Berlin. Nach dem Flüchtlingsamt BAMF kommt wegen Soldat Franco A. die Bundeswehr stärker unter Druck: Es gab Alarmsignale zu seiner Gesinnung.

Das Doppelleben des Bundeswehrsoldaten und vermeintlichen Syrienflüchtlings Franco A. wirft mehr Fragen auf, als die Behörden beantworten können. Eine „völkische“ Masterarbeit des Soldaten dürfte die Verantwortlichen weiter in Bedrängnis bringen. Sie waren offenbar gewarnt.

Die Bundeswehr hatte nach „Spiegel“-Informationen entgegen bisheriger Angaben doch schon länger Hinweise auf fremdenfeindliche Einstellungen des festgenommenen Oberleutnants Franco A.. Der terrorverdächtige Soldat sei bereits 2014 während seines Studiums an der französischen Militäruniversität Saint-Cyr mit rechtem Gedankengut aufgefallen, meldet das Nachrichtenmagazin.

Terrorliste mit Berliner Politikerin darauf

Ende vergangener Woche habe sich ein Soldat aus eigenen Stücken bei seinen Vorgesetzten gemeldet. Er erinnerte sich, dass die französischen Professoren im Offizierslehrgang von Franco A. dessen Master-Arbeit 2014 als extremistisch eingestuft hatten. Der Soldat war vergangenen Mittwoch festgenommen worden. Er soll einen Terroranschlag geplant haben. Offenbar führte er auch eine Liste mit möglichen Zielen von Angriffen. Darauf stand nach ihren Angaben auch die Berliner Abgeordnete Anne Helm. Das teilte die Linken-Politikerin am Samstag auf Twitter mit. „Darüber hat mich das LKA gestern informiert“, schrieb Helm.

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Von der Existenz der Masterarbeit ist das Bundesverteidigungsministerium am Freitag informiert worden, hieß es von dort. Einen Entwurf der Arbeit habe das Ministerium am Samstag erhalten und sofort an den Militärischen Abschirmdienst MAD weitergeleitet. Auch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) sei informiert worden. Es ist unter anderem für den MAD zuständig.

Experte stellte „völkisches Denken“ fest

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte vor Bekanntwerden der Arbeit penible Untersuchungen angekündigt: „Wir klären rigoros auf, was geschehen ist und ziehen wo nötig harte Konsequenzen“, sagte sie laut Redetext bei einem CDU-Bezirksparteitag in Nord-Niedersachsen. Sie habe den Generalinspekteur der Bundeswehr angewiesen aufzuklären, ob es „Weiterungen im Umfeld des Beschuldigten gibt“.

Wie der „Spiegel“ unter Berufung auf die bisherigen Ermittlungen schreibt, fiel Franco A. an der französischen Elite-Universität mit seiner Arbeit auf. In dem Werk unter dem Titel „Politischer Wandel und Subversionsstrategie“ hatte er demnach völkische und teilweise rechtsextreme Meinungen wiederholt und sich nicht von entsprechenden Denkern oder Philosophen distanziert. Sie sei nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar, habe ein Professor festgestellt. Ein Bundeswehrwissenschaftler vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr habe die Arbeit damals ebenfalls gelesen. Er sei zu dem Fazit gelangt, der Text enthalte eindeutig „völkisches Denken“.

de Maizière lässt BAMF-Arbeit überprüfen

Trotz der beiden klaren Urteile sei dem Verdacht nicht weiter nachgegangen worden, weil sich Franco A. gegenüber seinem deutschen Vorgesetzten von der Arbeit distanziert und angegeben habe, das Papier unter Zeitdruck geschrieben zu haben, berichtet der „Spiegel“.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) versprach unterdessen eine Untersuchung zur Frage, wieso der deutsche Soldat als Flüchtling aus Syrien registriert wurde. „Zur lückenlosen Aufklärung des Falls habe ich eine Untersuchungsgruppe im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingerichtet, die sehr rasch Ergebnisse vorlegen soll“, stand am Samstag in einer Mitteilung des Ministeriums. Bereits am Freitag hatte die Bundesregierung Fehler eingeräumt.

Sicherheitsreferat wurde kürzlich verstärkt

Obwohl der Oberleutnant kein Arabisch spricht, hatte er sich als Flüchtling aus Syrien registrieren lassen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährte ihm nach einer Anhörung auf Französisch Ende 2016 eingeschränkten Schutz. Franco A. schweigt zu den Vorwürfen.

Die kritisierte Flüchtlingsbehörde hat nach einem Bericht der „Welt“ (Samstag) die Zahl der Mitarbeiter im Sicherheitsreferat deutlich aufgestockt. Etwa 40 zusätzliche Mitarbeiter seien zuletzt aus allen Bereichen des Amtes zusammengezogen worden. Das Sicherheitsreferat bearbeitet Meldungen von Entscheidern und Dolmetschern über auffällige Asylbewerber mit mutmaßlich falschen oder unklaren Herkunftsangaben.

Versteckte Pistole über 70 Jahre alt

Franco A. aus Offenbach war erstmals vor fast drei Monaten aufgefallen, weil er auf dem Flughafen Wien eine Pistole in einer Toilette versteckt hatte. Nach Informationen des „Spiegels“ soll es sich dabei um ein gut 70 Jahre altes Modell aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs handeln. Sie stamme aus der Produktionslinie „French Unique“. Heutzutage gelte die 7,65-Kaliber-Pistole eher als Sammlerobjekt.

Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt geht davon aus, dass mit der Waffe eine schwere staatsgefährdende Straftat geplant war. Zu möglichen Anschlagszielen äußerten sich die Ermittler bisher nicht. (dpa)