Berlin. Bei „Hart aber fair“ ging es um die schlimmen Zustände in der Fleischindustrie. Der Lobbyist brach zusammen, der Grünen-Chef punktete.

Die große Corona-Gefahr scheint für den Moment gebannt; doch es gibt Bereiche, in denen es noch immer im wahrsten Sinne virulent ist. „Hart aber fair“ widmete sich am Montagabend einem solchen Bereich: „Corona im Schlachthof – sind uns Mensch und Tiere Wurst?“, lautete die Leitfrage.

Diskutiert wurde das Thema von Hubertus Heil (SPD), Robert Habeck (Grüne), den Journalisten Anette Dowideit und Manfred Götzke, dem Bauern Max Straubinger (CSU) sowie dem Branchenvertreter Heiner Manten.

„Hart aber fair“: Fleischindustrie – Harte Arbeit für einen Hungerlohn

Zunächst machte die Runde klar, worum es geht: In der deutschen Fleischindustrie arbeiten derzeit etwa 70.000 Menschen, die zumeist aus Südosteuropa kommen und äußerst prekär beschäftigt werden. Auf Schlachthöfen haben sich bisher 1200 Mitarbeit mit dem Coronavirus infiziert: Weil sie eng zusammen sind, auch in völlig unzureichenden Unterkünften, wie Anette Doideit von der „Welt“ erklärte.

„Hart aber fair“ – Das waren die Gäste:

  • Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales
  • Robert Habeck (Grüne), Parteivorsitzender
  • Anette Dowideit, Chefreporterin im Investigativteam der „Welt“, Buchautorin
  • Max Straubinger (CSU), Bundestagsabgeordneter, Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaftsminister, Landwirtschaftsmeister
  • Heiner Manten, Vorsitzender des Verbands der Fleischwirtschaft (VDF), Geschäftsführer von Manten-Fleisch
  • Manfred Götzke, Reporter im Berliner Landesstudio des Deutschlandfunks

Bei den Menschen handelt es sich oft um meist schlecht ausgebildete Landwirtschaftshelfer aus Rumänien und Bulgarien, berichtete der Journalist Manfred Götzke. Bruttomonatslohn laut seinen Recherchen: etwa 1200 Euro – für eine 60-Stunden-Woche. Möglich wird das durch Sub-Unternehmer-Konstruktionen und Schiebereien bei der Arbeitszeit. Lesen Sie hier: Corona: Eng, voll und ungelüftet – Gefahrenorte der Pandemie

Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie: Große Koalition will ran an das Problem

So ist also die Lage – verheerend, doch leider nicht wirklich neu. Die Corona-Krise mache deutlich, was vorher schon nicht in Ordnung war, räumte Hubertus Heil ein. Zugleich machte der Arbeitsminister deutlich, dass er diesen Zustand nicht mehr akzeptieren wolle. Wie die Regierung die Fleischindustrie kontrollieren will, erfahren Sie hier.

„Es gab lange genug Selbstverpflichtungen und Runde Tische“, sagte Heil. Passiert sei dann wenig. Nun werde es konkrete Maßnahmen geben, etwa gegen die Verschachtelung der Anstellungsverhältnisse. „Ich will mit Ihnen sprechen, aber nicht über das ‚Ob‘ sondern über das ‚Wie‘: Wir werden das machen“, sagte der SPD-Politiker an Branchenvertreter Heiner Manten gewandt. Lesen Sie hier: Corona: Kabinett verschärft Reglen für Schlachtbetriebe

Der Industrievertreter verliert den Faden

Der so adressierte konnte einem fast leidtun. Eine gute Figur machte Manten, der selbst einen Fleischbetrieb hat und dem Verband der Fleischwirtschaft vorsteht, in der Sendung nicht. Warum gibt es auf Schlachthöfen so viele Fälle? „Die Infektionszahlen … wie soll ich sagen?“, fing Manten an und stockte. Er müsse sich erst einmal sammeln. Und dann: „Ich habe ein bisschen den Faden verloren.“

Die Verunsicherung war so groß, dass sich Frank Plasberg kurze Zeit später genötigt sah, Manten zu stützen. Es gehe nicht darum, ein Tribunal abzuhalten, versicherte der Gastgeber. Und empfahl: „Manchmal hat man PR-Agenturen, die coachen einen. Vergessen Sie, was die sagen und sprechen Sie für sich und Ihre Familien. Das ist ehrlicher und besser.“

Mantens Verteidigungslinie aber war, als er sich dann gefangen hatte, wenig überzeugend. Alles Einzelfälle, und überhaupt: In den Betrieben allein sei das Problem nicht zu suchen. „Das kann ich mir so nicht vorstellen, kenn ich so nicht, habe ich so nicht gesehen“, fasste Manten seine Haltung zusammen.

„Hart aber fair“: Robert Habeck in guter Form

Ganz anders trat Robert Habeck auf. Klar, das Thema passte dem Grünen-Chef. Zunächst empfahl er einen Mindestpreis für Fleisch: Es könne nicht sein, dass die Supermarktketten mit Fleischpreisen, die unter den Produktionskosten liegen, auf Kundenfang gingen. „Wenn die Dumpingangebote nicht da wären, würden die Leute genauso grillen und nur vielleicht ein bisschen weniger drauf tun“, sagte Habeck.

Das klang plausibel. Doch sind die Verbraucher nicht genauso gefragt? Schließlich kaufen viele Menschen das billige Fleisch. Eine solche Haltung sei ein Armutszeugnis für die Politik, erwiderte Habeck. „Wir sind widersprüchlich, ich bin es auch. Wir sind keine Engel.“ Allerdings bedeute das nicht, dass wir uns keine Regeln setzen könnten, die besser sind als wir im Alltag.

Das Fazit

Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ bot einen guten Rundumblick zum Thema Schlachthöfe. Das Coronavirus war dabei nur neuer Anlass, ein in Teilen schäbiges Geschäftsmodell näher zu beleuchten.

Immerhin: Es blieb ein wenig Hoffnung. Vielleicht ist die Corona-Krise ja der Impuls für echte Veränderung.

So wurde die Corona-Krise bisher bei „hart aber fair“ diskutiert: