Berlin. Die rechte Partei wird wohl in den Bundestag einziehen – und dort sicher Alltag ändern. Nur wo die AfD sitzt, das ist noch unklar.

Im „Politbarometer“ des ZDF vom vergangenen Freitag ist die AfD mit neun Prozent bewertet worden, im „Deutschlandtrend“ der ARD waren es sogar elf Prozent: Dass die Partei im nächsten Bundestag sitzen wird, gilt den führenden Meinungsforschern der Republik als sicher. Vielleicht wird sie dort sogar aus dem Stand die drittgrößte Kraft.

Für den Alltag im Parlament wird das Folgen haben: Die Abgeordneten der AfD werden überall ein Wort mitzureden haben – im Präsidium des Bundestags, aber auch in seinen Ausschüssen. „Wir müssen überlegen, wie wir mit einer Partei wie der AfD im nächsten Bundestag umgehen“, fordert die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht. Die Frage, die schon unmittelbar nach der Wahl zu klären sein wird, ist so banal wie symbolträchtig: Wo im Bundestag soll die AfD sitzen?

In der Mitte des Parlamentes soll die AfD nicht sitzen

Würde man sie vom Rednerpult aus betrachtet ganz rechts außen platzieren, dann säße sie unmittelbar vor den Plätzen der Bundesregierung. Ganz links würde sie der Linken den Platz streitig machen, die aber gerade wegen des symbolträchtigen Platzes dort bleiben will. In der Mitte des Bundestags, so sagt es SPD-Politikerin Lambrecht, sollte die AfD jedenfalls nicht sitzen. Die Begründung: „Ihre Abgeordneten kommen nicht aus der Mitte der Gesellschaft.“ Die Sitzordnung werde noch für Diskussionen sorgen.

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    Lambrecht ist die einzige der Parlamentarischen Geschäftsführer, die sich zum Umgang mit der AfD äußern mag. Aus der Union heißt es inoffiziell, der Ältestenrat des Bundestags werde sich zu gegebener Zeit mit solchen Verfahrensfragen befassen. Die Linken lassen ausrichten, dass sie erst einmal selbst drittstärkste Partei werden wollen, bevor man über irgendwelche Posten für die AfD diskutiere. Ähnlich äußerten sich die Grünen. Die Erfahrungen aus den Landesparlamenten, in denen die AfD bereits sitzt, zeigen, dass die Stimmung dort zum Teil aggressiver geworden ist. Viele Neu-Parlamentarier der rechten Partei versuchen dort die „Altparteien“, wie sie sagen, zu provozieren und suchen den Eklat.

    Geschäftsordnung des Bundestags auf AfD-Einzug vorbereitet

    Darauf stellen sich die Bundestagsabgeordneten ein. Schon weit vor der Bundestagswahl haben sie die Geschäftsordnung des Bundestags so geändert, dass nicht mehr der älteste Abgeordnete als Alterspräsident die erste Sitzung eröffnet. Das wäre sehr wahrscheinlich ein Mitglied der AfD gewesen. Jetzt muss es „das am längsten dem Bundestag angehörende Mitglied sein“. Dienstältester Abgeordneter ist uneinholbar Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der seit 45 Jahren dem Parlament angehört. Der CDU-Politiker, der kein Freund der AfD ist, hält selbst nicht sehr viel von dieser Art, politische Gegner auszubremsen.

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      Weitere Änderungen an der Geschäftsordnung gab es bislang nicht. Die Regel, dass jede Fraktion mindestens einen Bundestagsvizepräsidenten stellen wird, gilt deshalb weiterhin. So solle es auch bleiben, meint SPD-Geschäftsführerin Lambrecht. Das Wahlergebnis solle auch in der Zusammensetzung des Bundestagspräsidiums sichtbar sein. „Das bedeutet aber auch: Die AfD muss einen Kandidaten für den Posten des Vizepräsidenten benennen, der dieser Aufgabe gewachsen ist.“

      AfD-Politiker als Ausschuss-Vorsitzender wäre sehr umstritten

      Generell müsse auch für andere Positionen im Bundestag gelten: „Die AfD muss Personalvorschläge machen, die wählbar sind“, fordert Lambrecht. Die SPD habe kein Interesse daran, AfD-Politiker zu Opfern zu machen oder ihnen ihre Rechte zu versagen. Aber die neue Partei dürfe nicht davon ausgehen, „dass jede Person, die von der AfD im Bundestag für ein Amt zur Wahl gestellt wird, automatisch gewählt wird.“

      Der Hintergrund dieser Mahnung: Angeblich denken Mitglieder des Haushaltsausschusses darüber nach, keinen AfD-Politiker als Vorsitzenden zu akzeptieren. Seit Jahrzehnten ist es im Bundestag üblich, dass die größte Oppositionspartei diesen Posten besetzt; aktuell ist es Gesine Lötzsch von der Linken. Sollte die AfD drittstärkste Partei werden, was den Umfragen zufolge möglich ist, dann würde einer ihrer Abgeordneten den wichtigsten Ausschuss im Parlament leiten.

      „Es gibt Traditionen, die man überdenken kann“, sagt SPD-Politikerin Lambrecht dazu. Auch sie ist der Meinung, dass der Vorsitz dieses wichtigen Ausschusses nicht von jemandem ausgeübt werden kann, der völlig unerfahren mit den parlamentarischen Abläufen ist. Völlig ausschließen mag sie einen Vorsitzenden der AfD also nicht.