Washington. Donald Trump bezeichnet den Angriff als „grundlegend für die nationale Sicherheit“. Dabei hatte er zuvor vor einem Eingreifen gewarnt.

Seezunge, grüne Bohnen, Karotten, Steak, Schokoladen-Kuchen und Früchte-Sorbet, dazu kühler Chardonnay aus Kalifornien. In Donald Trumps Florida-Domizil Mar-a-Largo waren die leer gegessenen Teller beim Staatsdinner zu Ehren des chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Donnerstagabend noch nicht abgeräumt, da war aus dem amerikanischen Präsidenten bereits der Commander-in-Chief geworden.

Gegen 20.45 Uhr US-Ortszeit stiegen von den im Mittelmeer stationierten Kriegsschiffen USS Porter und USS Ross 59 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk auf und schlugen wenige Minuten später auf der syrischen Luftwaffenbasis Al-Schairat nördlich von Damaskus ein.

Konsequenzen sind unabsehbar

Mit dem gezielten Luftschlag, den sich Trump kurzfristig von Verteidigungsminister Mattis und dem Nationalen Sicherheitsberater McMaster als Strafaktion für den Giftgasangriff in der Stadt Chan Scheichun ausarbeiten ließ, hat sich Amerika nach sechs Jahren Bürgerkrieg zum ersten Mal gegen das Militär des syrischen Präsidenten Baschar-al-Assad gestellt. Konsequenzen? Unabsehbar.

Um 21.40 Uhr trat Trump mit ernster Miene in einem Nebensaal seines Anwesens vor die Kamera. Um keine Fehler zu machen, las er seine dreiminütige Rede vom Teleprompter ab. O-Ton: „Am Dienstag hat der syrische Diktator Baschar al-Assad einen schrecklichen Angriff mit Chemiewaffen auf unschuldige Zivilisten verübt. Mit dem Einsatz eines tödlichen Nervengases erstickte Assad die Leben hilfloser Männer, Frauen und Kinder. Es war ein langsamer und brutaler Tod für so viele. Sogar wunderschöne Babys wurden bei dieser barbarischen Attacke grausam ermordet. Kein Kind Gottes sollte jemals solch einen Horror erleiden. Ich habe heute Abend einen gezielten Militärangriff auf den Flugplatz in Syrien angeordnet, von dem aus die Chemieattacke gestartet wurde.“

Von der Leyen und Schulz warnen vor militärischer Eskalation in Syrien

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    Damaskus bestreitet Vorwürfe vehement

    Trump bezeichnete den Angriff als „grundlegend für die nationale Sicherheit“ Amerikas. Es gehe darum, die Verbreitung tödlicher Chemiewaffen zu verhindern. Er forderte alle „zivilisierten Nationen“ auf, das Blutvergießen in Syrien zu stoppen. Näheres? Fehlanzeige. Es ist die Geste, die zählen soll. Wer eine Linie überschreitet, sagte Außenminister Rex Tillerson später, wisse nun, dass Trump anders als Vorgänger Obama „handelt“.

    Die Regierung in Damaskus bestritt die Vorwürfe vehement, sprach von einer „rücksichtslosen, unverantwortlichen und schändlichen Tat“ und kündigte an, noch unbarmherziger gegen die Opposition vorzugehen. Ähnlich äußerte sich Assads Schutzmacht Moskau. Um russische Opfer zu vermeiden, war der Kreml unmittelbar vor den Angriffen informiert worden. Genau wie mehrere ausländische Regierungen, darunter auch die deutsche.

    Aktion hatte sich angedeutet

    Nach syrischen Regierungsangaben starben bei den Raketenangriffen neun Menschen, darunter auch Zivilisten. Anders als das Pentagon behauptet, sollen sich die Schäden an der militärischen Infrastruktur von Treibstofftanks bis Landebahn in Grenzen halten. Durch einen Tipp Russlands, spekulierten US-Medien, seien Personal und Fluggerät rechtzeitig abgezogen worden.

