Berlin. Schon wieder eine große Koalition oder doch lieber Minderheitsregierung? Bei „Hart aber fair“ hatte Letztere durchaus Sympathisanten.

Nach dem Scheitern des Projekts Jamaika blicken plötzlich alle wieder auf die SPD. Wird sie doch noch einmal eine große Koalition eingehen? Sollte sie sogar? Oder wäre das tatsächlich der „Todesstoß“, wie die langjährige Juso-Vorsitzende

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es jüngst formulierte?

Bei „Hart aber fair“ war man sich naturgemäß uneins. Während sich der frühere Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Brüssel, Rolf-Dieter Krause, vehement gegen eine neue große Koalition aussprach, bildeten Sigmund Gottlieb, Ex-Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, Schauspieler und SPD-Sympathisant Ulrich Matthes sowie taz-Journalistin Bettina Gaus die Achse „Pro GroKo“.

Und die Parteivertreter selbst? SPD-Familienministerin Katarina Barley und CDU-Staatssekretär Jens Spahn zeigten durchaus

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Das spricht gegen die große Koalition

Laut Krause drei Dinge. Erstens: der Wählerwille. „Die SPD hat kein Ergebnis eingefahren, das einen Regierungsauftrag rechtfertigt.“ Zweitens: der Kampf gegen die AfD. „Dass man der AfD nicht die stärkste Rolle in der Opposition überlassen will, halte ich für eine geradezu staatstragende Aufgabe.“ Drittens: das eigene Interesse der Partei. „Die SPD hat sich in den letzten Jahren wahrlich staatstragend genug verhalten und hat dafür von den Wählern jedes Mal eine Klatsche bekommen.“ Wenn sie nicht auf 15 Prozent fallen wolle, solle sie die Finger von einer großen Koalition lassen.

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    Das spricht für die große Koalition

    Für Schauspieler Matthes der Mangel an Alternativen. Diese seien: „Entweder eine Minderheitsregierung, daran kann ich gar nicht glauben, oder Neuwahlen. Und da ist die Gefahr groß, dass die SPD noch mehr abkackt.“ Auch Ex-BR-Chefredakteur Gottlieb fand: „Die SPD muss jetzt aus ihrem Gärtchen der Opposition, in dem sie Muskelaufbau betreiben wollte, raus und Verantwortung übernehmen.“

    Aber würde es inhaltlich überhaupt passen?

    Moderator Frank Plasberg konfrontierte CDU-Politiker Spahn mit einigen SPD-Vorschlägen der vergangenen Tage: höherer Mindestlohn, Bürgerversicherung, Solidarrente. Spahn wollte das aber nicht als Gegenargumente gegen eine mögliche Neuauflage der großen Koalition gelten lassen.

    „Das größte Thema, das die Menschen beschäftigt, ist nun wirklich nicht die Bürgerversicherung“, sagte er. Vielmehr seien das Migration, Integration und ein funktionierender Rechtsstaat. Da müsse man Vertrauen zurückgewinnen. „Mir hat dieses Wahlergebnis vom 24. September, das die Statik im Bundestag verändert hat, ein bisschen mehr gesagt, als ‘Wir brauchen jetzt die Bürgerversicherung’.“

    „Aber genau das ist doch das Ergebnis der großen Koalition! Dass die politischen Ränder gestärkt wurden“, entgegnete Krause. „Was bitte ist daran fortsetzungswert? Gar nichts!“ Und überhaupt: Es gäbe ja auch noch einen „fantasievolleren Weg.“

    Eine Minderheitsregierung. Wäre die wirklich so schlimm?

    Ja, fand Matthes: „Ein Land wie Deutschland ist aufgrund seiner zentralen Position in Europa zu bedeutend, als dass es von Entscheidung zu Entscheidung sich immer wieder neue Mehrheiten suchen könnte.“

    Krause hingegen wurde bei der Vorstellung geradezu euphorisch: „Was wäre das für eine Aufwertung des Bundestages, wenn das Parlament endlich mal die Regierung richtig kontrollieren könnte?!“ Außerdem würde sich die SPD in den großen Fragen der Außenpolitik doch sicher unterstützend zeigen.

    Diese Möglichkeit sah auch SPD-Ministerin Barley. Man könnte schließlich für Bereiche wie Europa und Außenpolitik feste Absprachen tätigen und sich in anderen Belangen eben wechselnde Mehrheiten suchen. „Das Problem, das ich dabei sehe“, so Barley weiter, „ist nur: Merkel müsste führen. Sie müsste endlich mal sagen, was sie will.“

    Spahn sprang pflichtschuldig ein: „Also wenn jemand ein Garant für Stabilität und Verantwortungübernehmen ist, dann ja wohl Angela Merkel!“ Und im Übrigen sei der Union gar nicht bange davor, dass die SPD sich einer großen Koalition verweigern könnte. „Die Verantwortung übernehmen wir notfalls auch alleine.“

    Die aktuelle Ausgabe von „Hart aber fair“ gibt es in der ARD-Mediathek.