Heufer-Umlauf: „Durch Deutschland muss ein Arschtritt gehen“
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Von Fabian Hartmann
Berlin. Pro-Sieben-Moderator Klaas Heufer-Umlauf schlüpft beim Treffen mit Politikern in neue Rollen – und bekommt nur Altbekanntes zu hören
Prolliger geht’s eigentlich nicht. An der FDP-Zentrale in Berlin fährt ein schwarz-gelber Chevrolet vor, 405 PS stark. Ein echter Spritschlucker, Gift für die Umwelt. Und trotzdem steigt Parteichef Christian Lindner vergnügt ein – denn diesmal geht es um Werbung in eigener Sache. Am Steuer: Klaas Heufer-Umlauf.
Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl steigt auch Pro Sieben mit einem eigenen Format in die politische Berichterstattung ein. „Ein Mann, eine Wahl“ heißt die zweiteilige Sendung, in der Showmann Heufer-Umlauf, selbst übrigens SPD-nah, Politikern auf den Zahn fühlt. Oder es zumindest versucht.
Die drei Ichs des Klaas Heufer-Umlauf
„Ne Politiksendung, die trotzdem auch ein bisschen lustig ist“, versprach der Moderator, der sonst an der Seite von Joko Winterscheid zu sehen ist. Klaas teilt sich dafür in drei Ichs auf – ein linkes, ein liberales und ein konservatives.
Das soll provozieren, die Politiker zu klaren Aussagen verleiten und somit die Unterschiede der Parteien sichtbar machen. Klingt gut, klappte aber leider nur so mäßig. Das wurde in der ersten Sendung, die am Montag um 22.05 Uhr ausgestrahlt wurde, an vielen Stellen deutlich.
Klaas wechselt die Rollen, Schulz merkt es nicht
Im Gespräch mit SPD-Kanzlerkandidat Schulz schlüpfte Heufer-Umlauf gleich in alle Rollen. Der liberale Klaas fragte brav nach, wie Schulz trotz mieser Umfragewerte nicht resigniere. Nach einer kurzen Interviewpause kehrte der Moderator im roten Pulli – und damit als Linker – zurück und provozierte den SPD-Chef damit, ob seine Partei mit Hartz IV und Rente mit 67 nicht „verkackt“ habe.
Doch Schulz, ganz im Wahlkampfmodus, ratterte sein bekanntes Programm herunter: günstige Mieten, soziale Gerechtigkeit, mehr Geld für Bildung. Und ja, die SPD habe natürlich Fehler gemacht. Es sind die gleichen Sätze, die der Kanzlerkandidat überall sagt. Dass Heufer-Umlauf nach einer weiteren Pinkelpause im schwarzen Pulli – und damit als Konservativer – zurück kommt, schien Schulz gar nicht bemerkt zu haben.
Die Tour mit FDP-Chef Lindner war der Höhepunkt
Klar, Pro Sieben ist ein Privatsender, die Quote muss stimmen und so ist es naheliegend, dass die Sendung nicht bierernst ist. Dass etwa der FDP-Chef ausgerechnet im Chevrolet abgeholt wird, passt zum Autoliebhaber Christian Lindner, hat aber sonst keine politische Bedeutung.
Trotzdem lieferte die Spritztour durch Berlin die interessantesten Momente – denn hier gelang Heufer-Umlauf ein Punkt. Lindner, der immer wieder davon sprach, dass Markt und Moral zwei Seiten einer Medaille seien, wurde von Heufer-Umlauf gefragt, wie diese beiden Werte zusammen passen, etwa bei Rüstungsgütern oder Billigklamotten.
Lindner blieb Antwort schuldig
Doch der FDP-Chef, sonst um keine Antwort verlegen, sprach lieber davon, dass der große Teil der Wirtschaft ehrlich und ethisch sei. Das stimmt, war aber keine überzeugende Antwort auf die Frage.
Dass die Liberalen gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen sind, ist auch nichts Neues. „Gerade junge Menschen brauchen oft einen Arschtritt“, sagte Lindner. Soll heißen: keine staatliche Rundumversorgung. „Es muss ein Arschtritt durch Deutschland gehen“, fasste Heufer-Umlauf zusammen. Und der FDP-Chef stimmte zu: „Ja, vielleicht“.
Der Werdegang von Joko und Klaas
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Klaas scheitert an vorgefertigten Antworten
In welcher Rolle der Moderator die Fragen stellte, war oft nicht ganz klar – was aber auch daran liegen könnte, dass SPD-Kanzlerkandidat Schulz, FDP-Chef Lindner und der dritte Interviewte, Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir, alle irgendwie doch Politik für die „Mitte“ machen und ihre Antworten mehr oder weniger vorgefertigt wirkten.
Spannender dürfte es nächste Woche werden, wenn Klaas auf CDU-Querdenker Jens Spahn, Linken-Chefin Katja Kipping und Alice Weidel von der AfD trifft.
Grüner Özdemir war deutlich
Was bleibt also von dieser ersten Sendung? Vielleicht sind es die Worte von BILD-Chef Julian Reichelt, den Heufer-Umlauf im Springer-Hochhaus traf. Der wünscht sich in zehn Jahren ein Deutschland, in dem Elektromobilität den Verbrennungsmotor – und damit auch den Import fossiler Rohstoffe – abgelöst hat. „Damit wir nicht mehr auf Drecksregime angewiesen sind.“
So deutlich waren die Grünen schon lange nicht mehr.