    Die Militär-Aktion hatte sich angedeutet. Trump reagierte auf die Horrorbilder der Giftgasopfer im Kindesalter mehr als schockiert. „Es muss etwas passieren mit Assad“, hatte er noch im Anflug auf Mar-a-Largo gesagt.

    US-Militärschlag gegen syrische Armee

    Das US-Militär hat in der Nacht zu Freitag einen Luftwaffenstützpunkt der syrischen Armee angegriffen. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurden 59 „Tomahawk“-Raketen von zwei Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer abgefeuert. Die USA begründeten ihr Vorgehen als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien, bei dem am Dienstag mindestens 70 Menschen getötet wurden.
    Das US-Militär hat in der Nacht zu Freitag einen Luftwaffenstützpunkt der syrischen Armee angegriffen. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurden 59 „Tomahawk“-Raketen von zwei Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer abgefeuert. Die USA begründeten ihr Vorgehen als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien, bei dem am Dienstag mindestens 70 Menschen getötet wurden. © dpa | Robert S. Price
    Bei dem US-Angriff auf den Militärflugplatz in Syrien sind mehrere Menschen getötet worden. Es habe zudem Verletzte und großen materiellen Schaden gegeben, heißt es in einer Erklärung der Militärführung in Damaskus.
    Bei dem US-Angriff auf den Militärflugplatz in Syrien sind mehrere Menschen getötet worden. Es habe zudem Verletzte und großen materiellen Schaden gegeben, heißt es in einer Erklärung der Militärführung in Damaskus. © REUTERS | HANDOUT
    Trump sagte am späten Donnerstagabend (Ortszeit), er habe den Luftschlag angeordnet in einem Akt der Verteidigung nationaler Sicherheitsinteressen.
    Trump sagte am späten Donnerstagabend (Ortszeit), er habe den Luftschlag angeordnet in einem Akt der Verteidigung nationaler Sicherheitsinteressen. © dpa | Ford Williams
    Mit dem Giftgasangriff am Dienstag, bei dem zahlreiche Menschen getötet wurden, habe Syrien seine internationalen Verpflichtungen sowie UN-Resolutionen verletzt.
    Mit dem Giftgasangriff am Dienstag, bei dem zahlreiche Menschen getötet wurden, habe Syrien seine internationalen Verpflichtungen sowie UN-Resolutionen verletzt. © dpa | Ford Williams
    Die Satellitenaufnahme zeigt das al-Shayrat Flugfeld in Syrien. Der angegriffene Flugplatz in der Nähe des Ortes Al-Schairat ist nach staatlichen syrischen Angaben stark zerstört worden.
    Die Satellitenaufnahme zeigt das al-Shayrat Flugfeld in Syrien. Der angegriffene Flugplatz in der Nähe des Ortes Al-Schairat ist nach staatlichen syrischen Angaben stark zerstört worden. © dpa | ---
    Die „Tomahawk“ ist der bekannteste Marschflugkörper der USA. Die Waffe gibt es in verschiedenen Versionen mit Reichweiten bis zu 2.500 Kilometern. Sie sind auf Schiffen und U-Booten stationiert.
    Die „Tomahawk“ ist der bekannteste Marschflugkörper der USA. Die Waffe gibt es in verschiedenen Versionen mit Reichweiten bis zu 2.500 Kilometern. Sie sind auf Schiffen und U-Booten stationiert. © REUTERS | HANDOUT
    „Tomahawks“ wurden unter anderem im Golfkrieg 1991 und im Irakkrieg 2003 massiv eingesetzt.
    „Tomahawks“ wurden unter anderem im Golfkrieg 1991 und im Irakkrieg 2003 massiv eingesetzt. © dpa | Ford Williams
    Technische Daten und schematische Darstellung der Flugbahn eines Marschflugkörpers.
    Technische Daten und schematische Darstellung der Flugbahn eines Marschflugkörpers. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH
    Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat den US-Luftangriff verteidigt. „Es war kaum erträglich, mit ansehen zu müssen, dass der Weltsicherheitsrat nicht in der Lage war, klar und eindeutig auf den barbarischen Einsatz chemischer Waffen gegen unschuldige Menschen in Syrien zu reagieren“, erklärte Gabriel am Freitag am Rande seiner Mali-Reise in Bamako.
    Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat den US-Luftangriff verteidigt. „Es war kaum erträglich, mit ansehen zu müssen, dass der Weltsicherheitsrat nicht in der Lage war, klar und eindeutig auf den barbarischen Einsatz chemischer Waffen gegen unschuldige Menschen in Syrien zu reagieren“, erklärte Gabriel am Freitag am Rande seiner Mali-Reise in Bamako. © dpa | Robert S. Price
    Entscheidend sei jetzt aber, „zu gemeinsamen Friedensbemühungen unter dem Dach der UN zu kommen“, sagte Gabriel weiter. Es müsse eine politische Lösung des Konflikts geben. „Nur ein neues und demokratisches Syrien wird dauerhaften Frieden bringen.
    Entscheidend sei jetzt aber, „zu gemeinsamen Friedensbemühungen unter dem Dach der UN zu kommen“, sagte Gabriel weiter. Es müsse eine politische Lösung des Konflikts geben. „Nur ein neues und demokratisches Syrien wird dauerhaften Frieden bringen. © dpa | Ford Williams
    Dieses Videostandbild des von der syrischen Regierung kontrollierten Fernsehsenders „Syrian official TV“ zeigt beschädigte und ausgebrannte Flugzeughangars auf dem syrischen Luftwaffenstützpunkt al-Shayrat südöstlich der Stadt Homs.
    Dieses Videostandbild des von der syrischen Regierung kontrollierten Fernsehsenders „Syrian official TV“ zeigt beschädigte und ausgebrannte Flugzeughangars auf dem syrischen Luftwaffenstützpunkt al-Shayrat südöstlich der Stadt Homs. © dpa | ---
    Auch auf diesem Bild ist die Zerstörung durch den Angriff zu sehen.
    Auch auf diesem Bild ist die Zerstörung durch den Angriff zu sehen. © REUTERS | REUTERS TV
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    Die Gespräche mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping traten komplett in den Hintergrund. Dabei stand auch dort ein heikles Thema auf der Tagesordnung: die Frage der Eindämmung der atomaren Aktivitäten Nordkoreas. Wollte Trump mit seinem Angriff auf Syrien auch hier ein Warn-Signal geben?

