St. Petersburg. Große Trauer in St. Petersburg: Nach dem Anschlag hat sich die Zahl der Todesopfer erhöht. War es womöglich ein Selbstmordanschlag?

  • Nach dem Anschlag in St. Petersburg läuft die Suche nach den Tätern
  • Die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt wurden massiv hochgefahren
  • Die Stadtverwaltung St. Petersburg hat dreitägige Trauer ausgerufen

Nach der Explosion in der U-Bahn der russischen Millionenmetropole St. Petersburg am Montag hat sich die Zahl der Todesopfer nach Behördenangaben von elf auf 14 erhöht.

Der mutmaßliche Attentäter Akbarschon Dschalilow auf einem Überwachungsvideo, das vor dem Anschlag in der St. Petersburger Metro aufgezeichnet wurde.
Der mutmaßliche Attentäter Akbarschon Dschalilow auf einem Überwachungsvideo, das vor dem Anschlag in der St. Petersburger Metro aufgezeichnet wurde. © REUTERS | HANDOUT

Elf Menschen seien vor Ort gestorben, drei weitere später ihren Verletzungen erlegen, teilte Gesundheitsministerin Weronika Skworzowa am Dienstag der Agentur Tass zufolge mit. 49 Menschen wurden demnach am Dienstag noch in Krankenhäusern behandelt. Eine zweite deponierte Bombe war noch nicht detoniert, sie konnte rechtzeitig entschärft werden.

Die Suche nach den Tätern läuft inzwischen auf Hochtouren. Bei einem der Täter soll es sich nach Medienberichten um einen Mann aus Zentralasien handeln. „Es gibt eine Version, nach der die Bombe von einem Selbstmordattentäter getragen wurde“, sagte eine Quelle innerhalb der Sicherheitsbehörden der Agentur Interfax. Zunächst hatte es geheißen, dass der Anschlag nicht von einem Selbstmordattentäter verübt worden sei.

Täter soll aus Kirgistan stammen

Russische Ermittler haben inzwischen bestätigt, dass vermutlich ein Kirgise für die Tat verantwortlich ist. Die genetischen Spuren von Akbarschon Dschalilow seien auch auf einer Tasche gefunden worden, die am Bahnhof Ploschtschad Wosstanija abgestellt worden sei, erklärte die Ermittlungsbehörde am Dienstag. Demnach erhärtete sich der Verdacht auch mit Hilfe von Überwachungskameras.

Bereits der Geheimdienst der früheren Sowjetrepublik Kirgistan hatte am Dienstag Dschalilow als Verdächtigen genannt. Nach Medienberichten wurde er erst in diesem Jahr von einer islamistischen Organisation angeworben. Interfax beruft sich dabei auf eine nicht näher genannte Quelle

Nach dem Bombenanschlag sind die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt massiv verstärkt worden. Alle Zugänge zu den U-Bahnen würden zusätzlich bewacht, teilte der Metro-Betreiber mit. Zudem würden Busse und Straßenbahnen stärker überprüft. Auch in der Hauptstadt Moskau patrouillieren zahlreiche Polizisten an den Flughäfen, Bahnhöfen und in den Metro-Stationen.

