Individualverkehr ist ineffektiv, aber nicht kleinzukriegen.

Der große Abendblatt-Test belegt, was viele längst zu wissen glaubten: In Großstädten wie Hamburg ist das Auto als Verkehrsmittel nur dritte Wahl. Wer mit dem Pkw in die City fährt, handelt nicht nur ökologisch weniger wertvoll, sondern verliert zumeist auch wertvolle Zeit - von den Nerven ganz zu schweigen. Wer dagegen mit Rad, Bus oder Bahn unterwegs ist, schont das Klima und ist schneller am Ziel.

So weit die Fakten, so weit alles klar. Weit schwieriger zu beantworten ist die Anschlussfrage: Warum setzen sich trotzdem so viele ans Steuer? Warum bleiben sie, auch nach der x-ten Stunde im Stau, der soundsovielten Baustelle, Demo, Messehallenschlange, so unverdrossen dem Individualverkehr treu? Oder, politisch gefragt: Warum steigt die Zahl gemeldeter Pkws in der Hansestadt bis heute an, obwohl die Politik, allen voran grüner Couleur, den Bürgern das City-Cruisen seit Jahren systematisch abzugewöhnen versucht?

Die Antwort lautet: Weil das Auto vielen von uns ungleich heiliger ist, als die Gesetzgeber wahrhaben wollen. Die Gründe fürs Wagen-Haben mögen von Fall zu Fall variieren - mancher braucht viel Stauraum fürs Kindergepäck, mancher fürchtet sich spätabends in der Bahn, mancher wartet einfach ungern im Regen an der Haltestelle. Gemeinsam ist allen die Treue zum Auto als bevorzugtem Alltagsvehikel persönlicher Freiheit. Man bestimmt selbst, wann man losfährt. Man stellt die Sitzheizung an, die Lieblingsmusik laut, nimmt den vielfach erprobten Schleichweg, kann munter überholen, hupen, sich abreagieren. Und nebenbei zeigt man sich und der Menschheit täglich, wie viel Geschmack, Geld und Geltungsdrang man hat.

Für den Senat birgt das die Erkenntnis, dass eine Verkehrspolitik, die das Autofahren einfach nur vergraulen will, gescheitert ist. Wenn selbst U-Bahnen im Minutentakt, Radwege und verengte Straßen allenthalben so wenig ausrichten, gilt es zu akzeptieren, dass die Regulierungswut, die wir Deutschen uns selbst so gern nachsagen, vor dem Auto haltmacht. Bei der Fortbewegung sind wir jedenfalls ganz liberal.

Also bitte, lieber Senator Frank Horch: Sorgen Sie dafür, dass öffentliche Verkehrsmittel noch attraktiver werden - etwa durch engere Taktung auch in Nebenzeiten oder effektivere Sicherheitsmaßnahmen -, ohne den Individualverkehr zu vernachlässigen. Auch Investitionen in flüssige Verkehrsführung sind sinnvoll. Grüne Wellen an Ausfallstraßen schonen die Umwelt viel besser als massenhaft stehender Mief.