Berlin. Seit 2000 war Ingo Nommsen Moderator der ZDF-Sendung „Volle Kanne“. Weshalb er aufhört und was er plant, erzählt er im Interview.

  • Ingo Mommsen hört bei „Volle Kanne“ auf
  • Nach Tausenden Folgen zieht der 49-Jährige den Schlussstrich – und scheidet aus
  • Im Interview spricht er über die Gründe für seinen Ausstieg

Seit dem Jahr 2000 war Ingo Nommsen das Gesicht des Vormittags beim ZDF. Im Wechsel mit Nadine Krüger stand der 49-Jährige täglich anderthalb Stunden für „Volle Kanne“ vor der Kamera. Jetzt hat er nach mehr als 3000 Sendungen das Handtuch geworfen: Am 4. Dezember moderierte er ein letztes Mal die Frühstücksshow. Warum er sich dazu entschlossen hat, verriet er uns kurz zuvor im Interview.

Wie schnell sind die letzten 20 Jahre vergangen?

Ingo Nommsen: Wirklich wie im Flug. Oft war ein Gast da und ich dachte, er war doch erst vor ein paar Wochen bei uns. Dabei waren drei Jahre seit dem letzten Besuch vergangen.

Sie verlassen nach 20 Jahren „Volle Kanne“. Warum?

Nommsen: Weil ich gemerkt habe, dass ich noch so viele andere Ideen und Träume habe. Für die die Zeit fehlt, wenn man eine tägliche Sendung moderiert. Meine Gedanken kreisen auch, wenn wir nicht senden, darum, wer der nächste Gast ist, was das Thema ist, wie wir die Sendung aufbauen. Ich habe schon bei meinem ersten Buch „Erfolgsmenschen“ gemerkt, wie schwierig es ist, das parallel zu Sendung mit Kraft zu schreiben. Ich nehme mir jetzt die Zeit für meine anderen Ideen.

Was sind das denn für Projekte?

Nommsen: Ich bin dieses Jahr schon mit einem eigenen Soloprogramm auf der Bühne gewesen. Es heißt „Nommsen Live“ und soll im nächsten Jahr fortgesetzt werden. 2019 habe ich mit meinem Podcast begonnen und ich schreibe an einem zweiten Buch. Das kommt im nächsten Oktober raus.

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Um was geht es in dem Buch?

Nommsen: Viele sagen mir nach, dass ich sehr sympathisch oder auch sehr „nett“ sei. Und es stimmt: Harmonie ist für mich total wichtig. Es geht in dem Buch um persönliche Herausforderungen, Dinge, die ich über mich gelernt habe und darum, wie der Hang zur Harmonie uns allen auch im Weg stehen kann. Der Verlag nennt es: Biografie mit Botschaft.

Was ist denn Ihre Erkenntnis? Was braucht es, um seine Träume zu verwirklichen? Wahnsinn, Selbstüberschätzung, Selbstbewusstsein?

Nommsen: Ich weiß noch, wie ich als Schüler in der Berufsberatung bei einem Journalisten vom Bayerischen Rundfunk saß und wie der auf meine Frage, wie ich Moderator werden kann, sagte: Also, Moderator, das kannst du vergessen, das wollen ja alle werden. Ich habe mich aber nicht unterkriegen lassen. An meinen Gästen, habe ich gemerkt, dass zur Erfüllung aller Träume Leidenschaft gehört, Fleiß und ein großer Wille. Ohne das geht es nicht.

Ingo Nommsen mit seiner Moderationskollegin Nadine Krüger.
Ingo Nommsen mit seiner Moderationskollegin Nadine Krüger. © dpa | Henning Kaiser

Wie wichtig ist das Finanzielle dabei?

Nommsen: Viele Menschen denken, dass ein finanzielles Polster die Grundlage dafür ist, die eigenen Träume verwirklichen zu können. Mein Lieblingsbeispiel ist die Autorin Meike Winnemuth. Sie hat bei Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“ 500.000 Euro gewonnen und hat über ein Jahr lang in zwölf

Metropolen dieser Welt gelebt. Im Ergebnis hat sie für die Verwirklichung ihres Traums die 500.000 Euro gar nicht gebraucht.

Sie gehen den gleichen Weg: Sie tauschen Ihr geregeltes Einkommen beim ZDF gegen eine ungewisse Zukunft ein. Keine Angst?

Nommsen: Naja, ganz so ungewiss ist sie ja nicht. Ich schreibe mein zweites Buch und ich gehe wieder auf die Bühne. Wieder den direkten Kontakt mit meinem Publikum zu haben, weckt in mir große Vorfreude.

Sie haben in Ihrem Podcast auch erwähnt, dass der Tod Ihres Vaters richtungswendend war.

