Berlin. Es gab eine Zeit, da sah es so aus, als könnte Martin Schulz Kanzler werden. Dann kamen drei Landtagswahlen. Und ein bisschen Pech.

Manchmal fühlt Martin Schulz sich wie Hiob. Jener Mann, den Gott im Alten Testament schwer auf die Probe stellt. Hiobs Herden werden geplündert. Seine Kinder sterben. Er selbst wird von Geschwüren geplagt. Aber Hiob bleibt standhaft. Am Ende wird er belohnt, weil er seinen Glauben nicht verleugnet. Das spricht Schulz aus der Seele.

Erst sechs Monate ist es her, da ist er noch nicht Hiob, sondern der Messias der SPD. „Gottkanzler“, so nennen ihn seine jungen Fans im Internet. Mit 100 Prozent wird er zum Vorsitzenden der ältesten deutschen Partei gewählt. Danach erlebt Schulz mit der SPD eine Niederlage, eine Heimsuchung nach der anderen.

Schulz wird wohl nicht Kanzler werden

Steht ihm an diesem Wahlabend die historisch größte noch bevor, wie die Umfragen vermuten lassen? Und wird es ihm seine SPD dann danken, wie der 61 Jahre alte Buchhändler aus Würselen selbst hofft, dass er so viele Rückschläge ertragen hat?

