Botschaft. „Nach einem Scheitern ist ein Neuanfang möglich“, sagte er am Sonntagabend vor Parteianhängern in Berlin. „Die vergangene Wahlperiode war die erste in der Geschichte unserer Republik, in der es keine liberale Stimme im Parlament gab. Es sollte zugleich die letzte gewesen sein. Denn ab jetzt gibt es wieder eine Fraktion der Freiheit im Deutschen Bundestag.“

Das ist FDP-Chef Christian Lindner

FDP-Chef Christian Lindner hat seine Partei mit 10,7 Prozent wieder in den Bundestag gebracht. Wir zeigen Stationen seiner politischen Karriere.
FDP-Chef Christian Lindner hat seine Partei mit 10,7 Prozent wieder in den Bundestag gebracht. Wir zeigen Stationen seiner politischen Karriere. © dpa | Kay Nietfeld
Das Gesicht der FDP am Abend der Bundestagswahl: Nur die AfD konnte den Liberalen den dritten Platz streitig machen. Lindner sagte, die FDP stehe für Weltoffenheit, Toleranz und europäisches Denken. Das sei das glatte Gegenteil von dem, was die AfD vertrete.
Das Gesicht der FDP am Abend der Bundestagswahl: Nur die AfD konnte den Liberalen den dritten Platz streitig machen. Lindner sagte, die FDP stehe für Weltoffenheit, Toleranz und europäisches Denken. Das sei das glatte Gegenteil von dem, was die AfD vertrete. © Getty Images | Jens Schlueter
Dieses Bild aus dem Jahr 2002 zeigt Lindner (Jahrgang 1979) vor dem Landtag in Düsseldorf. Mit 21 Jahren wurde er der jüngste FDP-Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen.
Dieses Bild aus dem Jahr 2002 zeigt Lindner (Jahrgang 1979) vor dem Landtag in Düsseldorf. Mit 21 Jahren wurde er der jüngste FDP-Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen. © imago/sepp spiegl | imago stock&people
Dieses Foto entstand noch zwei Jahre früher und zeigt Lindner unter anderem mit FDP-Mann Jürgen Möllemann (vorne), der im Jahr 2003 bei einem Fallschirmsprung ums Leben kam.
Dieses Foto entstand noch zwei Jahre früher und zeigt Lindner unter anderem mit FDP-Mann Jürgen Möllemann (vorne), der im Jahr 2003 bei einem Fallschirmsprung ums Leben kam. © imago stock&people | imago stock&people
Der damalige FDP-Nachwuchs-Politiker kommt aus dem Bergischen Land und wuchs in der Kleinstadt Wermelskirchen in der Nähe von Köln auf. Nachdem Lindner schon als Gymnasiast Inhaber einer Werbeagentur war, engagierte er sich immer mehr in der Politik.
Der damalige FDP-Nachwuchs-Politiker kommt aus dem Bergischen Land und wuchs in der Kleinstadt Wermelskirchen in der Nähe von Köln auf. Nachdem Lindner schon als Gymnasiast Inhaber einer Werbeagentur war, engagierte er sich immer mehr in der Politik. © imago | Rainer Unkel
Bei der Landtagswahl in NRW im Jahr 2000 steht er auf einem FDP-Listenplatz. Die Karriere verläuft steil nach oben. Schnell spielt er bei den Freien Demokraten eine wichtige Rolle. Mit Philipp Rösler (links) tritt Lindner nicht nur bei Partei-Events auf, er verlegt auch ein politisches Buch mit ihm: „Freiheit. gefühlt – gedacht – gelebt. Liberale Beiträge zu einer Wertediskussion“.
Bei der Landtagswahl in NRW im Jahr 2000 steht er auf einem FDP-Listenplatz. Die Karriere verläuft steil nach oben. Schnell spielt er bei den Freien Demokraten eine wichtige Rolle. Mit Philipp Rösler (links) tritt Lindner nicht nur bei Partei-Events auf, er verlegt auch ein politisches Buch mit ihm: „Freiheit. gefühlt – gedacht – gelebt. Liberale Beiträge zu einer Wertediskussion“. © imago/Sven Simon | imago stock&people
Lindner 2014 bei einer Pressekonferenz in Berlin: Zehn Jahre zuvor, Ende 2004, stieg er in der Partei zum Generalsekretär in NRW auf. Doch es zog ihn in die Bundespolitik.
Lindner 2014 bei einer Pressekonferenz in Berlin: Zehn Jahre zuvor, Ende 2004, stieg er in der Partei zum Generalsekretär in NRW auf. Doch es zog ihn in die Bundespolitik. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Jörg Carstensen
Dieses Bild zeigt ihn mit Dagmar Rosenfeld im Jahr 2014.
Dieses Bild zeigt ihn mit Dagmar Rosenfeld im Jahr 2014. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Henning Kaiser
Im Jahr 2009 wurde er auch auf Bundesebene FDP-General.
Im Jahr 2009 wurde er auch auf Bundesebene FDP-General. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Rainer Jensen
Beim FDP-Bundesparteitag 2010 schien Lindner mit dem damaligen Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel noch zu scherzen.
Beim FDP-Bundesparteitag 2010 schien Lindner mit dem damaligen Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel noch zu scherzen. © imago | Sven Simon
Im August 2013 blickte Lindner gemeinsam mit den FDP-Größen Hans-Dietrich Genscher und dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle vom Plakat. Zu lachen gab es für die FDP allerdings wenig: Nach der Wahl mussten die Liberalen den Bundestag verlassen.
Im August 2013 blickte Lindner gemeinsam mit den FDP-Größen Hans-Dietrich Genscher und dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle vom Plakat. Zu lachen gab es für die FDP allerdings wenig: Nach der Wahl mussten die Liberalen den Bundestag verlassen. © REUTERS | REUTERS / INA FASSBENDER
Anders sah dies vier Jahre später nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen aus. Mit Christian Lindner an der Spitze holte die FDP bei der Wahl im Mai 2017 12,6 Prozent der Wählerstimmen und bildete mit der CDU daraufhin die Landesregierung.
Anders sah dies vier Jahre später nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen aus. Mit Christian Lindner an der Spitze holte die FDP bei der Wahl im Mai 2017 12,6 Prozent der Wählerstimmen und bildete mit der CDU daraufhin die Landesregierung. © dpa | Rolf Vennenbernd
Lindner übernahm jedoch keinen Ministerposten, sondern konzentrierte sich auf den Bundestagswahlkampf.
Lindner übernahm jedoch keinen Ministerposten, sondern konzentrierte sich auf den Bundestagswahlkampf. © picture alliance / Maurizio Gamb | dpa Picture-Alliance / Maurizio Gambarini
Im letzten Wahlkampf stand Lindner eindeutig als Spitzenkandidat im Mittelpunkt der FDP-Strategie.
Im letzten Wahlkampf stand Lindner eindeutig als Spitzenkandidat im Mittelpunkt der FDP-Strategie. © imago/Rene Traut | Rene Traut/Hotspot-Foto
Lindner selbst betonte stets, dass es im Wahlkampf nicht nur um ihn, sondern die Inhalte der Partei und andere Personen gehe – so auch um Wolfgang Kubicki, den Fraktionsvorsitzenden der FDP im Landtag von Schleswig-Holstein.
Lindner selbst betonte stets, dass es im Wahlkampf nicht nur um ihn, sondern die Inhalte der Partei und andere Personen gehe – so auch um Wolfgang Kubicki, den Fraktionsvorsitzenden der FDP im Landtag von Schleswig-Holstein. © picture alliance / Monika Skolim | dpa Picture-Alliance / Monika Skolimowska
So frisch Christian Lindners Wahlkampf 2017 auch wirkte: Einigen Gepflogenheiten kann auch er sich nicht widersetzen. Dazu gehören seit Jahren die Teilnahme am politischen Frühshoppen in Gillamoos und die Forderung der FDP nach Steuerentlastungen.
So frisch Christian Lindners Wahlkampf 2017 auch wirkte: Einigen Gepflogenheiten kann auch er sich nicht widersetzen. Dazu gehören seit Jahren die Teilnahme am politischen Frühshoppen in Gillamoos und die Forderung der FDP nach Steuerentlastungen. © dpa | Matthias Balk
Der FDP-Chef mit seiner neuen Freundin Franca Lehfeldt im Juli bei den Bayreuther Festspielen. Lindner und seine Frau Dagmar Rosenfeld – stellvertretende Chefredakteurin von „Welt“ – hatten sich getrennt.
Der FDP-Chef mit seiner neuen Freundin Franca Lehfeldt im Juli bei den Bayreuther Festspielen. Lindner und seine Frau Dagmar Rosenfeld – stellvertretende Chefredakteurin von „Welt“ – hatten sich getrennt. © REUTERS | STRINGER
Lindner und Lehfeldt kommen nach ihrer kirchlichen Trauung im Sommer 2022 aus der Kirche St. Severin auf Sylt. Die Hochzeit war ein großes Promi-Event, bei dem auch zahlreiche Politiker anwesend waren.
Lindner und Lehfeldt kommen nach ihrer kirchlichen Trauung im Sommer 2022 aus der Kirche St. Severin auf Sylt. Die Hochzeit war ein großes Promi-Event, bei dem auch zahlreiche Politiker anwesend waren. © dpa | Axel Heimken
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Im Bundestagswahlkampf störte es den Parteichef auch nicht, dass er sich mit manchen Forderungen in der Zuwanderungsdebatte dem Vorwurf aussetzte, nahe an die

