Berlin. Im Münchner „Tatort: Freies Land“ trafen Batic und Leitmayr auf Reichsbürger. Warum das traurig war – und trotzdem gut funktionierte.

Es war der letzte

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vor der Sommerpause – und die Münchner Kommissare Franz Leitmayr und Ivo Batic gingen an ihre Grenze. Die zu Tschechien: Denn am äußersten Rand Bayerns, drei Stunden von München entfernt, haben sich ein paar Reichsbürger zusammengetan.

Sie erkennen die Bundesrepublik nicht an und bewohnen das, was sie „Freies Land“ nennen. Und ihr Anführer steht im Verdacht, einen Abtrünnigen ermordet zu haben.

Das Traurigste am „Tatort: Freies Land“

Die Prämisse für den „Tatort: Freies Land“ ist gar nicht so absurd, wie man sie finden möchte. Tausende Bundesbürger sehen sich genau als das nicht: Bürger dieser Republik. Und glauben an abstruse Verschwörungstheorien.

Wobei die „Freiländer“ in diesem Film genaugenommen wohl nicht den

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zugerechnet werden sollten, sondern den sogenannten Selbstverwaltern. Verfassungsschützer fassen die verschiedenen Schattierungen allerdings unter dem

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zusammen. Der bayerische Verfassungsschutz hat in seinen Landesgrenzen fast 4000 davon registriert.

Die stärkste Szene in diesem Münchner „Tatort“

Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, l). und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) stehen vor dem verschlossenen Eingangstor zum „Freiland“-Gelände.
Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, l). und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) stehen vor dem verschlossenen Eingangstor zum „Freiland“-Gelände. © dpa | Hendrik Heiden

Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) sind seit Jahrzehnten Polizisten; diese staatlich legitimierte Autorität tragen die Silberrücken aus der Riege der „Tatort“-Alphatiere so selbstverständlich wie ihre weiße Lockenpracht. Dass ihre Autorität von dem einen oder anderen nicht anerkannt wird, sind die beiden gewöhnt.

Dass aber eine Gruppe junger Männer mit so verquasten Ideen wie überschwappendem Testosteron-Spiegel sich auch von einer gezogenen Waffe nicht beeindrucken lassen, und die Kommissare sich schließlich zurückziehen müssen, weil in diesem Dörfchen

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wird, bringt das Selbstbild doch mal kurz ins Wanken.

Die größte Überraschung

Auch im 28. Jahr funktioniert die „Tatort“-Kommissarkombination Nemec/Wachtveitl weiter hervorragend. Gute Schauspieler, gute Chemie und großes Glück mit den Drehbuchautoren treffen da aufeinander. Dass das Liebe ist, illustriert ein heftiger Streit der beiden – ein Ehekrach wie aus dem Bilderbuch.

