Berlin. In seiner neuen ProSieben-Sendung beleuchtet Jenke von Wilmsdorff das Leben von Verbrechern. Die Auftaktfolge überzeugt mit Spannung.

Jenke von Wilmsdorff steht für das Extreme. Er schmiss sich schon Ecstasy und LSD, Speed und Ritalin rein. Er hungerte, betrank sich vor laufender Kamera, ging in den Knast. Erst vor Kurzem ließ er sich Fäden unter seine Gesichtshaut spannen und Botox in die Stirn spritzen, um den nagenden Zahn der Zeit zurückzuspulen, am Ende aber festzustellen: "Das ist nicht mehr mein Gesicht."

In seiner neuen Prime-Time-Show auf ProSieben steht dieses Mal allerdings nicht er mit einem aufsehenerregenden Experiment im Mittelpunkt, das nur haarscharf an der Grenze des Sendbaren vorbeischrammt. Mit "Jenke. Crime" springt Wilmsdorff auf den scheinbar nicht mehr zu stoppenden Zug der True-Crime-Formate auf. Er setzt sich mit vier "deutschen Schwergewichten der kriminellen Szene" an einen Tisch, beleuchtet nacheinander deren Leben, ihre Entscheidungen und ihren Weg in die Kriminalität.

"Jenke. Crime": Verbrecher enthüllen ihre Vergangenheit

Dafür wird auch tief in die Hollywood-Trickkiste gegriffen, sitzt Wilmsdorff vor einer über und über mit Bildern, Hinweisen und Dokumenten behangenen Pinnwand, seiner "Wall of Crime". Die einzelnen Bilder sind mit farbigen Schnüren verbunden, als hätte er soeben eine versteckte Verbindung in einem unübersichtlichen Fall entdeckt, was allerdings ausschließlich der Dramaturgie anstatt investigativer Aufklärungsarbeit dient. Die hier besprochenen Fälle müssen nicht mehr aufgeklärt werden, auch die Gefängnisstrafen wurden teilweise bereits verbüßt.

Genauso filmreif sei auch das Leben von Hubertus Becker gewesen. Er habe in seinem Leben "kaum etwas ausgelassen". Kennen Sie die Stewardessen-Szene aus dem Hollywoodstreifen "Catch Me if You Can?" Der amerikanische Scheckbetrüger Frank William Abagnale Jr. schleust sich in einer Traube aus angeblichen Stewardess-Anwärterinnen durch den von Polizisten beobachteten Flughafen und entkommt so seinem hartnäckigen Verfolger.

Mit einem ähnlichen Trick soll es auch Hubertus Becker gelungen sein, etwa ein Kilogramm Heroin von New York City nach Deutschland zu schmuggeln. Anstatt hinter hübschen Frauen spazierte Becker verkleidet als Tennisspieler mit der deutschen Mannschaft des Davis Cups, praktisch der Weltmeisterschaft für Herrentennis, durch den deutschen Zoll – ohne Aufsehen zu erregen.

Wilmsdorff beleuchtet das Leben eines Drogenschmugglers

Hubertus Becker, lichtes Haar, rot-karierter Schal und die meiste Zeit ein Zigarillo im Mund, schmuggelte in den 1970er-Jahren tonnenweise Haschisch von Marokko nach Deutschland, später sattelte er auf Kokain und Heroin um. Er wurde selbst drogenabhängig und musste insgesamt 24 Jahre im Gefängnis verbringen.

Der verurteilte Drogenschmuggler ist der erste Protagonist, dessen Lebensgeschichte Wilmsdorff nacherzählt. Von seiner Kindheit über die ersten Konfrontationen mit dem Gesetz, dem Zweitwohnsitz auf Ibiza bis in die 50 Quadratmeter große Wohnung, die der mittlerweile 70-Jährige heute in Görlitz bewohnt.

Die leisen Momente hallen eindrücklich nach

"Was macht aus Menschen eiskalte Verbrecher?", echot Jenkes über die Jahre perfektionierte Erzählstimme am Anfang der Doku. Neben den laut erzählten kriminellen Machenschaften von Becker, untermalt mit Bildern von posierenden Ganoven vor prall gefüllten Geldkoffern, sind es aber vor allem die leisen Momente, die eindrücklich nachhallen.

Der Moment, in dem Beckers Ex-Frau erzählt, wie ihr dreijähriger Sohn versuchte, den Vater mit einem Geldschein beim Koksen zu imitierten. Oder die Reue in der Stimme von Becker, wenn er erzählt, dass er sich von wichtigen Menschen wie seiner Mutter nicht verabschieden konnte. Was bleibt, ist die starke Erkenntnis: Verbrecher werden? Lohnt sich nicht!