Die Karriere des Martin Schulz

Martin Schulz steht für das Projekt Europa. Das Foto zeigt Schulz, damals EU-Parlamentspräsident, an einem seiner größten Tage – mit der Medaille des Friedensnobelpreises, die 2012 die Europäische Union als Institution erhielt.
Martin Schulz steht für das Projekt Europa. Das Foto zeigt Schulz, damals EU-Parlamentspräsident, an einem seiner größten Tage – mit der Medaille des Friedensnobelpreises, die 2012 die Europäische Union als Institution erhielt. © REUTERS | REUTERS / NTB SCANPIX
Europa ist für den Mann aus Würselen bei Aachen ein Herzensanliegen.
Europa ist für den Mann aus Würselen bei Aachen ein Herzensanliegen. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Stephanie Lecocq
Das „Projekt Europa“ begleitet Schulz nun von Berlin aus.
Das „Projekt Europa“ begleitet Schulz nun von Berlin aus. © REUTERS | REUTERS / VINCENT KESSLER
2013 überreichte Martin Schulz der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai den Sacharow-Preis des EU-Parlaments.
2013 überreichte Martin Schulz der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai den Sacharow-Preis des EU-Parlaments. © REUTERS | REUTERS / VINCENT KESSLER
Zusammen mit dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (l.) bildete Martin Schulz jahrelang das Führungsduo der EU.
Zusammen mit dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (l.) bildete Martin Schulz jahrelang das Führungsduo der EU. © REUTERS | REUTERS / YVES HERMAN
2016 erhielt Martin Schulz bei der Publishers Night in Berlin die „Goldene Victoria“.
2016 erhielt Martin Schulz bei der Publishers Night in Berlin die „Goldene Victoria“. © imago/Agentur Baganz | imago stock&people
Der Brexit der Briten war ein harter Schlag für Schulz. Das Foto zeigt ihn im September 2016 bei einem Treffen mit der neuen britischen Premierministerin Theresa May in London.
Der Brexit der Briten war ein harter Schlag für Schulz. Das Foto zeigt ihn im September 2016 bei einem Treffen mit der neuen britischen Premierministerin Theresa May in London. © REUTERS | REUTERS / STEFAN WERMUTH
Im September 2015 empfing Schulz als EU-Parlamentspräsident den Dalai Lama in Straßburg.
Im September 2015 empfing Schulz als EU-Parlamentspräsident den Dalai Lama in Straßburg. © REUTERS | REUTERS / VINCENT KESSLER
Papst Franziskus kam im November 2014 für eine Rede vor dem EU-Parlament nach Straßburg – und wurde natürlich begrüßt vom damaligen Hausherrn Martin Schulz.
Papst Franziskus kam im November 2014 für eine Rede vor dem EU-Parlament nach Straßburg – und wurde natürlich begrüßt vom damaligen Hausherrn Martin Schulz. © Agenzia Romano Siciliani/EU | Patrick Hertzog
Im November 2016 kündigte die SPD Schulz’ Wechsel von Brüssel nach Berlin an.
Im November 2016 kündigte die SPD Schulz’ Wechsel von Brüssel nach Berlin an. © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
Das weckte in seiner Partei große Hoffnungen.
Das weckte in seiner Partei große Hoffnungen. © dpa | Kay Nietfeld
Nachdem Sigmar Gabriel seinen Rücktritt als SPD-Chef erklärt hatte, ...
Nachdem Sigmar Gabriel seinen Rücktritt als SPD-Chef erklärt hatte, ... © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
... ging Schulz ins Rennen als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2017.
... ging Schulz ins Rennen als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2017. © REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
Trotzdem konnte Schulz im Wahlkampf nicht entscheidend punkten – so wie beim TV-Duell mit Kanzlerin Angela Merkel am 3. September in Berlin.
Trotzdem konnte Schulz im Wahlkampf nicht entscheidend punkten – so wie beim TV-Duell mit Kanzlerin Angela Merkel am 3. September in Berlin. © dpa | Dpa
Die Hoffnungen der Partei wurden enttäuscht. Die SPD fuhr ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl ein.
Die Hoffnungen der Partei wurden enttäuscht. Die SPD fuhr ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl ein. © dpa | Wolfgang Kumm
Die Parteispitze verständigte sich darauf, mit dem unterlegenen SPD-Kanzlerkandidat Schulz als Parteichef in die Opposition zu gehen und nicht mit der Union über eine neue Koalition zu verhandeln.
Die Parteispitze verständigte sich darauf, mit dem unterlegenen SPD-Kanzlerkandidat Schulz als Parteichef in die Opposition zu gehen und nicht mit der Union über eine neue Koalition zu verhandeln. © dpa | Christian Charisius
Schulz hatte sich im Wahlkampf immer wieder zuversichtlich gezeigt. Die volle Unterstützung hatte er von Ehefrau Inge.
Schulz hatte sich im Wahlkampf immer wieder zuversichtlich gezeigt. Die volle Unterstützung hatte er von Ehefrau Inge. © Getty Images | Andreas Rentz
Schulz in ungewöhnlichem Outfit: Auf einem seiner Wahlkampftermine besichtigte Schulz in Eckernförde (Schleswig-Holstein) eine Fischräucherei – und musste deshalb einen Hygieneanzug tragen.
Schulz in ungewöhnlichem Outfit: Auf einem seiner Wahlkampftermine besichtigte Schulz in Eckernförde (Schleswig-Holstein) eine Fischräucherei – und musste deshalb einen Hygieneanzug tragen. © dpa | Carsten Rehder
2017 war er zur Bundestagswahl angetreten, um Bundeskanzler zu werden. Doch nach der Wahl und den Koalitionsverhandlungen stand fest: Schulz schaffte den Wandel nicht.
2017 war er zur Bundestagswahl angetreten, um Bundeskanzler zu werden. Doch nach der Wahl und den Koalitionsverhandlungen stand fest: Schulz schaffte den Wandel nicht. © dpa | Kay Nietfeld
Am 13. Februar verkündete Schulz seinen Rücktritt. Olaf Scholz folgte als kommissarischer SPD-Chef.
Am 13. Februar verkündete Schulz seinen Rücktritt. Olaf Scholz folgte als kommissarischer SPD-Chef. © Getty Images | Sean Gallup
Was Schulz blieb, waren Hohn und Spott – wie hier beim Düsseldorfer Rosenmontagszug.
Was Schulz blieb, waren Hohn und Spott – wie hier beim Düsseldorfer Rosenmontagszug. © dpa | Ina Fassbender
Kein SPD-Chef, kein Außenminister – Marin Schulz blieb nur der Abgang.
Kein SPD-Chef, kein Außenminister – Marin Schulz blieb nur der Abgang. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Und tschüss.
Und tschüss. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
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Schulz kann, falls auf den letzten Metern dieses Wahlkampfes kein Wunder passiert, aller Voraussicht nach nicht Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden. Gefühlt Tausend Mal hat er bei Reden und Auftritten das Gegenteil verkündet.

