Berlin. Geht es nach der SPD, kommt Hartz IV auf den Prüfstand. Während die Sozialdemokraten noch diskutieren, bleibt Jens Spahn hart.

Jens Spahn und die SPD haben eine große Gemeinsamkeit: Sowohl der CDU-Gesundheitsminister, als auch die sozialdemokratische Partei tun sich beim Thema Hartz IV schwer. Die SPD verschreckte mit der Reform ihre Wählerschaft. Und Spahn erntete Kritik, als er behauptete, Hartz IV bedeute nicht Armut.

Bei Anne Will trafen beide am Sonntagabend aufeinander. Spahn als er selbst – und die SPD in persona von Generalsekretär Lars Klingbeil. Mit Sahra Wagenknecht saß zudem eine Gegneerin von Hartz IV in der Runde. Es ging, na klar, um eine mögliche Reform der Reform.

Anne Will diskutiert über Hartz IV – das waren die Gäste:

  • Jens Spahn, Gesundheitsminister
  • Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär
  • Sahra Wagenknecht, Linke-Fraktionsvorsitzende
  • Simone Menne, Unternehmensberaterin und Ex-Lufthansa-Finanzchefin
  • Michael Bohmeyer, Unternehmer und Begründer von „Mein Grundeinkommen e.V.“

Das Thema von „Anne Will“

• „Arbeitswelt im Wandel - wie muss der Sozialstaat reformiert werden?“

Die SPD scheut den großen Wurf

Klingbeil machte deutlich, dass sich die Sozialdemokraten bei dem Thema nicht komplett mit ihrer Vergangenheit überwerfen werden. Ja, die

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, aber offenbar schonend: „Wir wollen fordern und fördern beibehalten“, sagte der Generalsekretär. Klar sei aber auch, dass vieles an dem System geändert werden müsse.

Doch was genau? Da blieb Klingbeil vage. Wer sich weiterbildet, soll beispielsweise länger ALG I beziehen. Beim

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soll mehr Flexibilität ins System gebracht werden. „Wenn man eine Leistung bekommt, muss man sich auch kooperativ zeigen“, forderte Klingbeil.

Allerdings solle stärker individuell abgewogen werden können, ob diese Kooperation wirklich vorliegt.

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Spahn bleibt auch bei „Anne Will“ Hardliner

Das klingt irgendwie nach Willkür, ist aber immerhin mehr, als Jens Spahn sich vorstellen mag. Der gab in der Runde wie schon in der Vergangenheit den Hartz-IV-Hardliner. „Es muss noch einen Sinn machen, arbeiten zu gehen“, forderte der CDU-Gesundheitsminister.

Daher sei es auch richtig, dass die, die könnten und nicht wollten, bestraft werden. Das sei man den Steuerzahlern schuldig.

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Etwas ändern will Spahn allenfalls in der Verwaltung. Die Bürokratie müsse schrumpfen, forderte er. Durchaus zum Nachteil der Bezieher: „Vielleicht braucht es nicht ins Kleinste Einzelfallgerechtigkeit“, regte Spahn an.

Wie überzeugend waren die beiden?

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil überzeugte bei Anne Will nicht wirklich.
Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil überzeugte bei Anne Will nicht wirklich. © imago/Jürgen Heinrich | Jürgen Heinrich

Nicht besonders. Was die SPD bisher an Reform fordert, stand schon in vielen Wahlprogrammen – oder entspricht zum Teil sogar der Praxis.

Klingbeil verkörperte in der Sendung die Zerrissenheit der Partei: Einerseits verwies er auf den Erfolg von Hartz IV, andererseits auf den eigenen Reformwillen – um dann nur Kleinigkeiten zu benennen. So wird man nicht die Umfragen drehen.

Und Spahn? Sein Appell an einen gehörigen Abstand zwischen Löhnen und Sozialleistung war nur auf den ersten Blick einleuchtend. Denn ist nicht der eigentliche Skandal, dass es Löhne gibt, die aufgestockt werden müssen? Die Lösung wäre einfach: Mindestlohn rauf.

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Er sagte, dass das System nicht mit Armut gleichzusetzen sei. Der Gesundheitsminister bewirbt sich neben

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gewählt.

Wagenknecht weist Spahn zurecht

Mit Sahra Wagenknecht saß in der Runde eine Gegenspielerin von Jens Spahn. Und die wies den Gesundheitsminister häufig zurecht. „Ich finde es wirklich unerträglich, wenn die Debatte immer wieder so geführt wird, Arbeitslose unter einen Generalverdacht zu stellen“, sagte sie in Richtung von Spahn.

Und weiter: „Es seien eigentlich potenzielle Faulpelze, die irgendwie auf der Couch sitzen und die man massiv unter Druck setzen muss, damit sie endlich nach Arbeit suchen.”

Die Linken-Politikerin sagte weiter, dass Hartz IV Leiharbeit fördere, weil Menschen dazu gezwungen werden, Jobs anzunehmen. Wagenknecht bezeichnet das als „Beihilfe zur Tarifflucht“. Sie fordert: „Deshalb muss dieses Hartz IV weg!”

Sahra Wagenknecht (Die Linke)
Sahra Wagenknecht (Die Linke) © dpa | Ralf Hirschberger

Das große Konzept

Doch es ginge vielleicht auch ganz anders. Der Startup-Gründer Michael Bohmeyer warb in der Runde für das Konzept des bedingungslosen

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: 1000 für jeden Bürger, ohne Wenn und Aber.

Das würde mehr Menschlichkeit in das System bringen, argumentierte Bohmeyer. Vor allem aber würde es den Menschen die Ängste nehmen – und die Gesellschaft damit einen.

Große Worte, doch wie soll das finanziert werden? Durch Umverteilung: „Es gibt viele unterschiedliche Modelle, das über die Steuer zu finanzieren“, sagte Bohmeyer.

Neben der

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– doch dagegen regt sich Widerstand.

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    Vielleicht etwas zu groß gedacht. Doch am Ende dieser guten Ausgabe von „Anne Will“ wurde deutlich: Es wird etwas Großes brauchen, um den Herausforderungen der Zukunft sozialpolitisch zu begegnen. Dazu wird es notwendig sein, Arbeit und Erwerbslosigkeit komplett anders zu denken.

    Konkret könnte das zum Beispiel bedeuten, dass man das, was Jens Spahn „Faulheit“ nennt, einfach akzeptiert. „Wir sollten den großen Schnitt machen und in Kauf nehmen, dass es dann Menschen gibt, die das System betrügen“, sagte in der Runde die Unternehmensberaterin Simone Menne.

    Sehen Sie die gesamte Sendung von „Anne Will“ in der Mediathek.