Reichsbürger-Gruppe im Münchner „Tatort“

Florian Berg ist tot. Der junge Mann liegt mit aufgeschnittenen Pulsadern in seiner Badewanne. Was im Münchner „Tatort: Freies Land“ zuerst nach Suizid aussieht, wird schnell rätselhafter: Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, l.) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) finden weder das Messer, mit dem Berg sich das Leben genommen haben soll, noch die Medikamente, mit denen er ruhiggestellt war.
Florian Berg ist tot. Der junge Mann liegt mit aufgeschnittenen Pulsadern in seiner Badewanne. Was im Münchner „Tatort: Freies Land“ zuerst nach Suizid aussieht, wird schnell rätselhafter: Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, l.) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) finden weder das Messer, mit dem Berg sich das Leben genommen haben soll, noch die Medikamente, mit denen er ruhiggestellt war. © BR | Hendrik Heiden
Florians Mutter Johanna Berg (Doris Buchrucker) hatte die Leiche gefunden – und äußert gegenüber den Kommissaren einen Verdacht: Florian gehörte zu einer Gruppe Reichsbürger.
Florians Mutter Johanna Berg (Doris Buchrucker) hatte die Leiche gefunden – und äußert gegenüber den Kommissaren einen Verdacht: Florian gehörte zu einer Gruppe Reichsbürger. © BR | Hendrik Heiden
Eigentlich wollen Leitmayr und Batic den jungen Kollegen Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer, l.) zu den Ermittlungen ins drei Stunden entfernte Traitach schicken – aber der kann die beiden abwimmeln.
Eigentlich wollen Leitmayr und Batic den jungen Kollegen Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer, l.) zu den Ermittlungen ins drei Stunden entfernte Traitach schicken – aber der kann die beiden abwimmeln. © BR | Hendrik Heiden
So gehen Batic und Leitmayr selbst an die Grenze Bayerns – und stehen vor den verschlossenen Toren des „Freien Landes“.
So gehen Batic und Leitmayr selbst an die Grenze Bayerns – und stehen vor den verschlossenen Toren des „Freien Landes“. © BR | Hendrik Heiden
Dort hat Ludwig Schneider (Andreas Döhler, Mitte) eine Gruppe Staatsverdrossener um sich geschart: Die „Freiländer“ erkennen die Bundesrepublik nicht an und wollen sich selbst verwalten.
Dort hat Ludwig Schneider (Andreas Döhler, Mitte) eine Gruppe Staatsverdrossener um sich geschart: Die „Freiländer“ erkennen die Bundesrepublik nicht an und wollen sich selbst verwalten. © BR | Hendrik Heiden
Lene (Anja Schneider) genießt den Ausblick auf das Freiland-Gelände.
Lene (Anja Schneider) genießt den Ausblick auf das Freiland-Gelände. © BR | Hendrik Heiden
Polizisten? Sind für die „Freiländer“ keine Autorität.
Polizisten? Sind für die „Freiländer“ keine Autorität. © BR | Hendrik Heiden
Das weiß Batics und Leitmayrs Traitacher Kollege Mooser (Sigi Zimmerschied, Mitte) schon längst. Er scheint aufgegeben zu haben – und ist den Münchner Polizisten keine Hilfe.
Das weiß Batics und Leitmayrs Traitacher Kollege Mooser (Sigi Zimmerschied, Mitte) schon längst. Er scheint aufgegeben zu haben – und ist den Münchner Polizisten keine Hilfe. © BR | Hendrik Heiden
Ludwig Schneider, der Anführer der Freiländer, hat ein Geheimnis.
Ludwig Schneider, der Anführer der Freiländer, hat ein Geheimnis. © BR | Hendrik Heiden
Lene (Anja Schneider) und Klaus (Simon Zagermann) haben ihren eigenen Verdacht.
Lene (Anja Schneider) und Klaus (Simon Zagermann) haben ihren eigenen Verdacht. © BR | Hendrik Heiden
Und Batic und Leitmayr bekommen in Traitach nicht mal was zu essen – außer ein Würstchen aus dem Automaten.
Und Batic und Leitmayr bekommen in Traitach nicht mal was zu essen – außer ein Würstchen aus dem Automaten. © BR | Hendrik Heiden
Batic und Leitmayr geraten in Streit, weil sie unterschiedlich vorgehen wollen.
Batic und Leitmayr geraten in Streit, weil sie unterschiedlich vorgehen wollen. © BR | Hendrik Heiden
Dabei könnte doch alles so schön sein.
Dabei könnte doch alles so schön sein. © BR | Hendrik Heiden
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Die lustigste Unglaubwürdigkeit

Selbstverständlich braucht auch dieser Münchner „Tatort“ den obligatorischen Running Gag. Wenn also die beiden Großstadt-Kommissare bei ihrer Grenzerfahrung Hunger bekommen, bleibt nur der Würstchen-Automat an der stillgelegten Tankstelle.

Wie unappetitlich das Würstchen in die Pappschale plumpst, nur um dann von dünnflüssiger Soße zugeplatscht zu werden, ist auf die Grundschülerwitze-Art lustig. Und dazu völlig unplausibel. Das fängt mit dem Bratwurst-Teint des angeblichen Brühwürstchens an und hört auf bei der minimalen Wahrscheinlichkeit, dass an diesem Ort ein solcher Automat stehen kann – und dann auch noch funktioniert.

Das größte Problem

Wer des Bayerischen nicht mächtig ist, kann an manchen Stellen nur erahnen, was die Darsteller im niederbayerischen Fantasie-Dörfchen Traitach sagen. Das lässt den von Andreas Kleinert gelungen inszenierten „Tatort“ authentisch wirken – und nimmt nie so überhand, dass es schwierig würde, der Handlung zu folgen.