Berlin. Jetzt ist der Wechsel offiziell: Die SPD hat mit Martin Schulz einen neuen Chef. Sein Vorgänger Gabriel wird ihn aber weiter begleiten.

  • Die SPD hat am Sonntag beim Sonderparteitag in Berlin ihren Parteivorsitzenden Gewählt
  • Martin Schulz erreichte das bestmögliche Ergebnis von 100 Prozent der gültigen Stimmen
  • Schulz’ Vorgänger Gabriel sprach sich deutlich gegen eine Neuauflage der Großen Koalition aus

Mit hundertprozentiger Unterstützung der SPD zieht Martin Schulz in den Bundestagswahlkampf gegen Kanzlerin Angela Merkel. Der 61-Jährige wurde am Sonntag auf einem Parteitag in Berlin einstimmig zum Nachfolger von Sigmar Gabriel als SPD-Chef und zum Kanzlerkandidaten gewählt. „Ich glaube, dass dieses Ergebnis der Auftakt zur Eroberung des Kanzleramtes ist“, sagte der 61-Jährige.

Schulz erhielt das beste Wahlergebnis eines SPD-Chefs der Nachkriegszeit. Bisher war Kurt Schumacher mit 99,71 Prozent im Jahr 1948 Rekordhalter. Alle 605 gültigen Stimmen wurden für Schulz abgegeben. Merkel war im Dezember mit nur 89,5 Prozent als CDU-Vorsitzende wiedergewählt worden. Auf Twitter freute sich der Kanzlerkandidat über das Ergebnis.

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Gerechtigkeit, Respekt und Würde

In seiner Bewerbungsrede hatte Schulz zuvor Gerechtigkeit, Respekt und Würde als Leitmotive für seinen Wahlkampf genannt. Er versprach vor rund 600 Parteitagsdelegierten und mehr als 2000 Gästen in Berlin mehr Lohngerechtigkeit, gebührenfreie Bildung von der Kita bis zum Studium, aber auch ein hartes Vorgehen gegen Alltagskriminalität.

Er bekräftigte den Anspruch der SPD, als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl am 24. September hervorzugehen, äußerte sich aber nicht zu Koalitionsoptionen. Die politischen Gegner rief er zu einer fairen Auseinandersetzung auf: „Mit mir wird es keine Herabwürdigung des politischen Wettbewerbs geben. Wenn andere einen anderen Weg wählen, wird es am Ende die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler sein, darüber ein Urteil zu fällen.“

Noch keine Details zum Wahlprogramm

Ein Wahlprogramm beschließt die SPD allerdings erst im Juni. Details verriet Schulz noch nicht und bat seine Partei um Vertrauen: „Nicht nur heute, sondern ab heute, solange ich dieses Amt ausübe“, sagte er.

Er verzichtete darauf, neue inhaltliche Akzente zu setzen. Die von ihm angekündigten

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des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder verteidigte er aber. Es gehe ihm dabei nicht um „Vergangenheitsbewältigung“, sondern um Weiterqualifizierung als Antwort auf den dramatischen Fachkräftemangel. Schröder blieb dem Parteitag wegen einer Auslandsreise fern.

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    Vor den von der Union in Aussicht gestellten Steuersenkungen warnte Schulz. Sie würden den Staat 35 Milliarden Euro kosten. „Das ist das Wahlgeschenk-Programm der CDU/CSU und das sind Milliarden, die für wichtige Zukunftsinvestitionen fehlen würden.“ Seine Konkurrentin Merkel erwähnte Schulz in seiner Rede nicht ein einziges Mal.

    Er wandte sich aber mit scharfen Worten gegen Rechtspopulisten. Die AfD bezeichnete er als „Schande für die Bundesrepublik“. US-Präsident Donald Trump warf er vor, das „Rad der Freiheit“ zurückzudrehen. „Wer die freie Berichterstattung als Lügenpresse bezeichnet, wer selektiv mit den Medien umgeht, legt die Axt an die Wurzeln der Demokratie – ob er Präsident der Vereinigten Staaten ist oder ob er in einer Pegida-Demonstration mitläuft.“

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      Schulz sagte, Gabriel werde im Wahlkampf eine wichtige Rolle für die Partei spielen. Dass der Vizekanzler seinen Ehrgeiz zurückgestellt und ihm Parteivorsitz und Kanzlerkandidat überlasse, „ist eine große menschliche Leistung“. (dpa)