Nommsen: Ehrlich gesagt, fällt es mir immer noch schwer, darüber ausführlich zu sprechen. Aber wenn man den Tod so nah erlebt, dann verändert sich der Blick auf das eigene Leben noch einmal. Und ich habe mich gefragt, was wollte ich eigentlich, als ich gestartet bin, wo bin ich jetzt, und wo will ich noch hin? Ein Ergebnis ist dieser Cut. Und ich freue mich auf alles, was jetzt kommt.

Mit dem Podcast gehen Sie ja ein Stück auch wieder zurück zu Ihren Wurzeln, zum Radio, oder?

Nommsen: Ja, es ist wunderbar, in einem stillen Zimmer nur mit Mikro etwas zu schaffen, eine Stimmung zu kreieren und eine Geschichte zu erzählen. Entertainment in ganz purer Form. Das als Teil in meinem zukünftigen Arbeitsleben zu haben, erfüllt mich sehr.

Ein vierwöchiger Aufenthalt in New York im April 2019 hat sie sehr beeinflusst. Was ist Ihnen da passiert?

Nommsen: New York ist die Weltstadt des Entertainments mit fantastischen Menschen. Ich habe Workshops gemacht, Schauspielunterricht, Drehbuchschreiben, habe bei Comedy-Writing-Trainern gelernt, die schon große Stars unterrichtet haben. Als Übung musste ich vor meinem Trainer und den anderen Schülern auftreten. Als „Ingo from Germany“. Das kam so gut an, dass ich in den Gotham Comedy Club eingeladen wurde, um zu performen. Dort hat mich wieder jemand gefragt. So habe ich mich eine Woche quer durch Manhattan gespielt und hatte an meinem letzten Abend sogar einen Auftritt im Broadway Comedy Club. Nach meinen Auftritten bin ich nach Hause geschwebt.

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Was hat Sie dort am meisten beeindruckt?

Nommsen: Der Spirit, dass es okay, Ingo from Germany zu sein, der Moderator, der aber auch Drehbücher schreiben will und Stand-up-Comedy macht. Dass niemand schräg guckt, wenn man sich ausprobieren will.

Was war Ihr ungewöhnlichstes Erlebnisse bei „Volle Kanne“?

Nommsen: Die Tiere. Ich hatte einen Weißkopfadler auf dem Arm, der vorher noch seinem Trainer die Nase halb abgehakt hatte. Ich hatte Vogelspinnen auf der Hand, Waschbären auf der Schulter. Zumindest einmal hatte ich nach der Probe darauf bestanden, dass ein 3,50 Meter langes Krokodil wieder zurück in seine Kiste geht, weil es fauchend und wütend durchs Studio fegte.

Was hat Sie am meisten bewegt?

Nommsen: Die Gäste, die mich schon als Kind begleitet haben. Wie Frank Elstner oder Klaus Meine von den Scorpions. Und wenn ich mit Spitzen-Musikern Musik machen durfte wie mit Michael Bolton, Revolverheld und Silbermond. Aber auch der letzte TV-Auftritt von Rudi Assauer bei uns hat mich umgehauen. Oder Inge Meysel, die zwar schon schwach war, aber als das Kameralicht anging, auf den Punkt präsent. Am schönsten war vielleicht, dass ich mit Purple Schulz „Kleine Seen“ spielen durfte. Das Lied habe ich schon als Jugendlicher bei Liebeskummer gehört.

Was bleibt Ihnen von „Volle Kanne“?

Nommsen: Ich bin dankbar für unzählig viele schöne Erinnerungen und besonders für all die Menschen, die ich treffen und kennenlernen durfte. Die ihre Geschichte mit mir geteilt haben. Zu vielen ist eine besondere Beziehung entstanden, teilweise sogar eine Freundschaft. Mein Leben wäre ohne ‚Volle Kanne‘ und das ZDF ein anderes. Und natürlich nehme ich einen unendlichen Erfahrungsschatz aus den über 3000 Sendungen für meine nächsten Projekte mit.

Zur Person: Ingo Nommsen

  • Ingo Nommsen wurde am 7. Februar 1971 in Nürnberg geboren. Weil sein Vater Berufssoldat war, zog die Familie oft um. Sein Abitur machte er in Murnau.
  • Nach verschiedenen Praktika absolvierte er ein Volontariat bei Radio Oberland in Garmisch-Partenkirchen. Später war er Redakteur bei Bayern 3 für den Bayerischen Rundfunk und spielte in Serien wie „Marienhof“ und „Samt und Seide“ mit.
  • Sein Studium der Kommunikationswissenschaft, Politik, Soziologie sowie Psychologie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität schloss er im Juli 2000 als Diplom-Journalist ab.
  • Am 18. Oktober 2000 moderierte er zum ersten Mal „Volle Kanne“ im ZDF – in seiner Premierensendung war Comedian Thomas Herrmanns sein erster Gesprächsgast am Frühstückstisch.