TV-Duell brachte die erhoffte Wende nicht

Natürlich wird er es bis zur letzten Veranstaltung weiter sagen. „Kann einer mit Bart, Glatze und Kassengestell, Klamotten von der Stange und ohne Abitur Kanzler werden? Ja, er kann.“ Als Peer Steinbrück vor vier Jahren den Stinkefinger zeigte, wussten die Wähler, er glaubt selbst nicht mehr daran. Das wird einem Schulz wohl nicht passieren.

Das TV-Duell gegen Angela Merkel Anfang September brachte die erhoffte Wende nicht. Was soll ein Herausforderer auch machen, dessen Partei so kurz vor der Wahl 15 Punkte hinter der Union herhechelt?

Schulz, der Kumpel

Die von Millionen Fernsehzuschauern unbemerkte Überraschung des TV-Duells war: Schulz behält 97 Minuten lang sein blaues Sakko an. Denn keiner zieht sich auf den Marktplätzen der Republik so gerne aus wie er. In Essen, Bochum, Bielefeld oder in Göttingen. Das Jackett muss weg. „Mann, is dat heiß hier“, sagt er dann in breitem Rheinländisch. Ist es ein Tick? Nein, ein Trick. Schulz, der Kumpel. Schulz, der Malocher. Schulz, der sein letztes Hemd für die SPD gibt.

Merkel und Schulz im Fernsehduell

Martin Schulz und Angela Merkel sind im einzigen TV-Duell im Bundestagswahlkampf aufeinandergetroffen. Vor dem Studio in Berlin-Adlershof hatten sich am Sonntagabend Anhänger der Politiker versammelt.
Martin Schulz und Angela Merkel sind im einzigen TV-Duell im Bundestagswahlkampf aufeinandergetroffen. Vor dem Studio in Berlin-Adlershof hatten sich am Sonntagabend Anhänger der Politiker versammelt. © dpa | Kay Nietfeld
„Martin macht’s“: Begeisterte SPD-Fans.
„Martin macht’s“: Begeisterte SPD-Fans. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Sogar Martin-Schulz-Pappmasken hatten seine Anhänger parat.
Sogar Martin-Schulz-Pappmasken hatten seine Anhänger parat. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Martin Schulz trug zum TV-Duell einen blauen Anzug mit passender Krawatte.
Martin Schulz trug zum TV-Duell einen blauen Anzug mit passender Krawatte. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
„Möge die Bessere gewinnen“: Anhänger von Kanzlerin Angela Merkel mit Plakaten.
„Möge die Bessere gewinnen“: Anhänger von Kanzlerin Angela Merkel mit Plakaten. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Bei so viel Einsatz gab es dann auch direkt ein Selfie mit Merkel.
Bei so viel Einsatz gab es dann auch direkt ein Selfie mit Merkel. © dpa | Michael Kappeler
Die Moderatoren des Abends: Peter Kloeppel (RTL), Maybrit Illner (ZDF), Claus Strunz (SAT.1) und Sandra Maischberger (ARD, v.l.).
Die Moderatoren des Abends: Peter Kloeppel (RTL), Maybrit Illner (ZDF), Claus Strunz (SAT.1) und Sandra Maischberger (ARD, v.l.). © dpa | -
Der Schlagabtausch zwischen Merkel und Schulz wurde live im ZDF, in der ARD, bei RTL und Sat.1 übertragen.
Der Schlagabtausch zwischen Merkel und Schulz wurde live im ZDF, in der ARD, bei RTL und Sat.1 übertragen. © dpa | Michael Kappeler
Erleichterung nach dem Duell: Angela Merkel umringt von Parteifreunden.
Erleichterung nach dem Duell: Angela Merkel umringt von Parteifreunden. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Auch Martin Schulz wirkte danach gelöst.
Auch Martin Schulz wirkte danach gelöst. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
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Anfang des Jahres funktioniert das noch. Er, der vermeintliche Underdog, der Mann ohne Abi, der frühere Alkoholiker, der seine Sucht vor 37 Jahren besiegte, tritt gegen die Dauerkanzlerin an. Emotion gegen Raute. Der glühende Europäer gegen die pragmatische „Madame No“.

Historisches Ergebnis beim Parteitag

Über 20.000 Bürger, ganz viele Jüngere, rennen der

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die Bude ein, holen sich ein Parteibuch, wollen mit Schulz für ein sozial gerechteres Land, für ein geeintes Europa streiten. Beim Parteitag im März bekommt er 100 Prozent. Historisch. Besser als Kurt Schumacher. Mehr als Brandt.