    Breite Zustimmung im eigenen Land

    Alle Aufmerksamkeit richtet sich jetzt auf den vom militärische Zurückhaltung predigenden Nationalisten über Nacht zum Kriegsherrn gewordenen Geschäftsmann – und auf die Frage, ob es sich tatsächlich um ein „einmaliges Ausrufezeichen“ Trumps in Syrien gehandelt hat.

    18 Mal, hat das Time-Magazin nachgerechnet, hatte Donald Trump in den vergangenen Jahren über Twitter massiv vor einem Eingreifen der USA in Syrien gewarnt. Als 2013 über 1000 Syrer Opfer von Giftgasangriffen Assads geworden waren, wandte er sich an Obama: „Noch einmal, an unseren sehr dummen Anführer. Greifen Sie Syrien nicht an. Wenn Sie es tun, werden viele sehr schlimme Sachen passieren.“ Im Wahlkampf 2016 sagte er seiner Konkurrentin Hillary Clinton nach, sie riskiere durch eine Intervention im Bürgerkriegsland den dritten Weltkrieg. Jetzt ist Trump selbst zum „Weltpolizisten“ geworden, schreiben US-Zeitungen.

    Trotz breiter internationaler Zustimmung – nicht allen in Amerika gefällt das. Ultrarechte Internet-Medien mit großem Einfluss wie „Infowars“, die Trump bisher uneingeschränkt unterstützten und bei seinen Wählern großes Gehör finden, wenden sich bereits ab. Der Präsident, der sich als achtfacher Großvater offenbar über die ermordeten Babys in Syrien empört habe, sei nicht mehr als eine „Puppe der Neo-Konservativen“.

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