Berlin. Die Impfquote bewegt sich in Deutschland gegen 70 Prozent, und doch: Das Coronavirus ist zurück, mit Zahlen, die trotz aller Bemühungen in die Höhe schießen. Diese frustrierende Entwicklung beschäftigte am Donnerstagabend auch die Runde bei "Maybrit Illner". "Wieder Winter, wieder kein Plan?", war die Sendung überschrieben.
Es diskutierte eine bunte Runde, die viele Fragen ansprach und manche sogar klärte. Mit dabei: Helge Braun (CDU), Karl Lauterbach (SPD), die Immunologin Christine Falk sowie der Ärztevertreter Andreas Gassen und der CDU-Landrat Stephan Pusch aus Heinsberg.
Warum ist die Lage wieder kritisch?
Der vielleicht wichtigste Hinweis kam von Christine Falk. Anschaulich begegnete die Immunologin dem möglichen Eindruck, dass die Impfung vielleicht gar nicht so gut wirkt. "Der Impfstoff ist extrem wirksam", stellte Falk klar. Impfdurchbrüche seien mit unter einem Prozent extrem selten.
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Doch warum ist die Lage dann wieder schwierig? Weil die Impfwirkung langsam nachlasse – und dann insbesondere die Hochbetagten wieder gefährdet seien, erklärte Falk. Dagegen würden die Boosterimpfungen helfen, aber auch ein Absenken der Zahlen: "Der Druck, den wir jetzt haben, kommt durch die hohen Zahlen", sagte Falk.
"Maybrit Illner" – Das waren ihre Gäste
- Karl Lauterbach (SPD), Gesundheitspolitiker
- Helge Braun (CDU), geschäftsführender Kanzleramtsminister
- Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
- Stephan Pusch, CDU-Landrat Kreis Heinsberg
- Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie
- Michael Bewerunge, Leiter des ZDF-Studios Tel Aviv
Sollte man alle Impfwilligen boostern?
Eine absenkende Wirkung könnte es haben, wenn nicht nur die Alten mit einer dritten Impfung versorgt würden. Booster für alle, so hat etwa Israel die dritte Welle gebrochen. Für einen solchen Schritt sprach sich Helge Braun aus: "Wir haben keine Impfstoffknappheit mehr", sagte der Kanzleramtschef. Und wies auch darauf hin, dass dadurch die Impfakzeptanz gesteigert werden könne, weil die Zahl der Impfdurchbrüche sinken würde.
Andreas Gassen sah das anders. "Das schafft nur Verwirrung", meinte der Ärztevertreter. Besser sei es, erst einmal konzentriert die Hochbetagten zu versorgen.
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War es ein Fehler, kostenlose Tests abzuschaffen?
Interessant war auch das Thema Tests. Hier geriet Karl Lauterbach in die Defensive. In der Vergangenheit hatte sich der SPD-Gesundheitspolitiker wie viele andere dafür ausgesprochen, dass die Corona-Schnelltests nicht länger kostenfrei angeboten werden. Ein Fehler?
Davon wollte Lauterbach nichts wissen. Sein Argument: Erstens bringe der Schritt Menschen dazu, sich wegen der Kosten impfen zu lassen. Und zweitens würden Ungeimpfte bei ihren Kontakten eingeschränkt, weil sie vielerorts nicht mehr eingelassen würden, wenn sie auf Tests verzichten.
Das war nicht überzeugend, da beide Aspekte von der Realität nicht so recht gedeckt sind. Erstens hat die Zahl der Geimpften nicht stark angezogen; und zweitens weiß jeder, wie lasch vielerorts kontrolliert wird. Dafür tauchen diejenigen, die sich nicht kostenpflichtig testen lassen wollen, nun in keiner Statistik mehr auf. "Wir haben uns das Radar abgeschaltet", stellte Landrat Stephan Pusch dazu treffend fest.
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"Maybrit Illner": Das Fazit
Diese Ausgabe von "Maybrit Illner" zeigte, dass es leider guten Grund für Frust gibt. Herbst und Winter werden erneut kritisch werden, dieses Mal liegt das aber nicht an fehlenden Impfstoffen, sondern am Unwillen mancher Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Was also tun? Neben dem Boostern scheint die Politik keinen weiteren Ansatz zu haben. Kanzleramtschef Braun jedenfalls hoffte in der Runde auf sogenannte Totimpfstoffe gegen Corona, die nicht auf der neuen mRNA-Technologie basieren. Ob das die Impfbereitschaft entscheidend erhöhen wird? Man kann es sich nicht so recht vorstellen.
Zur Ausgabe von "Maybrit Illner" in der ZDF-Mediathek.
Vergangene Ausgaben von "Maybrit Illner":
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