Berlin. Beim Fleischkauf interessieren sich viele Kunden zusehends dafür, wie die Tiere gelebt haben. Der Bund plant deshalb ein neues Siegel.

Ein bisschen erinnert es an ein Trikot der deutschen Nationalelf. Auf dem weißen Grund des sechseckigen Logos prangt ein schwarzer Stern – nur symbolisiert er keinen Weltmeistertitel. „Mehr Tierwohl“ steht drüber. Und genau darauf kommt es Christian Schmidt auch an.

Pünktlich zum Jahresauftakt der Agrarbranche bei der Grünen Woche in Berlin stellt der Bundeslandwirtschaftsminister von der CSU am Donnerstagabend sein lange angekündigtes Tierwohl-Label für Fleisch im Supermarkt vor. Ein richtiger Startschuss ist es noch nicht. Aber nun sollen konkrete Vorarbeiten anlaufen. Kritiker machen schon mobil.

Was ist der Sinn des neuen Labels?

„Der Verbraucher soll verlässlich wissen, dass mit dem, was er bezahlt, ein höherer Tierwohl-Standard umgesetzt wird“, lautet Schmidts zentrale Maxime. Soll heißen: höher als die gesetzlichen Anforderungen, zum Beispiel mit mehr Platz oder Spielmaterial für Schweine in den Ställen.

Dabei soll das staatliche Siegel in die Breite des Marktes gehen und kein „Nischen-Luxus-Label“ bleiben. Dafür hat der Minister demonstrativ den Bauernverband, die Verbraucherzentralen und den Tierschutzbund ins Boot geholt. Noch sind aber viele Fragen offen, und die Bundestagswahl im Herbst naht.

Wie soll das Label funktionieren?

In die Ladentheken kommen dürfte das Label realistischerweise „im nächsten, übernächsten Jahr“, wie Schmidt auf dem Messegelände sagt. Den Anfang machen Schweinefleisch-Produkte, Geflügel soll folgen. Geplant sind eine erste Stufe mit einem Stern und eine zweite mit weitergehenden Tierwohl-Anforderungen. Nutzen können Anbieter das Logo freiwillig. Verankert werden soll es aber gesetzlich, auch Kontrollen gehören dazu. Die genauen Kriterien sind noch festzulegen.

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    Was können Verbraucher erwarten?

    Tatsächlich kleben Logos schon auf manchen Packungen. Auf breiter Front im Milliardenmarkt durchgesetzt und große Bekanntheit erlangt haben sie aber nicht. „Das heißt, dass immer der niedrigste Preis das ausschlaggebende Kaufkriterium ist“, analysiert Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands.

    Dabei sei besserer Tierschutz vielen Kunden mehr Geld wert – wenn auch nicht gleich die bei Fleisch deutlich teurere Biostufe. Daher sei ein staatliches Siegel wichtig, mit dem Anbieter auch nicht „wild durch die Gegend werben“ können.

    Gibt es nicht schon ähnliche Vorstöße?

    Verschiedene Initiativen für bessere Bedingungen in Ställen laufen schon. Darunter sind ein vom Ministerium unterstütztes Siegel des Tierschutzbunds und die „Initiative Tierwohl“ von Landwirtschaft und Handel. Dabei zahlen Supermarktketten in einen Fonds ein, aus dem freiwillig teilnehmende Landwirte Geld bekommen.

    Bauernpräsident Joachim Rukwied wirbt dafür, dieses Programm nicht zu gefährden, das schon 13 Millionen Schweine in bessere Haltung gebracht habe. Schmidt lässt durchblicken, dass er diese Substanz auch nutzen will.

    Welche Kritik wird schon laut?

    Tierschützern, Umweltverbänden und der Opposition reichen die Pläne bei weitem nicht aus. „Wenn der Minister das Leben der Tiere in den Ställen tatsächlich verbessern wollte, wäre die Kennzeichnung verbindlich“, kritisiert Grünen-Verbraucherexpertin Nicole Maisch.

    Nötig sei auch, das gesetzliche Niveau der Nutztierhaltung insgesamt anzuheben, mahnt der Tierschutzbund, der das Logo aber grundsätzlich unterstützt. Das routinemäßige Schwänze-Kürzen bei Ferkeln müsse ja nicht nur freiwillig und in „gelabelten“ Ställen ein Ende haben. (dpa)