Berlin. Anne Will ließ die Einigung der Union beim Thema Obergrenze diskutieren. Dabei wurden ein Sieger und eine bedrückende These benannt.

In der Union wird seit der Bundestagswahl erneut um den grundsätzlichen Kurs gerungen. Angela Merkel ist angeschlagen. Die noch schwerer getroffene CSU sieht in der Politik der Kanzlerin die Ursache für das schlechte Wahlergebnis – und wähnt eine Chance, konservative Ideen wieder stärker in der Union zu verankern. Am Sonntag einigten sich die Parteispitzen vor diesem Hintergrund darauf,

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Anne Will nahm das zum Anlass, um über die zukünftige Ausrichtung der Union diskutieren zu lassen. Kommt jetzt der Rechtsruck der beiden Schwesterparteien? Und wer hat den Obergrenzen-Streit gewonnen?

Friedrich sieht die CSU als Sieger

Unter den Gästen entbrannte zunächst ein Kampf um die Deutungshoheit, der sich um letztere Frage drehte. Hans-Peter Friedrich sah die CSU als Sieger. „Wir haben gezeigt, dass wir unsere Forderungen durchsetzen können“, sagte der CSU-Politiker. Annegret Kramp-Karrenbauer betonte dagegen, dass es sich um ein flexible Zahl handle. „Wir brauchen ein atmendes System, das auf internationale Krisen und nationale Probleme reagieren kann“, sagte die CDU-Ministerpräsidentin des Saarlandes.

Unionsparteien legen Streit um Obergrenze bei

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    Die treffendste Analyse zu der Übereinkunft hatte aber Katarina Barley parat. Den Versuch, eine Obergrenze festzulegen, ohne sie auch offiziell so zu benennen, bezeichnete die derzeitige SPD-Familienministerin als unmöglich. „Da muss jeder ein blaues Auge davon tragen.“

    Auf dem Weg nach rechts?

    Doch was folgt daraus? Rückt die Union jetzt also nach rechts? Kramp-Karrenbauer, die eher zum linken Flügel der CDU zu zählen ist, wollte davon nichts wissen. „Die CDU muss nicht die rechte Flanke bedienen, sondern sich breit in der Mitte aufstellen“, forderte sie. Allerdings sei auch klar, dass man nach einer solchen Bundestagswahl nicht einfach zur Tagesordnung übergehen könne.

    „Wir haben den konservativen Flügel vernachlässigt“, sagte dagegen CSU-Mann Friedrich. In der Vergangenheit habe jeder eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen gefordert. „Trotzdem regt sich jeder auf, wenn wir mit 200.000 einen konkreten Vorschlag machen.“

    Eine bedrückende These

    Nicht von der Hand zuweisen ist jedenfalls, dass die Union der AfD in Teilen das Feld überlassen hat. Der Journalist Robin Alexander stellte dazu die bedrückende These auf, dass dies strategisch von der CDU-Führung so gewollt war, um eine rot-rot-grüne Regierung zu verhindern. „Es war eine strategische Entscheidung, dass die CDU eher die linken Parteien angreift“, sagte der „Welt“-Journalist unter Berufung auf eine Präsentation bei einem CDU-Strategietreffen.

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      Die These führte zu einigen Diskussion. Kramp-Karrenbauer dementierte, Linken-Politiker Gregor Gysi zeigte sich empört: „Das ist ein Spiel, mit dem sich die Politik bei den Menschen unmöglich macht.“ Für Barley klang das plausibel: „Das A und O für Angela Merkel ist, dass gegen die Union keine Regierung gebildet werden kann. Das hat sie erreicht.“

      Der Spruch des Abends

      Kam von Gysi. Als Kramp-Karrenbauer ihm vorhielt, dass er sich ja mit Zickenkrieg in seiner Partei gut auskenne, erwiderte der frühere Fraktionschef: „Na, aber reichlich! Aber ich werd jetzt nicht zwischen CDU und CSU vermitteln.“

      Keine Lust auf therapeutische Vermittlungsarbeit zwischen CDU und CSU: Gregor Gysi (Die Linke).
      Keine Lust auf therapeutische Vermittlungsarbeit zwischen CDU und CSU: Gregor Gysi (Die Linke). © dpa | Wolfgang Borrs

      Das Fazit

      Monatelang hat Horst Seehofer wegen der Obergrenze gebettelt und gedroht, nun bekommt er sie offenbar tatsächlich – wenn auch wohl verpackt als flexibles System. Friedrichs Sichtweise, wonach die CSU gewonnen hat, ist deswegen zumindest ein Stück weit zutreffend. Doch warum gerade jetzt? Darauf konnte diese Ausgabe von Anne Will leider keine Antwort finden. Zwischen den Zeilen wurde aber deutlich, dass die Einigung auf das Wahlergebnis und damit auf die AfD zurückzuführen ist. Merkel ist also zum Teil eingeknickt.

      Endgültig vom Tisch ist das Thema für die Union damit aber nicht. Schließlich muss das Vorhaben

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      . Ob die Grünen da mitmachen werden? „Na gute Nacht, bis Weihnachten werden wir keine Regierung haben.“: Gut möglich, dass sich diese Prophezeiung von Gregor Gysi bewahrheiten wird.

      Zur Ausgabe von „Anne Will“ in der ARD-Mediathek.