Berlin. Der vorletzte Berliner “Tatort“ mit Meret Becker greift ein aktuelles Thema auf. Es geht um die kaltherzige Mietpolitik der Hauptstadt.

Die Berliner "Tatort"-Kommissare Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) haben sich immer in herzlicher Abneigung gekabbelt. In ihrem letzten Fall tauschten sie plötzlich deutlich freundlichere Worte miteinander. Als ob die noch mal zusammenkommen. Und wirklich: In ihrer vorletzten gemeinsamen Folge – Meret Becker steigt im nächsten Jahr auf eigenen Wunsch aus der Krimireihe aus – liegt Karow bei Rubin im Bett.

Als Karow frühmorgens zu einem Tatort gerufen wird, lässt er Rubin aber buchstäblich links liegen. Und Sex hin oder her: Die beiden siezen sich weiter, nicht nur vor Kollegen. Beim Nachstellen eines tödlichen Sturzes vom Balkon lässt Karow die Kollegin sogar aus dem vierten Stock über die Brüstung hängen.

"Tatort"-Folge handelt von Wohnungsnot

Kuschelig ist es auch sonst nicht in dieser "Tatort"-Folge. Denn in "Die dritte Haut" geht es um ein Thema, das vielen Hauptstädtern auf den Nägeln brennt: die Wohnungsnot. Es geht um Wohnraummangel, Mietenwahnsinn, Edelsanierung, Gentrifizierung, Verdrängung und Zwangsräumung.

Gleich anfangs wird ein BVG-Fahrer, der sich trotz seiner Arbeit keine Wohnung mehr in der Stadt leisten kann, mitsamt seiner Familie rüde vor die Tür gesetzt. Der Nachbar, ein Mietrebell, filmt das alles. Kurze Zeit später liegt der Vermieter Cem Ceylan (Murat Dikenci) tot vor seinem Haus. Heruntergestoßen aus der leergeräumten Wohnung. Und keiner scheint ihm eine Träne nachzuweinen.

Wohnungen als die "dritte Haut" der Menschen

Ceylan hat nicht nur geltendes Recht ausgehebelt, indem er verbotene Ferienwohnungen zu Gastwohnungen umdeklarierte. Wie die Ermittler und Ceylans konsternierte Schwester Yeliz (Sesede Terziyan) herausfindet, hat er mit seiner Mutter insgeheim noch eine Immobilienfirma betrieben, die auf noch viel schmutzigere Weise Kapital aus der Wohnungsknappheit gezogen hat.

Wohnungen, heißt es, sind unsere dritte Haut: Nach Körperhaut und Kleidung die dritte Zone, die uns umhüllt. Wenn sie einem nicht vom Leib gezogen wird. Davon handelt dieser Krimi auf drastische Weise. "Die dritte Haut" ist der "Tatort"-Kommentar zum Berliner Mietendeckel. Nur kommt er etwas zu spät: Das Gesetz wird noch erwähnt, ist aber schon wieder außer Kraft gesetzt.

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"Tatort" nimmt das Problem der Wohnungsnot ernst

Das Problem ist unterdessen weiter virulent. Und der RBB schlägt sich mit dieser Folge von Katrin Bühlig (Buch) und Norbert ter Hall (Regie) klar auf die Seite der Verlierer dieser kaltherzigen Mietpolitik. Auch Frau Rubin kriegt Bescheid, dass ihre Wohnung in Eigentum verwandelt wird.

Und immer wieder fängt die Kamera reale Suchanzeigen an Laternen oder Kampfparolen gegen die Mietpolitik an Hauswänden ein. Sie rückt auch echte Wohnungssuchende und Obdachlose ins Bild, gibt ihnen ein Gesicht und lässt sie auf ihre verzweifelte Lage hinweisen.

Ein aufwühlender Film, der mulmig macht und machen soll. Und endlich mal ein TV-Krimi, der ein gesellschaftliches Problem nicht als Themenhintergrund missbraucht, sondern wirklich ernst nimmt. An manchen Stellen treibt es dem Zuschauer schier die Tränen in die Augen. Aus Betroffenheit. Und aus Wut.

"Tatort: Die dritte Haut", ARD, 3. Juni, 20.15 Uhr