Istanbul. Die Türken in Deutschland haben beim Referendum mehrheitlich für „Ja“ votiert. Die Zustimmung ist größer als in der Türkei selber.

In Deutschland hat Erdogans Präsidialsystem beim Referendum viel mehr Zustimmung erfahren als in der Türkei selber. 63,1 Prozent der in Deutschland lebenden Türken stimmten mit „Ja“, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu nach Auszählung fast aller Stimmen aus dem Ausland in der Nacht zum Montag meldete. In Österreich lag die Zustimmung mit 73,5 Prozent noch höher.

In den Niederlanden konnten die Unterstützer des Präsidialsystems 71 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. Auf den höchsten Wert in Europa kam Belgien mit 75,1 Prozent „Ja“-Stimmen. In der Schweiz blieb das „Ja“-Lager dagegen mit 38 Prozent klar in der Minderheit.

Türkei-Referendum: So kann Erdogan jetzt durchregieren

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    Türken stimmen für Präsidialsystem

    Am Sonntag stand die Türkei vor einer wegweisenden Entscheidung: für oder gegen ein Präsidialsystem, das Präsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleiht. Das Volk entschied zugunsten des Staatschefs.
    Am Sonntag stand die Türkei vor einer wegweisenden Entscheidung: für oder gegen ein Präsidialsystem, das Präsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verleiht. Das Volk entschied zugunsten des Staatschefs. © dpa | Dha - Depo Photos
    Seit Sonntagmorgen waren die Wahllokale geöffnet. Etwa 55,3 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Im Ausland waren zusätzlich 2,9 Millionen Türken zur Wahl zugelassen.
    Seit Sonntagmorgen waren die Wahllokale geöffnet. Etwa 55,3 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Im Ausland waren zusätzlich 2,9 Millionen Türken zur Wahl zugelassen. © dpa | Michael Kappeler
    „Evet“ (Ja) oder „Hayir“ (Nein) – Darüber haben die Türken per Wahlzettel abgestimmt.
    „Evet“ (Ja) oder „Hayir“ (Nein) – Darüber haben die Türken per Wahlzettel abgestimmt. © dpa | Michael Kappeler
    Ein Wähler gibt in einem Wahllokal in Diyarbakir seinen Fingerabdruck. Die Millionenstadt wird überwiegend von Kurden bewohnt.
    Ein Wähler gibt in einem Wahllokal in Diyarbakir seinen Fingerabdruck. Die Millionenstadt wird überwiegend von Kurden bewohnt. © dpa | Emre Tazegul
    Auch Präsident Erdogan hat in einem Wahllokal in seiner Heimatstadt Istanbul seine Stimme abgegeben.
    Auch Präsident Erdogan hat in einem Wahllokal in seiner Heimatstadt Istanbul seine Stimme abgegeben. © dpa | Lefteris Pitarakis
    Gemeinsam mit seiner Frau Emine und im Beisein seiner Enkelin Mahinur nahm der türkische Präsident an der Abstimmung teil.
    Gemeinsam mit seiner Frau Emine und im Beisein seiner Enkelin Mahinur nahm der türkische Präsident an der Abstimmung teil. © dpa | Lefteris Pitarakis
    Nach der Stimmabgabe wurde Präsident Erdogan von seinen Anhängern freudig in Empfang genommen.
    Nach der Stimmabgabe wurde Präsident Erdogan von seinen Anhängern freudig in Empfang genommen. © dpa
    Das Präsidialsystem, für dessen Einführung bei dem Verfassungs-Referendum eine knappe Mehrheit votierte, wird Erdogan deutlich mehr Macht verleihen. Die Opposition warnte zuvor vor einer Ein-Mann-Herrschaft.
    Das Präsidialsystem, für dessen Einführung bei dem Verfassungs-Referendum eine knappe Mehrheit votierte, wird Erdogan deutlich mehr Macht verleihen. Die Opposition warnte zuvor vor einer Ein-Mann-Herrschaft. © dpa | Michael Kappeler
    In Istanbul, Ankara und Izmir – den drei größten Städten des Landes – überwogen die „Nein“-Stimmen. Die türkische Opposition kritisierte Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung und kündigte Einspruch an.
    In Istanbul, Ankara und Izmir – den drei größten Städten des Landes – überwogen die „Nein“-Stimmen. Die türkische Opposition kritisierte Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung und kündigte Einspruch an. © dpa | Michael Kappeler
    Staatschef Erdogan ließ sich von seinen Anhängern feiern. Das Volk habe eine „historische Entscheidung“ getroffen und der Verfassungsänderung zugestimmt, sagte Erdogan am Sonntagabend in Istanbul.
    Staatschef Erdogan ließ sich von seinen Anhängern feiern. Das Volk habe eine „historische Entscheidung“ getroffen und der Verfassungsänderung zugestimmt, sagte Erdogan am Sonntagabend in Istanbul. © dpa | Lefteris Pitarakis
    Unterstützer des „Ja“-Lagers zeigten ihre Freude über das Wahlergebnis mit einem Autokorso in Istanbul.
    Unterstützer des „Ja“-Lagers zeigten ihre Freude über das Wahlergebnis mit einem Autokorso in Istanbul. © dpa | Emrah Gurel
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    Erdogan sagte vor begeisterten Anhängern in Istanbul, seine „erste Aufgabe“ werde sein, die Wiedereinführung der Todesstrafe auf die Tagesordnung zu setzen. © dpa | Emrah Gurel
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    Grünen-Chef Cem Özdemir forderte von den Deutsch-Türken ein klareres Bekenntnis zum Grundgesetz. „Die Auseinandersetzung um Herz und Verstand der Türkeistämmigen muss endlich aufgenommen werden“, sagte Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. „Künftig muss stärker darauf bestanden werden, dass auf Dauer in Deutschland Lebende nicht nur mit den Zehenspitzen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, sondern mit beiden Füßen.“ Das Wahlergebnis zeige „in einem Brennglas“ die Versäumnisse der Integrationspolitik.

    Fünf Prozent der Wahlberechtigten im Ausland

    Nach den Zahlen von Anadolu stimmten im Ausland insgesamt 59,2 Prozent der Wahlberechtigten mit „Ja“, im Inland waren es demnach 51,2 Prozent. Die Zahlen von Anadolu weichen leicht von denen der Wahlkommission ab. Insgesamt waren im Ausland rund 2,9 Millionen Wahlberechtigte registriert, rund die Hälfte davon in Deutschland. Auslandstürken machten etwa fünf Prozent aller Wahlberechtigten aus. (dpa)