Berlin. Die Corona-Lage war großes Thema bei “Markus Lanz“. Aber auch das Wahljahr: Und Martin Schulz ließ sich über Laschet und Baerbock aus.

  • Einmal mehr bestimmte am Donnerstag die Corona-Pandemie die Talkshow "Markus Lanz"
  • Zu Gast war unter anderem der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz
  • Sein Auftritt machte trotz Pandemie deutlich: Der Wahlkampf vor der Bundestagswahl ist eröffnet

Heftige Bilder von Corona-Infizierten auf Intensivstationen, eine Ärztin, die für härtere Maßnahmen plädiert, um die Zahl der Corona-Toten zu senken und ein Politiker im Wahlkampf, dessen Vater an den Folgen einer Covid-Erkrankung gestorben ist: Die Pandemie und ihre Auswirkungen auf Deutschland bestimmte den Talk von Markus Lanz auch am Donnerstagabend.

Doch auch in der Pandemie werfen Superwahljahr und die Bundestagswahl ihre Schatten voraus: Wer kann nach Angela Merkel Deutschland auf internationaler Ebene am besten vertreten, wer kann ihr Erbe antreten? Für Martin Schulz sind das die alles entscheidenden Fragen für die Bundestagswahl am 26. September. Und da gab sich der SPD-Kanzlerkandidat a.D. bei „Markus Lanz“ so sicher wie optimistisch: „Ich glaube, dass Olaf Scholz als ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg, dann Bundesarbeits- und nun Bundesfinanzminister sehr gute Chancen gegen die Provinzpolitiker aus Aachen oder München hat.“

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

  • Martin Schulz, SPD-Politiker
  • Christian Baldauf, CDU-Politiker
  • Dagmar Rosenfeld, Journalistin
  • Dr. Viviane Zotzmann, Ärztin
  • Stefanie Schoeneborn, Journalistin

Das saß. „Ministerpräsidenten sind Provinzpolitiker?“, fragte Markus Lanz ungläubig nach. „Ja, das war nicht fair“, entschuldigte sich der „Mann aus Würselen“, der sich oft selbst als Provinzler bezeichnete, für die impulsive Wortwahl und besserte in „Landespolitiker“ nach.

Trotzdem blieb er dabei, dass es Armin Laschet genauso wie Markus Söder an ausreichend internationaler Erfahrung fehle. „Darum wird es aber nach der Pandemie gehen“, bekräftigte er, „wer kann unsere Interessen gegenüber einem Joe Biden oder Xi Jinping am besten durchsetzen?“

Wie sich Schulz bei "Lanz" über Baerbock auslässt

Vielleicht Annalena Baerbock, falls sie als Kanzlerkandidatin der Grünen antritt? Damit warf Markus Lanz noch ein Schippchen Provokation drauf. „Sicher nicht“, antwortete Martin Schulz, allzeit bereit, ins nächste Fettnäpfchen zu tappen: Obwohl er die Bundesvorsitzende der Grünen sehr sympathisch fände, sei die „höchste Leitung, die sie bisher innehatte, die Leitung ihres Abgeordnetenbüros.“ Ups.

Damit war der Wahlkampf eröffnet, sozusagen: Nach einem unerwartet „harten Schnitt“ – bloß weg von den harten Bildern und Berichten über schwersterkrankte Covid-Patienten auf der Intensivstation der Freiburger Universitätsklinik – drehte sich für die letzten zehn Minuten von „Markus Lanz“ nur um mögliche Kanzler- und Kandidatinnen.

Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin der „Welt“,schätzte die Chancen der SPD, die sich „aktuell bei 15 Prozent“ festgehakt habe, naturgemäß ganz anders ein: „Olaf Scholz war nicht gut genug für den Parteivorsitz, warum soll er jetzt gut genug für den Kanzler sein?“, fragte sie echauffiert.

Die Frage bleibt: Was ist bei der Impfstopff-Bestellung schiefgegangen?“

Dominiert hatte den „Lanz“-Talk an diesem Donnerstag bis dahin allerdings wieder die Pandemie. Ob der Corona-Fragenkatalog, den die SPD öffentlich an Jens Spahn überreicht hatte, schon ein Wahlkampfmanöver (Rosenfeld) war oder ein normaler Vorgang (Schulz), ließ sich nicht eindeutig klären. Wohl aber, was die dringlichste Frage war, damit alle so bald wie möglich „durchgeimpft“ werden konnten: „Wann kommt der Impfstoff?“

Wie war es überhaupt zu der verspäteten Sammelbestellung gekommen, fragte Markus Lanz den Mann, den er früher als „personifizierte EU“ angesehen habe. Ohne konkrete Belege, aber auf Grund seiner langjährigen Erfahrung mit den „Wechselspielen in der EU“, wagte Martin Schulz als ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments die These, dass es wieder an den „partikulären Interessen der Einzelstaaten“ gelegen habe.

