Berlin/New York. Ein Startup macht Wahlbetrug zum Geschäftsmodell: Nicht-Wähler sollen die Stimme Nicht-Wahlberechtigten überlassen. Oder ist es Satire?

Die Macher wissen selbst, dass es nicht legal ist: Die Seite VoteBuddy.de wirbt dafür, mit Stimmentausch eine „Win-Win-Situation für alle Beteiligten“ zu bieten. Nicht-Wähler sollen ihre Stimme abgeben für Menschen, die in Deutschland nicht wahlberechtigt sind. Es gibt bereits mindestens eine Anzeige wegen Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung.

Die Seite will sich nach eigenen Angaben mit den Erlösen aus Werbeeinblendungen und den Einnahmen aus einem Online-Shop finanzieren. Viele Nutzer rätseln, ob die Seite nicht vielleicht sogar ein Fake oder Satire ist. Dafür spricht einiges.

Auf einer Fragen-und-Antworten-Seite geben die Macher offen zu: „Nach deutschem Recht ist Stimmentausch illegal. Unser Geschäftssitz ist daher in New York und wir betreiben die Webseite auf Servern in den USA.“ Das Büro des Bundeswahlleiters bestätigt unserer Redaktion: „Das Angebot ist illegal, weil es zu illegalen Handlungen aufruft. Wir prüfen derzeit, wie wir juristisch gegen die Seite vorgehen können.“

Seite wurde am Samstag registriert

Weil es sich bei den Menschen, die nichtwahlberechtigt sind, fast ausschließlich um Menschen ohne deutschen Pass handelt, sorgt das Angebot in rechten Kreisen besonders für Empörung. Kritik an dem Angebot kommt aber von allen Seiten, obwohl die Seite offenbar erst seit Montag online ist. Registriert wurde sie am Samstag von einem Timo Meissner, der den Angaben zufolge in New York lebt. An der angegebenen Adresse bietet ein Unternehmen auch virtuelle Büros an – Briefkastenfirmen. Auf eine Bitte um einen Rückruf hat er sich bisher nicht gemeldet.

In dem Karrierenetzwerk LinkedIn gibt es eine in New York lebende Person mit diesem Namen, die angibt, zuvor bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gearbeitet zu haben. Eine entsprechende Bestätigung dafür war am Dienstagabend zunächst nicht zu bekommen. Auf der Seite ist die E-Mail-Adresse eines kostenlosen Anbieters besonders gesicherter Mails angegeben.

Ähnliche Seite bei US-Wahl war Kunstprojekt

Ein Jurist aus Osnabrück hat seinen Angaben zufolge am Dienstag bereits bei der Staatsanwaltschaft in Berlin Strafanzeige gestellt. Etliche Nutzer haben auch erklärt, den Bundeswahlleiter informiert zu haben. Das ist der Präsident des Statistischen Bundesamts.

Vielleicht ist es aber auch nur das Ziel der Macher, Wirbel und Aufregung zu verursachen. Bei den US-Präsidentschaftswahlen 2000 hatte es eine Seite Voteaction.com gegeben, die das Versprechen von Stimmenhandels machte und in Deutschland lag, weil Stimmenhandel in den USA verboten ist. Das FBI nahm die Ermittlungen auf, 14 US-Staaten drohten Klagen an – und es steckte nichts dahinter. Einer der Beteiligten sagte später in einem Interview: „Das Ganze war im Endeffekt ein absolut lächerliches Spiel mit ein paar Pixeln, die wir auf dem Screen arrangiert haben, so dass es so aussah, als ob jemand Wahlstimmen An- und Verkaufen würde.“

Angaben zu Fotos auf der Seite stimmen nicht

Auf VoteBuddy.de ist eine Registrierung möglich, wie ein Test unserer Redaktion bestätigt. Das bedeutet aber nicht, dass es auch tatsächlich zu einem Tausch kommen kann, bei dem ein Nicht-Wähler einem Nicht-Wahlberehctigten die Stimme überlässt.

Auf der Skandal-Seite stimmen zumindest die Angaben zu Fotos von Menschen nicht, die angeblich ihre Stimme abgeben wollen, aber nicht dürfen. Fotos von einer angeblichen Samira R. aus Hannover und einem angeblichen Ahmed S. aus Würzburg stammen offenbar von der Seite unsplash.com, auf der Fotografen Bilder zur freien Nutzung einstellen. Sie zeigen demnach Menschen aus London und Portugal.

Auch Anbieterin von Stimme mutmaßlich nicht echt

Das Foto einer angeblichen Franziska L. aus Frankfurt findet sich ebenfalls auf unsplash.com, eingestellt von einer Fotografin aus San Diego. Franziska L. wird dort zitiert mit dem Satz „Mit VoteBuddy sorge ich für ein faires und repräsentatives Ergebnis bei der Wahl.“ Das Foto am Kopf der Seite, in dem auch „Lars. N aus Berlin“ zu sehen ist, wurde von Pixabay.com heruntergeladen.

In einem auf Facebook verbreiteten Video kommen aber zumindest deutsch sprechende Nutzer zu Wort, die sich begeistert über VoteBuddy.de äußern. Auch das könnten aber Schauspieler sein, die Teil eines Meidenhacks sind, um künstlich Aufregung zu erzeugen.

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Auf der Seite selbst werden auch die Namen eingeblendet von Nutzern, die sich angeblich bereits registriert haben. Überprüfen lässt sich das nicht.