Die Steuersünder-Daten, die die Regierung kaufen will, könnten einen größeren Geldsegen bringen als erwartet. Eventuell das Doppelte?

In der Affäre um deutsche Steuersünder in der Schweiz geht es einem Zeitungsbericht zufolge offenbar um wesentlich mehr Geld als bekannt. Bislang hieß es, dass die Datensammlung, die ein Informant den Behörden für 2,5 Millionen Euro angeboten hat, dem Fiskus 100 Millionen Euro einbringen könnte. Tatsächlich hätten die Anleger offenbar weit mehr Steuern hinterzogen als zunächst geschätzt, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Sie schreibt unter Berufung auf gut informierte Behördenkreise, es handle sich um einen der größten Komplexe von Steuerhinterziehung durch Deutsche überhaupt.

Hans Leyendecker, Journalist bei der „Süddeutschen Zeitung“, sagte in der ARD-Sendung "Hart aber fair", es gehe um ein Volumen von mehr als 200 Millionen Euro. Laut dem "SZ"-Bericht solle es sich auch um Steuerhinterziehungsfälle handeln, die schon mehrere Jahre zurückliegen. Ein Teil der dokumentierten Kontobewegungen solle aus dem Jahr 2008 stammen. Die Daten sollen die Züricher Bank Credit Suisse betreffen. Das Institut habe jedoch mitgeteilt, keine Kenntnis von einem Datenklau zu haben.

Wie das „Handelsblatt“ berichtete, bekommen die Wuppertaler Steuerfahnder noch heute grünes Licht für den Ankauf der Daten. Auch das nordrhein-westfälische Finanzministerium habe seine juristischen Prüfungen abgeschlossen, hieß es unter Berufung auf Finanzverwaltungskreise. Demnach würden sich die Steuerfahnder womöglich einer Strafvereitelung im Amt schuldig machen, wenn sie auf das Angebot einfach verzichten würden.

Aus Sorge durch die Daten überführt zu werden, zeigen sich immer mehr Steuersünder selbst an. In Niedersachsen waren es bereits fünf, wie die "Nordwest-Zeitung" unter Berufung auf die niedersächsischen Finanzämter berichtet. Dabei seien bisher nicht versteuerte Einnahmen von insgesamt 900.000 Euro angegeben worden, hieß es aus dem niedersächsischen Finanzministerium. Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) rät Bürgern mit Schweizer Geheimkonten zur Selbstanzeige. „Wer sich selbst anzeigt, kann straffrei ausgehen“, sagte er. Die Betroffenen müssten dann die hinterzogenen Steuern und die angefallenen Zinsen bezahlen.

Seitdem bekannt wurde, dass die Bundesregierung die Daten der deutschen Steuersünder kaufen will, ist das Verhältnis zur Schweiz angespannt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erwartet jedoch keine Eiszeit zwischen Deutschland und der Schweiz, wie er laut „Bild“-Zeitung sagte. Er gehe davon aus, dass Deutschland die Daten in Kürze zur Verfügung habe, wird der CDU-Politiker zitiert.

Die Schweiz gerät einem Zeitungsbericht zufolge aber unter massiven Druck der EU. Im EU-Parlament gebe es Pläne, den Zugang der Schweiz zum gemeinsamen Binnenmarkt zu beschränken, falls Bern in Steuerfragen nicht besser kooperiere, schreibt die „Neue Osnabrücker Zeitung“ unter Berufung auf den Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Klaus-Heiner Lehne (EVP). „Wir werden die mehr als hundert Abkommen zwischen der EU und der Schweiz darauf abklopfen, welche wirtschaftlichen Daumenschrauben die EU gegenüber Bern hat“, wird Lehne zitiert. Die EU könne ohne eine enge Kooperation mit der Schweiz leben, umgekehrt sei das sicher nicht so, warnte der EVP-Politiker.