Magdeburg/Pirna. Ein Polizist schrieb in einer AfD-Gruppe, nach der „Machtübernahme“ müsse man unter Journalisten sieben. Das kann Folgen für ihn haben.

Das an die Öffentlichkeit gelangte Protokoll der WhatsApp-Gruppe der AfD Sachsen-Anhalt zieht Kreise: Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) prüft eine Beobachtung des Landesverbands durch den Verfassungsschutz. Die Bundespolizeidirektion in Pirna prüft unterdessen mögliche straf- und dienstrechtliche Konsequenzen wegen der Äußerungen zweier Bundespolizisten. Das sagte ein Sprecher unserer Redaktion. Einer der beiden hatten eine Säuberungsaktion unter Journalisten nach der „Machtübernahme“ gefordert.

Bei der Bundespolizei sind mehrere Hinweise auf die Äußerungen eingegangen. Dort werde nun die Identität der beiden Männer geprüft. Durch Juristen würden die Aussagen dann bewertet auf die möglichen dienst- und strafrechtlichen Folgen. Beide werden dazu angehört. Ihre Beiträge finden sich unter mehr als 8000 Nachrichten in einem Protokoll,

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. Ein AfD-Landtagsabgeordneter und der Parteivorsitzende André Poggenburg haben die Echtheit bestätigt, nachdem die Partei Montag zunächst nicht reagiert hatte.

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Beide Polizisten leicht zu identifizieren

Bei einem der Polizisten geht der Name direkt aus dem Chat-Verlauf hervor, er ist stellvertretender Vorsitzender eines Kreisverbands. Zum anderen finden sich ausreichende Hinweise, die eine Identifizierung leicht möglich machen: Er ist demnach eingesetzt gegen organisierte Kriminalität und Schwarzarbeit, sein Dienstsitz ist bekannt, sein Vorname und in welchem Kreisverband er eine Vorstandsfunktion hat ebenfalls. Er findet sich dort auch auf der Internetseite.

Diese vier Aussagen von AfD-Politikern sorgten für Wirbel

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    Dieser Polizist hatte in dem WhatsApp-Kanal geschrieben, „mit der Machtübernahme muss ein Gremium alle Journalisten und Redakteure überprüfen und sieben. Chefs sofort entlassen, volksfeindliche Medien verbieten. Anders geht es nicht.“ Ohne Medien bekomme man keine Macht. Das habe schon der „kleine Doktor“ – gemeint ist offenbar Hitlers Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels – gewusst, und selbst die „68er-Arschlöcher hätten das erkannt“.

    Innenminister: Verfassungsschutz soll Beobachtung prüfen

    Diese Reaktion hat in sozialen Netzwerken Fassungslosigkeit ausgelöst. Der AfD-Landesvorsitzende André Poggenburg, der ebenfalls in der WhatsApp-Gruppe kommentiert, hat erklärt, sich für die Äußerungen in der Gruppe nicht verantwortlich zu fühlen. Er nennt den Vorwurf „irreal“, keine korrigierende oder kritische Haltung eingenommen zu haben. Er sei nicht Betreiber oder Moderator, sei nur über einen Bruchteil des Inhaltes überhaupt informiert gewesen und habe „weder die Aufgabe noch das Recht, hier irgendwelche Meinungsäußerungen einzuschränken.“

    Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht erklärte zu den Dokumenten weiter: „Nach meinem ersten Eindruck habe ich das Gefühl, dass einige nicht mehr mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, sondern höchstens noch mit der Zehenspitze.“ Er habe den Verfassungsschutz gebeten zu prüfen, ob Anhaltspunkte vorliegen, die eine Beobachtung der AfD in Gänze oder in Teilen erforderlich machten.“

    Pretzell kritisiert Sachsen-Anhalt-AfD

    Der NRW-AfD-Landeschef Marcus Pretzell kritisierte auf Twitter: „Wenn das Spitzenteam da nicht endlich aufräumt, wird das passieren, was zwei Drittel der Partei in Köln nicht glauben wollten.“ Petry war dort mit dem Versuch gescheitert, per „Zukunftsantrag“ die AfD weg von einem fundamentaloppositionellen Flügel zu führen, der die bürgerliche Wähler verschrecke.

