Berlin. Merkel appellierte an große Werte, Schulz verzettelte sich im Detail. So urteilt der Manager-Coach Stefan Wachtel über das TV-Duell.

Inhalte sind das eine , die Performance – also der Auftritt – ist das andere. Wer am Sonntagabend im TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Martin Schulz die bessere Performance hatte, darüber sprachen wir mit Dr. Stefan Wachtel, Senior Coach bei ExpertExecutive in Frankfurt. Wachtel berät unter anderem Top-Manager vor öffentlichen Auftritten.

Herr Wachtel, wer von beiden hat die knapp 100 Minuten für den besseren Auftritt genutzt?

Stefan Wachtel: Insgesamt hat Angela Merkel eindeutig die bessere Figur abgegeben. Da gibt es für mich keinen Zweifel.

Warum?

Wachtel: Merkel hat beispielsweise an die großen Werte appelliert, an unser Grundgesetz, an die Genfer Konvention. So etwas schafft Legitimation. Sie hatte sozusagen eine andere Flughöhe als Schulz. Sie hat außerdem zwei, drei Mal die Zuschauer direkt angesprochen. Persönlich reden – das beherrscht sie fantastisch. Das schafft Vertrautheit.

Und Schulz?

Dr. Stefan Wachtel.
Dr. Stefan Wachtel. © Guido Werner | Guido Werner

Wachtel: Er hat angegriffen, sicher, aber es fehlten ihm die Konfliktpunkte. Er hat sich außerdem mehrfach für etwas gerechtfertigt, das kommt nicht gut an, wirkt defensiv. Schulz hat die Punkte aufgegriffen, die ihm die Moderatoren hingeworfen haben und sich zu oft im Detail verzettelt. Ihm fehlten letztlich die eigenen Botschaften.

Wie beurteilen Sie die völlig unterschiedlichen Schlussworte der beiden Kontrahenten?

Wachtel: Sie waren typisch für die beiden Persönlichkeiten. Merkel hat sich an die Zuschauer gewandt, ihnen zu Schluss einen guten Abend gewünscht. Das ist die erwähnte persönliche Anrede an den Zuschauer. Sie stellt Nähe her.http://TV-Duell-_Das_sind_die_drei_wichtigsten_Szenen{esc#211809357}[video]

Martin Schulz nicht?

Wachtel: Überhaupt nicht. Seine 60-Sekunden-Geschichte mag stilistisch ein kleines, auf dem Papier ausgearbeitetes Kunstwerk sein, als Ansprache an die Menschen vor dem Fernsehern taugte sie überhaupt nicht. Das war verkopft statt emotional. Eine vertane Chance.