Tote bei Anschlag in St. Petersburg

Bei einem Bombenanschlag in der U-Bahn der russischen Metropole St. Petersburg sind am 2. April mindestens elf Menschen getötet und Dutzende verletzt worden.
Bei einem Bombenanschlag in der U-Bahn der russischen Metropole St. Petersburg sind am 2. April mindestens elf Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. © dpa | Uncredited
Der Anschlag ereignete sich gegen 14.40 Uhr. In einem Waggon nahe der Station Sennaja Ploschad wurde laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax eine Splitterbombe gezündet.
Der Anschlag ereignete sich gegen 14.40 Uhr. In einem Waggon nahe der Station Sennaja Ploschad wurde laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax eine Splitterbombe gezündet. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | dpa Picture-Alliance / Russian Archives
Die U-Bahn im Zentrum der Stadt war zum Zeitpunkt der Explosion zwischen zwei Stationen unterwegs.
Die U-Bahn im Zentrum der Stadt war zum Zeitpunkt der Explosion zwischen zwei Stationen unterwegs. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | dpa Picture-Alliance / Xinhua
Der Sprengsatz habe sich ersten Erkenntnissen zufolge in einem Rucksack befunden. Zunächst hieß es, es habe zwei Detonationen in zwei Bahnhöfen gegeben.
Der Sprengsatz habe sich ersten Erkenntnissen zufolge in einem Rucksack befunden. Zunächst hieß es, es habe zwei Detonationen in zwei Bahnhöfen gegeben. © dpa | Peter Kovalev
Behördenquellen schätzten die Sprengkraft auf 200 bis 300 Gramm Dynamit. Der Sprengsatz sei mit Metallteilen versehen gewesen.
Behördenquellen schätzten die Sprengkraft auf 200 bis 300 Gramm Dynamit. Der Sprengsatz sei mit Metallteilen versehen gewesen. © REUTERS | ANTON VAGANOV
Ein weiterer Sprengsatz in einer anderen U-Bahnstation in St. Petersburg konnte nach Angaben der Sicherheitsbehörden entschärft werden.
Ein weiterer Sprengsatz in einer anderen U-Bahnstation in St. Petersburg konnte nach Angaben der Sicherheitsbehörden entschärft werden. © REUTERS | ANTON VAGANOV
Die Ermittler gehen mittlerweile von einem Selbstmordattentäter aus. Es soll sich nach Medienberichten um einen 23-Jährigen aus Zentralasien handeln. Er soll radikal-islamistische Verbindungen haben.
Die Ermittler gehen mittlerweile von einem Selbstmordattentäter aus. Es soll sich nach Medienberichten um einen 23-Jährigen aus Zentralasien handeln. Er soll radikal-islamistische Verbindungen haben. © picture alliance / AA | dpa Picture-Alliance / Sergey Mihailicenko
Genauere Rückschlüsse könnten erst nach einem DNA-Abgleich gezogen werden.
Genauere Rückschlüsse könnten erst nach einem DNA-Abgleich gezogen werden. © REUTERS | GRIGORY DUKOR
Die Suche nach den Tätern läuft aber weiter auf Hochtouren.
Die Suche nach den Tätern läuft aber weiter auf Hochtouren. © REUTERS | ANTON VAGANOV
Von den rund 50 Verletzten waren am Dienstag den Angaben zufolge noch mehrere in kritischem Zustand.
Von den rund 50 Verletzten waren am Dienstag den Angaben zufolge noch mehrere in kritischem Zustand. © REUTERS | STRINGER
Der örtliche Gouverneur Georgi Poltawtschenko mahnte zur Besonnenheit: „Ich appelliere an die Bürger von St. Petersburg und die Gäste der Stadt, im Lichte der Ereignisse wachsam und vorsichtig zu sein und sich verantwortlich zu verhalten.“
Der örtliche Gouverneur Georgi Poltawtschenko mahnte zur Besonnenheit: „Ich appelliere an die Bürger von St. Petersburg und die Gäste der Stadt, im Lichte der Ereignisse wachsam und vorsichtig zu sein und sich verantwortlich zu verhalten.“ © REUTERS | STRINGER
Die Sicherheitsvorkehrungen in St. Petersburg wurden nach dem Anschlag massiv verstärkt. Wenige Stunden nach dem Anschlag nahmen die U-Bahnen ihren Betrieb wieder auf. Die Metro Linie 2, in der sich der Anschlag ereilte, fährt jedoch nicht alle Stationen an.
Die Sicherheitsvorkehrungen in St. Petersburg wurden nach dem Anschlag massiv verstärkt. Wenige Stunden nach dem Anschlag nahmen die U-Bahnen ihren Betrieb wieder auf. Die Metro Linie 2, in der sich der Anschlag ereilte, fährt jedoch nicht alle Stationen an. © picture alliance / AA | dpa Picture-Alliance / Sergey Mihailicenko
Präsident Wladimir Putin zeigte sich bestürzt über die Ereignisse. Er legte am Montagabend rote Rosen am Eingang der Metrostation Technisches Institut ab.
Präsident Wladimir Putin zeigte sich bestürzt über die Ereignisse. Er legte am Montagabend rote Rosen am Eingang der Metrostation Technisches Institut ab. © REUTERS | GRIGORY DUKOR
Die Trauer ist nach dem Anschlag groß.
Die Trauer ist nach dem Anschlag groß. © dpa | Dmitri Lovetsky
Kanzlerin Angela Merkel hatte sich in einem Kondolenztelegramm an Putin über die Attacke entsetzt gezeigt.
Kanzlerin Angela Merkel hatte sich in einem Kondolenztelegramm an Putin über die Attacke entsetzt gezeigt. © REUTERS | STRINGER
Vor der Metro-Station Technisches Institut legten zahlreiche Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an.
Vor der Metro-Station Technisches Institut legten zahlreiche Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an. © dpa | Jussi Nukari
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Splitterbombe in Rucksack detonierte zwischen Stationen

