Berlin. Für Juden ist es einer der höchsten Feiertage: Im September wird das Neujahrsfest Rosch Haschana gefeiert. Wir erklären, worum es geht.

Juden sprechen von einem „Tag der Erinnerung“ oder auch vom „Tag des Posaunenschalls“. Gemeint ist das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana, das Juden weltweit in diesem Jahr vom 18. bis zum 20. September begehen. Nach jüdischer Zeitrechnung beginnt mit dem Fest das Jahr 5781.

Das Fest, das an den Bund zwischen Gott und dem Volk Israel erinnern soll, wird an zwei Tagen gefeiert, auch in Israel, wo bei den übrigen Festen der zweite Tag entfällt. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit des Neujahrsfestes für die Juden.

Rosch Haschana und Jom Kippur wichtigste jüdische Feiertage

Das Neujahrsfest markiert den Beginn der „ehrfurchtsvollen Tage“, die erst mit dem Versöhnungsfest Jom Kippur zehn Tage später enden. Gemeinsam bilden Rosch Haschana und Jom Kippur die wichtigsten Feiertage der jüdischen Religion. An Rosch Haschana, was wörtlich übersetzt soviel heißt wie „Haupt des Jahres“, begehen die Juden den Anfang der Schöpfung durch Gott.

Die Gläubigen sollen Bilanz ziehen über ihr moralisches und religiöses Verhalten und sich zu guten Taten im neuen Jahr verpflichten. An das Fest schließen sich zehn Tage der Einkehr und Buße an, die an Jom Kippur enden.

In der Synagoge herrscht an Rosch Haschana Weiß vor

Rosch Haschana beginnt, wie alle hohen jüdischen Festtage, bereits am Vorabend. Die Menschen kommen in der festlich geschmückten Synagoge zusammen, um zu beten. Dort herrscht an diesem Tag meist die Farbe weiß vor – um die Erhabenheit des Tages zu betonen.

Als Höhepunkt des Neujahrsfestes gilt traditionell das Blasen des Schofar, eines Widderhorns, das die Gläubigen an ihre moralischen Pflichten erinnern soll.

Rosch Haschana: Honig Symbol der Hoffnung auf ein süßes, neues Jahr

Während der häuslichen Feier mit der Familie wird der Segen über Wein und Brot gesprochen. Das Brot wird dabei in Honig getaucht. Auch Apfelstücke werden als Symbol der Hoffnung auf ein gutes, süßes Jahr in Honig getaucht gegessen.

Die Brote für das Neujahrsfest sind nicht – wie sonst eigentlich üblich – länglich und „geflochten“, sondern man verwendet rund gewickelte Weißbrote. Damit soll der Jahreskreislauf symbolisiert werden. In den Nächten zünden die Frauen Kerzen an, wie es an allen jüdischen Feiertagen Brauch ist.

Corona-Pandemie schränkt Feierlichkeiten ein

Die Corona-Pandemie hat weltweit einen großen Einfluss auf Rosch Haschana. Die jüdische Gemeinde in Frankreich etwa hat die Gläubigen zum Neujahrsfest zur Vorsicht wegen ermahnt. Großrabbiner Haïm Korsia sagte am Freitag der Nachrichtenagentur AFP, für Synagogen und Kultfeiern seien sehr strenge Vorschriften für die Feier des jüdischen Neujahrsfestes erlassen worden. Zuvor war in Frankreich ein neuer Höchststand von fast 10.600 Neuinfektionen binnen 24 Stunden verzeichnet worden.

Dem Großrabbiner zufolge müssen alle Synagogen desinfiziert werden und den Gläubigen ist es verboten, Kultgegenstände oder Einrichtungsgegenstände anzufassen. Gemeindemitglieder wurden zudem aufgerufen, sich vorsorglich auf das neuartige Coronavirus testen zu lassen.

In Israel trat mit Beginn der Feierlichkeiten am Freitag ein dreiwöchiger Lockdown in Kraft. Er umfasst auch die anschließenden Feiertage Jom Kippur und Sukkot. Erstmals in ihrer Geschichte bleibt die Große Synagoge in Jerusalem zu Rosch Haschana geschlossen. Die Leitung der Synagoge kündigte am Mittwoch an, auf eine Regelung, nach der sich etwa 200 Gläubige in dem Gebäude hätten versammeln können, zu verzichten. Auch heilige Stätten des Islam in Jerusalem bleiben geschlossen. In den vergangenen zwei Wochen hatte Israel die höchste Infektionsrate weltweit verzeichnet.

Steinmeier gratuliert - und zeigt sich beschämt

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der jüdischen Gemeinde in Deutschland zum Neujahrsfest Grüße und gute Wünsche gesendet. In einer am Mittwoch verbreiteten sehr persönlichen Grußbotschaft schrieb der Bundespräsident, dem Neujahrsfest folgten „Tage der Einkehr, des Gebets und der Buße, die mit Jom Kippur, dem Versöhnungstag, enden“. Er wolle sich dem anschließen und „zurückblicken auf ein Jahr, das in vieler Hinsicht ein besonderes und leider kein gutes war“.

„Vor einem Jahr, an Jom Kippur, war ich in Leipzig, als mich die Nachricht von den Angriffen auf die Synagoge und den Imbiss in Halle erreichte. Mich erfüllt Scham und Zorn, wenn ich daran zurückdenke. Es beschämt mich, und es macht mich zornig, von Jahr zu Jahr in meinem Grußwort zu Rosch ha-Schana eine wachsende Zahl rechtsextremer und antisemitischer Straftaten in Deutschland verzeichnen zu müssen“, schreibt der Bundespräsident. „Und es ist mir zuwider, den Gedankenbrei antisemitischer Verschwörungstheoretiker zur Kenntnis nehmen zu müssen, den sie im Internet und auf Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen kundtun.“

Der Angriff auf die Synagoge in Halle stehe in einer langen Reihe antisemitischer, menschenfeindlicher Gewalttaten in Deutschland. „All dem gilt es mit Ehrlichkeit entgegenzutreten. Jüdinnen und Juden sind in diesem Land zu Hause. Sie leben hier als Bürgerinnen und Bürger, als Nachbarn, Arbeitskollegen, Schulkameraden oder Kommilitonen. Wir wollen, dass sie hier zu Hause sind, und wir wollen, dass sie sich hier zu Hause fühlen.“ Das werde aber erst der Fall sein, wenn sie sich hier sicher und aufgehoben wissen.

Steinmeier beendete seine Grußbotschaft mit den Worten: „Für unser Miteinander in Vielfalt, für den Schutz und die Stärke unserer Gemeinschaft will ich werben und uns ermutigen, aufeinander zuzugehen im neuen Jahr. Ich wünsche Ihnen allen ein glückliches, erfülltes und "süßes" neues Jahr! Shana tova u-metuka!“ (mit dpa)