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heranzurücken. Lindner seinerseits erklärte auf der Zielgeraden die AfD zu seinem Hauptgegner: Gebe es wieder eine große Koalition, sei hoffentlich die FDP die drittstärkste Kraft „und nicht die Typen von der AfD“.

Kubicki: Nicht den „Ausputzer“ machen

Nun stehen die Liberalen im Bund womöglich vor der Regierungsbeteiligung. Parteivize Wolfgang Kubicki kritisierte die Entscheidung der SPD, in die Opposition zu gehen. Seine Partei stehe deshalb aber nicht automatisch für eine Koalition zur Verfügung. Es sei keine Selbstverständlichkeit zu glauben, dass die FDP den „Ausputzer mache“, sagt Kubicki in der ARD.

Für die FDP als Partei wird es darauf ankommen, dass sie nicht den gleichen Fehler macht wie nach der Wahl 2009, als sie mit 14,6 Prozent das beste Resultat ihrer Geschichte eingefahren hatte.

FDP will nur bei "Trendwenden" mitregieren

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    Damals verspielten die siegestrunkenen Liberalen schnell einen Großteil dieses Kredits bei den Wählern – die Quittung kam mit den 4,8 Prozent bei der Wahl 2013.

    Christian Lindner hat diesen Absturz miterlebt, er war von 2009 bis 2011 Generalsekretär der Partei. Er setzte sich aber damals rechtzeitig von der Parteiführung ab, ging nach NRW und baute dort seine Machtbasis für den Bund.

    Kommt es zu einer schwarz-gelb-grünen „Jamaika“-Koalition in Berlin, muss Lindner beweisen, dass er mehr kann als Wahlkampf. Schicke Schwarz-Weiß-Fotos ersetzen auf Dauer nicht politische Substanz.