Heute sagt Schulz: „Mir war das richtig peinlich, „Gottkanzler“. Immer wieder habe ich meinen Leuten gesagt, wir müssen das irgendwie runterdimmen, das ist gefährlich.“ Im Rückblick wäre es besser gewesen, die 100 Prozent hätte es nie gegeben, ein paar hätten gegen ihn gestimmt. Sagt er. Echt? Damals wirkt er anders.

Niederlagen in drei Bundesländern

Ein Schulz denkt groß. Das hat er als populärer Präsident des Europaparlaments im Kreis der Mächtigen gelernt. Und liegt da Mitte März die mögliche Kanzlerschaft nicht vor ihm auf dem Silbertablett, und er muss nur noch zugreifen? Vergossene Milch, würde Franz Müntefering sagen.

Im Saarland wird der Messias aus Würselen nur acht Tage nach der Wahl an die SPD-Spitze aus dem Himmel gerissen. Dort regiert die

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. Aber es ist Oskars Land. Lafontaine würde Rot-Rot machen. Schulz sagt, er habe das nie öffentlich unterstützt. Er lässt es aber laufen. Seine Leute träumen vom 3:0 gegen Merkel. Im Mai wird auch in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen gewählt.

Dann war der Hype vorbei

Drei Sargnägel für die Kanzlerin? Schulz und die SPD irren gewaltig. Die Saarländer wollen kein Rot-Rot. „AKK“ gewinnt. Die beliebte Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Eine Merkel-Vertraute und loyale Unterstützerin in der Flüchtlingskrise.

Die Spitzenkandidaten und ihre Liebsten

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Mann Joachim Sauer bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele im Juli. Wir zeigen, mit wem die Spitzenkandidaten der Bundestagswahl ihr Leben teilen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Mann Joachim Sauer bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele im Juli. Wir zeigen, mit wem die Spitzenkandidaten der Bundestagswahl ihr Leben teilen. © dpa | Tobias Hase
Merkel lernte ihren Mann an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin kennen. Sie heirateten 1998. Der Quantenchemiker brachte zwei Söhne aus erster Ehe mit in die Partnerschaft. Das Paar hat keine gemeinsamen Kinder.
Merkel lernte ihren Mann an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin kennen. Sie heirateten 1998. Der Quantenchemiker brachte zwei Söhne aus erster Ehe mit in die Partnerschaft. Das Paar hat keine gemeinsamen Kinder. © Getty Images | Salvatore Laporta
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann – Spitzenkandidat der CSU – ist seit 1983 mit Gerswid Terheyden verheiratet. Beide lernten sich während des Studiums 1976 kennen. Das Paar hat drei gemeinsame Kinder.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann – Spitzenkandidat der CSU – ist seit 1983 mit Gerswid Terheyden verheiratet. Beide lernten sich während des Studiums 1976 kennen. Das Paar hat drei gemeinsame Kinder. © picture alliance / Ursula Düren/ | dpa Picture-Alliance / Ursula Düren
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) und die Frau an seiner Seite. Mit Ehefrau Inge, einer Landschaftsarchitektin, ist Schulz seit mehr als 30 Jahren verheiratet. Die beiden haben zwei erwachsene Kinder.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) und die Frau an seiner Seite. Mit Ehefrau Inge, einer Landschaftsarchitektin, ist Schulz seit mehr als 30 Jahren verheiratet. Die beiden haben zwei erwachsene Kinder. © picture alliance / | dpa Picture-Alliance / Henning Kaiser
Die Fraktionschefin und Spitzenkandidatin der Partei Die Linke, Sahra Wagenknecht, ist seit 2014 mit Saar-Fraktionschef Oskar Lafontaine verheiratet.
Die Fraktionschefin und Spitzenkandidatin der Partei Die Linke, Sahra Wagenknecht, ist seit 2014 mit Saar-Fraktionschef Oskar Lafontaine verheiratet. © picture alliance / Rolf Vennenbe | dpa Picture-Alliance / Rolf Vennenbernd
Das Paar hat keine Kinder und lebt im Saarland nahe der französischen Grenze.
Das Paar hat keine Kinder und lebt im Saarland nahe der französischen Grenze. © Getty Images | Thomas Lohnes
Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch und seine Frau Elke auf dem Bundespresseball im Jahr 2002. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder.
Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch und seine Frau Elke auf dem Bundespresseball im Jahr 2002. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Jens Kalaene
Der Mann an der Seite von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist Cem Özdemir – aber nur im Bundestagswahlkampf. Hier bilden die beiden das Spitzenduo von Bündnis 90/Die Grünen. Privat ist sie mit ...
Der Mann an der Seite von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist Cem Özdemir – aber nur im Bundestagswahlkampf. Hier bilden die beiden das Spitzenduo von Bündnis 90/Die Grünen. Privat ist sie mit ... © picture alliance / Rainer Jensen | dpa Picture-Alliance / Rainer Jensen
... Thies Gundlach liiert – dem Vizepräsidenten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Beide haben jeweils eine Ehe hinter sind.
... Thies Gundlach liiert – dem Vizepräsidenten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Beide haben jeweils eine Ehe hinter sind. © imago stock&people | imago stock&people
Cem Özdemir ist mit der aus Argentinien stammenden Journalistin Pia Maria Castro verheiratet. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder.
Cem Özdemir ist mit der aus Argentinien stammenden Journalistin Pia Maria Castro verheiratet. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder. © Getty Images | Thomas Niedermueller
Christian Lindner mit seiner Gattin Dagmar Rosenfeld beim Bundespresseball 2015 auf dem roten Teppich des Hotel Adlon in Berlin. Das Gesicht der FDP und die Journalistin (Chefredakteurin von WeltN24) sind seit 2009 liiert. Geheiratet wurde 2011.
Christian Lindner mit seiner Gattin Dagmar Rosenfeld beim Bundespresseball 2015 auf dem roten Teppich des Hotel Adlon in Berlin. Das Gesicht der FDP und die Journalistin (Chefredakteurin von WeltN24) sind seit 2009 liiert. Geheiratet wurde 2011. © Getty Images | Clemens Bilan
AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel lebt mit der Schweizer Film- und Fernsehproduzentin Sarah Bossard in einer eingetragenen Partnerschaft zusammen.
AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel lebt mit der Schweizer Film- und Fernsehproduzentin Sarah Bossard in einer eingetragenen Partnerschaft zusammen. © REUTERS | JOACHIM HERRMANN
AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland lebt mit seiner Lebensgefährtin, der Journalistin Carola Hein, in Potsdam.
AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland lebt mit seiner Lebensgefährtin, der Journalistin Carola Hein, in Potsdam. © dpa | Christoph Schmidt
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Schulz’ Parteifreund Torsten Albig, der Ministerpräsident in Kiel, vergeigt Anfang Mai mit einem Chauvi-Interview („Irgendwann entwickelte sich mein Leben schneller als ihres“) über die Trennung von seiner Frau die sicher geglaubte Wiederwahl. Dafür kann Schulz nichts. Aber seine Leute kommen auf die glorreiche Idee, den Kandidaten auf den letzten Drücker in eine Regionalbahn von Kiel nach Lübeck zu stecken. Schulz verkrampft.

An den Bahnsteigen stehen Rentner und Kinder. Sie winken, schwenken rote Fahnen. Schulz rührt sich nicht. „Martin, Du musst winken“, sagt ihm sein Sprecher, der schon Gabriel diente. Der Kandidat schaut mürrisch aus dem Fenster. Ein Foto dieser Momentaufnahme rauscht durch das Internet und die Medien. Alle können es sehen. Der Hype ist vorbei. Der Schulzzug rollt nicht mehr. Und es kommt für Martin Schulz noch dicker, eine Hiobsbotschaft folgt auf die nächste.

Der Wahlkampf ruht

Die Präsentation des mit vielen Ideen zu Steuern,

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, Bildung vollgestopften Wahlprogramms wird zu einer Slapstick-Nummer. Der Kanzlerkandidat fehlt bei der Pressekonferenz, ein Referent verhunzt beim Deckblatt den zentralen Slogan („Mehr Zeit für Gerechtigkeit“ statt „Zeit für mehr Gerechtigkeit“). In Schwerin zieht sich der krebskranke SPD-Regierungschef Erwin Sellering von einem Tag auf den anderen zurück. Ein Altkanzler stirbt.

