Berlin. . In der ZDF-Doku „Corona - Pandemie ohne Ende?“ antwortet Hendrik Streeck auf Fragen zu Corona und wandelt auf Harald Leschs Spuren.

Es war jene berühmt-berüchtigte Karnevalssitzung von Gangelt im Kreis Heinsberg, die Deutschland im Februar 2020 den ersten Corona-Hotspot bescherte. Im Laufe des Abends feierten 450 Menschen dicht gedrängt in einer schlecht belüfteten 300 Quadratmeter großen Halle.

Fünf Wochen später waren 13 Menschen tot. Gestorben an den Folgen von SARS-CoV-2. Viele weitere rangen auf Intensivstationen um ihr Leben. Seither haben Wissenschaftler viele Erkenntnisse über das Virus gewonnen und Impfstoffe entwickelt. Ein Leben in Normalität ist jedoch noch weit entfernt.

Am 16. März 2020 ging Deutschland in den ersten Lockdown. Großveranstaltungen wurden ebenso verboten wie Gottesdienste. Fast alle Geschäfte sowie Schulen und Kitas wurden geschlossen. Der Tourismus wurde komplett runtergefahren. Nachbarländer machten ihre Grenzen dicht. Nun, ein Jahr später, zeigt das ZDF die Dokumentation „Corona - Pandemie ohne Ende?“ zur besten Sendezeit.

Streeck wurde durch "Heinsberg-Studie" bekannt

Der Film von Kajo Fritz verspricht im Untertitel „Fakten mit Hendrik Streeck“. Der 43-Jährige ist seit 2019 Professor für Virologie und Direktor des Instituts für Virologie und HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Dort trat er die Nachfolge von Christian Drosten an.

Bundesweite und internationale Bekanntheit erlangte Hendrik Streeck vor allem durch die „Heinsberg-Studie“. Er und sein Team fanden in der Verbreitung des Virus nach der Karnevalssitzung ein ideales Forschungsfeld, wie er nun in der Dokumentation erzählt.

Dokumentation gewährt Einblick in Heinsberg 2-Folgestudie

Virologe Hendrik Streeck in der neuen ZDF-Dokumentation
Virologe Hendrik Streeck in der neuen ZDF-Dokumentation "Corona - Pandemie ohne Ende?" © Daniel Faigle/ZDF

Flankiert von Spielszenen und originalem Videomaterial wird veranschaulicht, wie leicht es das Corona-Virus in der Frühphase der Pandemie hatte, möglichst viele Menschen zu infizieren. Die Kappensitzung war ein Superspreader-Event, wie die Studie herausfand. Lesen Sie mehr: FFP2-Masken unter freiem Himmel - nützlich oder übertrieben?

„Wir vermuten, dass Superspreader besonders viele Viren über Aerosole ausscheiden“, erklärt Hendrik Streeck. Bei Corona gilt: Je höher die Viruslast, desto wahrscheinlicher eine Infektion und ein schwerer Krankheitsverlauf. In Gangelt gab es offenbar nicht nur einen, sondern gleich mehrere Superspreader.

Die Dokumentation gibt zudem Einblicke in die Folgestudie „Heinsberg 2“, die noch bis zum Sommer läuft. Sie beschäftigt sich unter anderem mit der Frage der Immunität von Erkrankten. Erste Zwischenergebnisse machen Hoffnung.

Streeck wird im Film unkritisch dargestellt

Mit keinem Wort erwähnt der Film allerdings, dass Hendrik Streeck selbst kritisiert wird; wegen wegen Zusammenarbeit mit einer PR-Firma, oder wegen falscher Prognosen und gewagten Ratschlägen, zum Beispiel als er sich im Herbst mit dem Virologen Jonas Schmidt-Chanasit in einem Positionspapier gegen einen zweiten pauschalen Lockdown aussprach. Er war der Überzeugung, man müsse vor allem die Risikogruppen gezielter schützen. Die Gesellschaft für Virologie und viele Virologen, darunter Christian Drosten, distanzierten sich von dem Positionspapier.

Man muss jedoch betonen, dass Hendrik Streeck selbst durchaus Fehler in Bezug auf Covid-19 eingestanden hat. Schließlich erleben wir alle gerade in Echtzeit die Erforschung eines Virus und damit, wie Lehrmeinungen von Forschern heiß diskutiert werden, was sonst eher hinter verschlossenen Türen geschieht.

Virologe Streeck wandelt auf den Spuren von Harald Lesch

Hendrik Streeck hat seit dem Wochenende wie sein Kollege Christian Drosten einen Corona-Podcast. Vor der Kamera indes hat er noch nicht ganz in die Rolle des Moderators hereingefunden. Man kann sich aber durchaus vorstellen, dass er zukünftig wie Harald Lesch durch andere Wissenschaftssendungen führt.

Denn Streeck versteht es, die komplexe Welt der Viren äußerst verständlich zu erklären. Dabei verbindet er die Chronik der Pandemie mit der wirksamen Bekämpfung von Viren. Die Dokumentation zeigt, wie Seuchen in Zukunft schnell und effektiv mit einem passgenauen Impfstoff besiegt werden können. Auch interessant: Diese Nebenwirkungen können bei Astrazeneca-Impfung auftreten

Covid-19 ist aber beileibe nicht die erste Pandemie in der Geschichte der Menschheit. Pest, Pocken und die Spanische Grippe forderten weltweit viele Todesopfer. Forscher warnen jetzt schon vor kommenden Pandemien.

Eine halbe Million Viren könnte gefährlich für den Menschen werden

Zum einen durch die tauenden Permafrostböden, die unzählige tödliche Viren freisetzen könnten. Zum anderen sind Tiere ein unerschöpfliches Reservoir an Viren. Immer häufiger und schneller springen Viren von Tieren auf Menschen über. Verantwortlich dafür ist das Artensterben. Aktuell gibt es etwa 1,7 Millionen noch unbekannte Viren.

Davon könnten eine halbe Million gefährlich für den Menschen werden. Professor Josef Settele vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung weiß: „Naturzerstörung, Klimawandel und Globalisierung sind drei Phänomene, die diese Pandemie wesentlich beeinflussen.“

Bislang hat die Corona-Pandemie über 2,4 Millionen Menschenleben gefordert. Und die weitaus aggressiveren Mutanten des Virus sind auf dem Vormarsch. Besiegen könne man die Pandemie nur gemeinsam. „Mit Produktionsstätten für Medikamente und Impfstoffen überall auf der Welt“, sagt Hendrik Streeck: „In der Pandemie brauchen wir neben Hygieneregeln ein belastbares Krankenhaussystem, schnelle Impfungen und Medikamente.“

ZDF, 16. März um 20.15 Uhr und bereits jetzt in der ZDF-Mediathek.