Berlin. Die SPD hat ihr Steuerkonzept vorgestellt und will so Bürger entlasten. Kritik an den Vorschlägen kommt auch aus den eigenen Reihen.

Kein Solidaritätszuschlag mehr für viele Steuerzahler, Entlastungen für kleinere Einkommen, dafür höhere Steuern für Besserverdiener: Das sind die Kernpunkte des SPD-Steuerkonzeptes für die Bundestagswahl. Insgesamt wollen die Sozialdemokraten eine Entlastung von mindestens 15 Milliarden Euro für die Bürger, zugleich sollen 30 Milliarden Euro in Investitionen fließen.

Das in den eigenen Reihen zuvor umkämpfte Steuerkonzept stellt SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz am Montag mit seinen Vizechefs Olaf Scholz und Thorsten Schäfer-Gümbel vor. Der Hamburger Scholz ist in der SPD als kühler Rechner geschätzt, der dem linken Parteiflügel zugehörige Schäfer-Gümbel leitet die Steuerarbeitsgruppe der Partei. Das Zeichen nach innen und außen: Die Genossen stehen geschlossen hinter dem Konzept, mit dem die SPD, die in den Umfragen derzeit deutlich schwächelt, wieder punkten will.

Soli soll für bestimmte Steuerzahler wegfallen

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    Kernstück des Entlastungsplans ist die schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags, zumindest für einen Teil der Steuerzahler: Der Aufschlag auf die Einkommen-, Kapital- und Körperschaftsteuer in Höhe von 5,5 Prozent wird 2019 für alle Bürger entfallen. Doch nach den SPD-Plänen soll er schon jetzt für alle Einkommen bis 52.000 Euro wegfallen (bei Ehepaaren 104.000 Euro). Den Soli für Besserverdiener will die SPD „stufenweise abschmelzen“. Scholz betont, es sei verfassungsrechtlich geboten, den Soli abzuschaffen – ihn über einen Zeitraum von zehn Jahren auslaufen zu lassen, wie die Union es wolle, sei sicher zu lang.

    Allein dieser Schritt soll die Steuerzahler um zehn Milliarden Euro entlasten – wobei die Wirkung unterschiedlich ist. Nach einer kürzlich vorgelegten Studie der Hans-Böckler-Stiftung muss ein Durchschnittsverdiener mit 50.000 Euro Jahresbrutto 500 Euro Soli zahlen. Ein Ehepaar ohne Kinder wird mit gleichem Verdienst noch mit 290 Euro Soli zur Kasse gebeten. Ein Ehepaar mit zwei Kindern muss bei 50.000 Jahresbrutto dagegen schon heute keinen Soli zahlen.

    Spitzensteuersatz soll erst später greifen

    Weiterhin soll nach den SPD-Plänen der sogenannte Spitzensteuersatz von 42 Prozent für Ledige erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 60.000 Euro greifen und nicht wie bisher bei rund 54.000 Euro. Um dies finanzieren zu können, soll der Spitzensteuersatz von derzeit 42 auf 45 Prozent angehoben werden, der dann ab 76.200 Euro zu versteuerndem Einkommen für einen Single greift. Auch soll die sogenannte Reichensteuer von drei Prozentpunkten auf den Spitzensteuersatz ab 250.000 Euro fix erhoben werden.

    Familien wollen die Sozialdemokraten besserstellen: Kita-Gebühren sollen schrittweise abgeschafft werden. Am Ehegattensplitting, schon lange von der SPD als Hindernis für die Berufstätigkeit von Frauen ausgemacht, soll für bestehende Paare nicht gerüttelt werden. Aber: Eingeführt werden soll ein Familientarif. Der Ehepartner mit dem höheren Einkommen kann danach einen Betrag von bis zu 20.000 Euro auf seinen Partner übertragen.

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      Jusos fordern weiterhin Vermögenssteuer

      Kanzlerkandidat Schulz ist zufrieden: „Wir haben solide gerechnet und versprechen nichts, was wir nicht halten können.“ Es sei die erste echte Steuerreform seit 2002. Auffällig: Die umstrittene Vermögensteuer taucht im Konzept nicht auf. Schäfer-Gümbel sagt für die Parteilinken, es sei wichtiger und leichter durchsetzbar, mehr Geld beim Vererben von Firmenvermögen zu kassieren. Die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann zeigt sich mit diesem Teil des Konzepts jedoch prompt unzufrieden: „Für uns ist die Vermögensteuer nicht vom Tisch“, sagt sie. Auf dem Parteitag am Sonntag wird der Konflikt sicher für einige Diskussionen sorgen.

      Scharfe Kritik aus der ganz anderen Richtung kommt von der Union: Die Pläne zur Steuererhöhung für höhere Einkommen sei ein „frontaler Angriff auf die vielen Leistungsträger im Mittelstand“, sagte Fraktionsvize Michael Fuchs unserer Redaktion. Dies sei das „genaue Gegenteil von dem, was unsere Bürger verdient haben“. Der Unions-Wirtschaftspolitiker plädierte zugleich für eine Entlastung, auch durch eine schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

      Bund der Steuerzahler sieht nun Union am Zug

      Der Bund der Steuerzahler nennt es zwar ein „gutes Signal, dass die SPD den Solidaritätszuschlag so schnell wie möglich abschaffen will“. Es sei allerdings ein Wermutstropfen, dass der Soli zunächst nur für einen Teil der Steuerzahler und nicht für alle auslaufen solle, sagt Verbandspräsident Reiner Holznagel unserer Redaktion. Aber zugleich wolle die SPD „eine Riesen-Umverteilungsmaschinerie schaffen, die das Steuersystem verschlimmbessert.“

      Holznagel verlangte nun von der Union ein Konzept: „Die Union ist sehr stark in der Pflicht, ambitionierte Ziele zu formulieren und konkret zu sagen, wer nach ihren Vorstellungen ab wann welche Steuern zahlen soll.“ Holznagel meint: „Wir warten also auf Herrn Schäuble.“ Dessen geplante Entlastung von 15 Milliarden Euro sei zu wenig.