Der Anschlag ereignete sich gegen 14.40 Uhr und damit außerhalb der Hauptverkehrszeit. In einem Waggon nahe der Station Sennaja Ploschad wurde laut Interfax eine Splitterbombe gezündet. Die U-Bahn im Zentrum der Stadt war zu dieser Zeit zwischen zwei Stationen unterwegs. Zunächst war von zwei Detonationen in zwei Bahnhöfen die Rede gewesen. Den vorläufigen Erkenntnissen zufolge habe sich der Sprengsatz in einem Rucksack befunden

Die staatliche Agentur Tass zitierte eine Quelle, nach der ein Mann und eine junge Frau aus Zentralasien in die Tat involviert sein könnten. Zunächst hatten die Sicherheitsbehörden nach einem Mann gefahndet, der auf Überwachungskameras zu sehen war. Dieser stellte sich aber dann der Polizei und gab an, nichts mit dem Attentat zu tun zu haben.

St. Petersburg ruft dreitägige Trauer aus

Der russische Präsident Wladimir Putin legte einen Strauß Blumen in der Nähe des Ortes eines Bombenanschlags ab.
Der russische Präsident Wladimir Putin legte einen Strauß Blumen in der Nähe des Ortes eines Bombenanschlags ab. © dpa | Mikhail Klimentyev

Präsident Wladimir Putin, der am Abend rote Rosen am Eingang der Metrostation Technisches Institut ablegte, sei über alle Entwicklungen informiert, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Theorie über einen Selbstmordattentäter kommentierte er nicht.

Die Stadtverwaltung von St. Petersburg rief eine dreitägige Trauer aus. Zahlreiche Menschen stellten vor den Zugängen der U-Bahn-Stationen und in Moskau in der Nähe der Kremlmauer Kerzen auf und legten Blumen für die Opfer nieder.

Präsident Putin hielt sich in der Stadt auf

Wenige Stunden nach dem Anschlag nahmen die U-Bahnen ihren Betrieb wieder auf. Die Metro der Linie 2, auf der es zu der Explosion kam, werde zunächst jedoch nur einige Stationen anfahren, teilte der U-Bahn-Betreiber der Agentur Interfax zufolge mit. Für weitere Ermittlungen bleibe auch eine zweite U-Bahn-Station gesperrt.

Putin war am Montag anlässlich einer Konferenz und eines Treffens mit dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in St. Petersburg, hielt sich aber nach Angaben seines Sprechers im Vorort Strelna auf.

Russland Ziel von Anschlägen militanter Tschetschenen

Russland war in der Vergangenheit mehrmals Ziel von Anschlägen militanter Tschetschenen. Diese konzentrierten sich bislang aber auf Moskau. 2002 kamen 120 Menschen ums Leben als die Polizei das Theater stürmte, in dem sie zuvor als Geiseln genommen worden waren. 2010 starben 38 Personen als zwei Selbstmordattentäterinnen Sprengsätze in der Metro der Hauptstadt zündeten.

Führer der Rebellen hatten wiederholt mit weiteren Attacken gedroht. Tschetschenen kämpfen auch an der Seite des Islamischen Staates (IS) in Syrien. Russland hat in dem Konflikt Präsident Baschar al-Assad militärisch unterstützt. Die Behörden haben daher vor allem Rückkehrer von dort im Auge.

Wie zahlreiche andere Staaten und Institutionen sprach auch die Bundesgierung ihr Beileid aus. „Unser Mitgefühl gilt allen Betroffenen und ihren Familien“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert per Twitter. (dpa/rtr)