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    Der Polizist aus dem Bereich Organisierte Kriminalität hatte auch angeboten, im „Zusammenhalt! mit Waffen und ohne!“ zu unterrichten. Das Angebot war eine Antwort nach einem Beitrag eines anderen Nutzers, er sei schon lange im Widerstand, mache sich aber bislang klein und unauffällig. Er habe aber „schon lange keine Lust mehr, mich zu verstecken!“

    Poggenburg steht zu NPD-Spruch „Deutschland den Deutschen“

    Der andere in dem Protokoll auftauchende Polizist schrieb an anderer Stelle, er wolle privat den Waffenschein machen und rüste sich „mit hoffentlich noch vielen anderen“, weil er mit allem rechne. Er warnt ansonsten in dem Chat aber vor „missverständlichen Äußerungen“, appelliert an Einigkeit und hält sich selbst zurück. Er scherzt, unter Kanzler Poggenburg werde er Innenminister.

    Das sind die Gesichter der AfD

    Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt.
    Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt. © Getty Images | Volker Hartmann
    Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD.
    Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD. © Getty Images | Volker Hartmann
    Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei.
    Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei. © Getty Images | Volker Hartmann
    Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg.
    Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg. © dpa | Ralf Hirschberger
    Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen.
    Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen. © dpa | Martin Schutt
    Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien.
    Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien. © imago stock&people | Stefan Zeitz
    Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen.
    Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. © imago | Müller Stauffenberg
    Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt.
    Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. © Getty Images | Sascha Schuermann
    Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017.
    Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017. © dpa | Rolf Vennenbernd
    Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin.
    Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin. © dpa | Jens Büttner
    Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ...
    Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ... © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
    ... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen.
    ... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen. © dpa | Michael Kappeler
    Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus.
    Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus. © dpa | Federico Gambarini
    Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament.
    Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament. © Getty Images | Carsten Koall
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    Von Poggenburg selbst findet sich die Formulierung „Deutschland den Deutschen“, für die der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern seinen stellvertretenden Vorsitzenden abgemahnt hatte . In der Begründung hieß es, die Äußerung „Deutschland den Deutschen“ sei als gebräuchliche Kampfparole der NPD bekannt. Poggenburg erklärt, er stehe auch voll und ganz zu dieser Formulierung.

    Anzeige wegen Volksverhetzung gegen AfD-Landeschef

    Es sei „vollkommen unerheblich, wer diese Formulierung in welcher Zusammensetzung oder in welchem Kontext bereits vor mir verwandt hatte.“ Seine Erklärung: „Selbstverständlich sollte ein Land denen ,gehören’, die dort lange ansässig sind, die über Jahrzehnte oder sogar viele Generationen dort Wurzeln geschlagen und sich in den Staat eingebracht haben.“ Wenn sich „linke Ideologen, die scheinbar oft genug das Ziel vor Augen haben Deutschland abzuschaffen, provoziert fühlen“, nehme er das „liebend gern in Kauf“.

    Die SPD-Landtagsfraktion in Sachen-Anhalt hat Poggenburg unterdessen wegen des Verdachts der Volksverhetzung angezeigt. Dabei geht es aber um einen Tweet, den Poggenburg am Samstag zu der Demo „Nicht mit uns“ von Muslimen gegen Terror abgeschickt hatte: Der AfD-Landesvorsitzende hatte zur vergleichsweise geringen Beteiligung geschrieben: „Verwundert überhaupt nicht. Islam steht eben für Terror, Gewalt und Co., warum sollten Muslime dagegen demonstrieren?“ Mit so einer „pauschalen Diffamierung“ werde die Axt an die Grundlagen unserer freien und solidarischen Gesellschaft gelegt, so der SPD-Politiker Rüdiger Erben.

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