Düsseldorf. Die Staatsanwaltschaft will dem Islamisten Sven Lau Terrorunterstützung nachweisen. Ein Freund Laus konnte ihn jetzt kaum entlasten.
Am Oberlandesgericht Düsseldorf geht es in einem Prozess um die Frage, ob Sven Lau unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe Terrororganisationen unterstützt hat. Ein Zeuge, der selbst im Fokus der Ermittler steht, hat nun ausgesagt.
Der Verhandlungstag am Dienstag begann dabei mit einem Nicken. Als Pierre Vogel am Dienstag den Saal im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts betritt, grüßt er Sven Lau. Die beiden gelten als die bekanntesten deutschen Islamisten. Der 38-jährige Vogel, Ex-Profiboxer aus Bergheim, erscheint mit kahlgeschorenem Schädel und modischem dunklen Brillengestell erst, nachdem Fotografen und Kameraleute den Saal verlassen haben. Während seiner nicht einmal einstündigen Aussage wird Vogel seinen langjährigen Weggefährten Lau nicht belasten, ihn aber auch nicht entscheidend entlasten können.
Vogel ist überzeugt, dass Lau unschuldig ist
Vogel ist bemüht, die Gerüchte über eine deutlich abgekühlte Männerfreundschaft zu zerstreuen. Sven Lau sei sein „sehr enger Freund“, bekennt der 38-Jährige Bergheimer im Zeugenstand und nimmt gleich vorweg, was von seiner Aussage zu erwarten ist: „Ich bin überzeugt davon, dass Herr Lau unschuldig ist. Ich glaube, dass er ein sehr guter Mensch ist.“
Der Terrorprozess gegen Sven Lau, dem einstigen Feuerwehrmann aus Mönchengladbach, dauert bereits seit vergangenem September und 45 Verhandlungstagen. Lau ist wegen Unterstützung der syrischen Terrorgruppe Jamwa („Armee der Auswanderer und Helfer“) angeklagt.
Er kenne Lau bereits seit 14 Jahren, sagt Vogel – aus einer Moschee in Mönchengladbach, habe damals einen guten Eindruck von ihm und seinen Mitstreitern gewonnen: „Leute, die vernünftig und friedlich sind.“ So seien auch die Konflikte mit den Salafisten und ihrem Verein „Einladung zum Paradies“ in Mönchengladbach erst durch „Lügen“ eines Fernsehsenders geschürt worden. Vorher habe es zumindest keine Probleme gegeben.
Nach der Pilgerfahrt reisten Teilnehmer in Krisengebiete
An eine gemeinsame Pilgerfahrt 2013 nach Mekka habe er keine besondere Erinnerung, er sei aber dabei gewesen, sagt Vogel. Auf jener Fahrt soll Lau – so die Anklage – den Weg von Ismael I. in den Dschihad angebahnt haben. Besagten Ismael I. würde er wohl nicht wiedererkennen. Viele Pilgerfahrten wie diese habe er schon geleitet, sagt Vogel. Mit Gruppen zwischen 20 und bis zu 100 Pilgern. Das sei sein Beruf gewesen. Inzwischen arbeite er für eine Hilfsorganisation, bekomme „den Mindestlohn und inzwischen auch Stütze vom Staat“.
Auf Nachfragen des Gerichts räumt der 38-Jährige ein, noch mehr jener Islamisten, die später in den Reihen des Islamischen Staats und anderer Terrorgruppen auftauchten, persönlich zu kennen. Mit deren Weg in den Dschihad hätten Lau und er aber nichts zu tun – es ist die bekannte Verteidigungslinie.
Gesichter der deutschen Islamisten-Szene
Vogel grenzt sich von anderen Islamisten ab
So sei es zutreffend, dass der Islamist Konrad S. mit ihm und Lau nach Ägypten geflogen sei, sagte Vogel. Dass S. inzwischen Kommandeur des Islamischen Staats sei, wisse er aber nur aus den Medien. Lau habe ihm mitgeteilt, dass Konrad S. von Tschetschenen angesprochen worden sei zu einer Zeit, als Lau nicht in Ägypten gewesen sei.
Er kenne auch Marko K., der – wie er selbst – aus Bergheim komme. „Der ist mit uns nach Rotterdam gefahren“, sagte Vogel. Ob der einstige Messdiener K. als IS-Kämpfer, oder beim humanitären Hilfseinsatz gestorben sei, das wisse er aber nicht. „Ich weiß nur, dass er gestorben ist“, sagt Vogel, dann fällt ihm noch ein: „Der hat Videos im Internet gemacht, wo er Leichen beschimpft.“
Mit einer Frage hat Pierre Vogel nicht gerechnet
Es sei doch auffällig, dass Vogel und Lau während eines Islamisten-Prozesses in Stuttgart regelmäßig telefoniert und die Inhalte des Prozesses besprochen hätten, sagt der Vorsitzende Richter Frank Schreiber. „Wieso eigentlich?“
„Ich weiß nicht mehr genau, keine Ahnung“, sagt Vogel, der mit dieser Frage anscheinend nicht gerechnet hat. Dann schiebt er nach: „Wir gehen davon aus, dass die Szene mit V-Leuten durchsetzt ist, vielleicht deshalb. Wir hatten Angst, dass jemand gegen uns etwas erfindet, uns in die Falle lockt, Lügen erzählt.“
Vogel wird erneut aussagen müssen
Lau und Vogel waren jahrelang gemeinsam auf Kundgebungen vor ihre Anhänger getreten, in Video-Auftritten Seite an Seite aufgetaucht. Dass aus ihrem Umfeld reihenweise Islamisten ab- und in Syrien wieder auftauchen, ist dem Verfassungsschutz seit vielen Jahren bekannt.
Zumindest Lau glaubt die Bundesanwaltschaft nun nachweisen zu können, dass das kein Zufall ist. Dessen Terrorhilfe soll zum Teil unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe abgelaufen sein. Ob er auch an humanitärer Hilfe für Syrien beteiligt gewesen sei, will der Richter von Vogel wissen.
Er habe dazu aufgerufen, sagt Vogel. An der praktischen Umsetzung sei er aber nicht beteiligt gewesen. Islamprediger Vogel alias „Abu Hamza“ kann den Saal mit seinem Anwalt nach nicht einmal einer Stunde als freier Mann verlassen, muss aber am 3. Mai als Zeuge wiederkommen. Noch ist die Justiz nicht fertig mit ihm. (dpa)