Berlin. Der Verschleierungs-Verdacht im Fall Amri zieht immer weitere Kreise: Der Leiter des Berliner LKA muss nun wohl seinen Posten räumen.

Der Chef des Berliner Landeskriminalamtes, Christian Steiof, steht nach Informationen der „Berliner Morgenpost“ wegen des Vertuschungsskandals um einen gefälschten Bericht im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri unmittelbar vor seiner Ablösung.

Dies teilte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Donnerstag in einer internen Sitzung mit. Zuvor war bekannt geworden, dass ein Bericht des LKA zeitlich zurückdatiert und gefälscht worden sein soll. Ein Sprecher der Innenverwaltung dementierte hingegen den Bericht. „Bevor wir nicht wissen, wer für was verantwortlich war, werden wir keinen Kopf fordern“, sagte Sprecher Martin Pallgen.

Geisel kündigte eine rückhaltlose Aufklärung des Skandals an. „Das sind wir den Opfern, den Angehörigen und den Überlebenden schuldig“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. „Wir können kein Interesse daran haben, dass irgendetwas verschleiert wird“, so Geisel. „Wenn es Schwachstellen gibt, dann muss man sie benennen.“

Vermerk wurde zurückdatiert

Geisel zufolge gibt es Erkenntnisse, dass Amri vor dem Attentat am 19. Dezember 2016 wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels hätte festgenommen werden können. Dies gehe aus einem nun entdeckten Vermerk des Landeskriminalamtes vom November 2016 hervor. Im Januar 2017 – also nach dem Anschlag – sei dann ein zweiter Vermerk gefertigt und auf November zurückdatiert worden, in dem nur noch von „Kleinsthandel“ mit Drogen die Rede gewesen sei. Dies wäre kein Haftgrund gewesen.

Wie die „Welt“ berichtet, wurde der Vertuschungsversuch am selben Tag vorgenommen, an dem Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt ein Löschverbot für Informationen zu dem Fall angeordnet hatte. Das gehe aus einem Schreiben des Polizeipräsidenten an das LKA vor. Demnach sei „sicherzustellen, dass behördenweit bis auf weiteres keine Daten und Akten gelöscht bzw. vernichtet werden, welche mit dem Anschlag in Verbindung stehen oder stehen könnten“.

„Ein normaler Vorgang“

Das Schreiben ist auf den 17. Januar 2017 datiert. Der Vermerk soll vom 17. Januar auf den 1. November 2016 zurückdatiert worden sein.

Generalbundesanwalt vor dem vor Amri-Untersuchungsausschuss

weitere Videos

    Polizeisprecher Winfrid Wenzel sagte, das Schreiben von Kandt sei ein normaler Vorgang, um sicherzustellen, dass tatsächlich unter anderem aufgrund voller Postfächer keine Daten gelöscht werden. Das sei nach seinem jetzigen Wissensstand zufolge nicht geschehen. (BM)

    Dieser Bericht ist zuerst in der „Berliner Morgenpost“ erschienen