Berlin. Das Bildungsministerium finanziert mit 35 Millionen Euro Forschungsprojekte über Extremismus. Das soll Abwehr gegen Radikale stärken.

Omar Mateens Weg in den Dschihad führte nicht über Syrien oder den Irak. Der Attentäter, der 2016 in Florida in einem Homosexuellen-Club 49 Menschen erschoss, radikalisierte sich vor allem im Internet. Der Hass im Netz – von Dschihadisten oder Rechtsextremen – bereitet auch in Deutschland Polizisten und Sozialarbeitern Sorge. Der Kampf gegen Propaganda wird bisher nur mit geringem Erfolg geführt.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) will mit fast 35 Millionen Euro die Extremismusforschung fördern und damit auch Abwehrstrategien des Staates gegen Radikale und Terroristen stärken. Nach Informationen unserer Redaktion fließen 14,7 Millionen Euro in fünf verschiedene Projekte, die Organisation, Hetze, aber auch Rekrutierung von Extremisten im Netz untersuchen sollen.

Propaganda bei Jugendlichen

Mit weiteren 20 Millionen Euro bis 2022 unterstützt Wanka den Aufbau eines neuen Spitzenforschungsclusters, das Topwissenschaftler aus verschiedenen Fächern und an verschiedenen Hochschulen für die Forschung über Islamismus und Terrorismus zusammenbringen soll. Details zu dieser Zusammenarbeit nannte das Ministerium noch nicht. „Forschung trägt entscheidend dazu bei, Antworten auf Fragen der zivilen Sicherheit zu liefern“, sagte die Ministerin dieser Redaktion.

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    Mit den Projekten werde das Ministerium „Kompetenzen bündeln und Partner aus Wissenschaft und Praxis zusammenbringen“. In Zusammenarbeit mit der Universität in Mainz finanziert die Bundesregierung mit 2,7 Millionen Euro bis 2022 das Projekt „Dschihadismus im Internet“. Forscher untersuchen Dramaturgie und Formate von Radikalen und wollen verstehen, warum die Propaganda gerade bei Jugendlichen so gut wirkt. In dem mit 3,1 Millionen Euro geförderten Projekt X-Sonar wollen Wissenschaftler eine Software entwickeln, die extremistische Netzwerke im Internet erkennt und den Grad der Radikalisierung etwa von einzelnen Nutzern ermittelt.

    Maßnahmen gegen Extremismus

    In drei Projekten, die bereits angelaufen sind, ist die Polizei Partner, genauso aber auch politische Bildungseinrichtungen. So soll das Forschungsprojekt „RadigZ“ Polizisten, Lehrerinnen und Jugendlichen beim Kampf gegen Radikalisierung im Internet helfen. Die Wissenschaftler wollen eine Internetplattform aufbauen, die erklärt, welche Maßnahmen am besten gegen extreme Ideologien greifen. 3,9 Millionen Euro investiert das Bildungsministerium in das jetzt gestartete Projekt „Panda“, das Kriminalität im „Darknet“ untersucht.

    Für Extremisten gewinne das „dunkle Internet“, das man nur mit verschlüsselter Software erreicht, an Relevanz, heißt es in der Projektbeschreibung.

    Handwerk gegen Salafisten

    Seit 2007 fördert das Ministerium mit mehreren Hundert Millionen Euro Forschung für zivile Sicherheit. Dabei steht bisher etwa IT-Forschung für Flughafenkontrollen oder die Erkennung gefährlicher Krankheitserreger im Fokus. Und doch hatte die Bundesregierung in den vergangenen zwei Jahren die Mittel für die Extremismusprävention auf 115 Millionen Euro verdreifacht. Ab 2018 noch einmal 100 Millionen Euro speziell für den Kampf gegen religiös begründete Radikalität. Verantwortlich ist hier das Familienministerium in Kooperation mit dem Bundesinnenminister. Fachleute kritisieren, dass der Kampf gegen sogenannte Salafisten von der Regierung zu lange ignoriert wurde.

    Und nun, sagen manche Experten, würden Bund und Länder zwar Millionen Euro in Präventionsstrategien investieren, deren Wirkung werde jedoch zu wenig erforscht. Zwar hätten Lehrer, Polizistinnen oder Sozialarbeiter in Deutschland bereits viel Erfahrung und Lehrzeug in der Auseinandersetzung mit Neonazis. Strategien gegen Islamisten in Jugendclubs oder Klassenzimmern stünden jedoch immer noch am Anfang.