Wahrscheinlich hätten die Franzosen darauf bestanden, dass ihr Hersteller „Sanofi“ berücksichtigt wird. Dagmar Rosenfeld lieferte dazu ein bisher wenig bekanntes Indiz: Nicht der Gesundheitsminister verantwortet in Frankreich die Impfstoffbestellung, sondern der Industrieminister …

Corona-Krise: Dritte Welle verhindern

„Ich finde es trotzdem sehr gut, dass wir uns in Europa darauf verständigt haben, es gemeinsam zu tun“, erklärte Christian Baldauf, zugeschaltet aus Mainz, im Hinblick auf die Impfstoffbestellung: „Es ist die einzige Möglichkeit, die wir haben.“

Der CDU-Spitzenkandidat in Rheinland-Pfalz, wo schon am 14. März der Landtag gewählt wird, hatte erst Anfang des Jahres seinen 83jährigen Vater an Corona verloren, weshalb es ihm umso wichtiger sei, dass die Zahl der Toten endlich sinkt. „Es gibt niemanden in der Regierung, der nicht versucht, das Optimale zu erreichen“, verteidigte er das Corona-Kabinett. „Wir müssen jetzt mit Disziplin und einer klaren Linie die dritte Welle verhindern.“

Intensivmedizinerin: Jeder zweite, der beatmet wird, stirbt

Wie sie die Pandemie tagtäglich erleben muss, zeigte Viviane Zotzmann, Intensivmedizinerin aus Freiburg und ehemalige Schülerin von Winfried Kretschmann („Bio, Chemie und Ethik“), mit einem kurzen, aber heftigen Kurzfilm des SWR-Fernsehens: Ein Patient, Anfang 60, trainierter Kletterer ohne Vorerkrankungen, musste 76 Tage lang beatmet werden.

Interaktive Grafik: Wie tödlich das Coronavirus wirklich ist

Dabei kam auch ein ECMO-Gerät zum Einsatz – eine extrakorporale Lunge, die den Patienten zusätzlich mit Sauerstoff versorgt, weil es seine eigne nicht schafft. „Wer daran angeschlossen ist, hat schlechte Chancen zu überleben“, kommentierte die Ärztin.

Dieser Patient hatte es glücklicherweise überstanden. Und konnte nach vielen Wochen in der Reha und unbedingter Selbstdisziplin inzwischen wieder acht Kilometer am Tag laufen. „Aber jeder zweite, der beatmet wird, stirbt“, erklärte sie und plädiere für härtere Maßnahmen, „damit die Zahlen nicht wieder steigen.“ Lesen Sie hier: Corona-Zahlen sinken - Diskussion um Lockerungen beginnt

Warum in China Feiern schon wieder möglich ist

Zugeschaltet aus Peking berichtete ZDF-Ostasien-Korrespondentin Stefanie Schoeneborn von ihrem Leben auf einem völlig anderen Stern: Vor kurzem habe sie ihren Geburtstag mit 30 Gästen und „Kerzen ausblasen und umarmen ohne Maske“ gefeiert. „Alles hat natürlich zwei Seiten“, gab sie zu Bedenken: „Wir können hier wieder feiern, aber gleichzeitig müssen wir damit rechnen, dass unser Wohnviertel jederzeit komplett abgesperrt wird, wenn sich nur einer infiziert.“ Das könne auch schon mal ein Stadtviertel mit 1,3 Millionen Einwohnern sein.

Dann demonstrierte sie, wie der chinesische Staat überwacht, ob und wer sich wo möglicherweise infiziert hat. Das gehe ganz einfach über eine Corona-App, die jeweils an die persönliche Telefonnummer gekoppelt sei.

Jedes Mal, wenn sie ein Geschäft betrete, müsse sie einen QR-Code scannen. Auf dem Display erscheine dann – für alle sichtbar – ihr Foto, dazu ein grüner Pfeil, solange sie gesund sei, sowie ein violetter Rahmen, weil sie noch nicht geimpft wurde. „Der Staat weiß alles über jeden, der diese App verwendet“, fügte sie noch hinzu. „Was die Daten anbetrifft, macht man sich da vollkommen nackt.“

"Markus Lanz" – So liefen die vergangenen Sendungen