Integration: Das will Martin Schulz als Kanzler wirklich ändern

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    Der Wahlkampf ruht, Genossen klagen intern über „Kohl-Festspiele“ in den Medien. In Hamburg arten die Krawalle beim G20-Gipfel aus, SPD-Mastermind und Bürgermeister Olaf Scholz gerät unter Druck: Schulz muss sich anhören, Sozis seien auf dem linken Auge blind.

    Und immer wieder neue Dramen

    In Niedersachsen setzt die VW-Affäre SPD-Spitzenmann Stephan Weil zu, kurz darauf verliert er seine rot-grüne Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag, weil eine Grüne zur CDU überläuft. Gerhard Schröder kündigt breitbeinig an, beim weltgrößten Ölkonzern Rosneft im Dunstkreis seines Freundes Wladimir Putin anheuern zu wollen. Aus Schulzens Sicht nimmt das Elend da biblische Ausmaße an. „Immer, wenn wir uns gerade berappelt haben, passiert irgendwas“, klagt er. „Die Leute fragen sich, ist das die Pechmarie?“

    Der „Pechmartin“ versucht, sich gegen die Rückschläge immun zu machen, die inneren Zweifel zu verdrängen. Schwierig, denn die Probleme sind oft auch hausgemacht, weil Strippenzieher überfordert sind oder der Kandidat seine Linie nicht halten mag.

    Schulz hat seine Emotionen nicht im Griff

    Doch für den Kampf hat er sich vorbereitet. Seinen Körper hat er gestählt, mit Power-Walking und Kalorien-Selbstdisziplin über zwölf Kilo abgespeckt. Seitdem darf seine Ehefrau Inge, eine kluge, PR-scheue Landschaftsarchitektin, die für die Medienwand im Willy-Brandt-Haus immerhin den erdbraunen Umbra-Farbton durch ein optimistisch wirkendes Blau ersetzen lässt, ihn nicht mehr wie in Brüssel liebevoll als „Klotz“ aufziehen. Schwerer als die Pfunde kann der Kandidat seine Emotionen bändigen.

    Schulz kann herzergreifend lustig sein, Promis parodieren, in Hotelfoyers Witze mit perfekter Pointe vortragen, Menschen nahe kommen. Auf Kritik reagiert er oft verletzlich und nachtragend. Journalisten steckten ihn in Schubladen, schrieben ihn als „Provinzfuzzi“ ab, seien bei der „Monarchin Merkel“ zu nachsichtig, beschwert er sich. Dann „koffert“ Schulz los. Im Willy-Brandt-Haus sei mit ihm ein verbindlicher, offener Geist eingezogen, loben Mitarbeiter. Siebeneinhalb Jahre herrschte dort ein Sigmar Gabriel.

    Sigmar Gabriel versetzt Schulz

    Apropos Gabriel. Vor nicht allzulanger Zeit verabredet sich der Vizekanzler mit Schulz in einem Café im Grunewald. Schulz kommt der Termin eigentlich ungelegen. Er muss zu einem wichtigen Sommerinterview ins Fernsehen. Er lässt sich dann aber breitschlagen und in den Grunewald fahren. Und wartet. Und wartet. Und wartet. Fanta und Kaffee werden gebracht. Kein Gabriel erscheint.

    Ein paar Wochen später in Salzgitter. Wahlkreis des Außenministers. VW-Land. Salzgitter sei ein wichtiger Ort für ihn und Gabriel, sagt Schulz in seiner Rede, „weil es der Platz ist, auf dem wir klarmachen können, dass es etwas in der Politik gibt, was viele bestreiten, was aber existiert – nämlich Freundschaft zwischen zwei Männern“. Große Worte.

    Es werden brutale Monate für Schulz

    Nach 18 Uhr wird sich zeigen, ob und wie es mit den „Freunden“ weitergeht. Rettet sich die SPD wieder in die große Koalition, könnte es genug Macht für beide geben. Aber in der Opposition? Schulz will an der Spitze bleiben. So oder so. Es waren brutale Monate für ihn.

    Merkel scheint wie 2005, 2009, 2013 auch 2017 für die SPD unschlagbar zu sein. Aber wie war das mit Hiob? Schulz will für seine Standfestigkeit belohnt werden. Wenn schon nicht mit dem Kanzleramt, dann mit der Solidarität seiner Genossen. Aber wo hört die auf, bei 21, 22, 23 oder 24 Prozent? (dpa)