Essen. Tanja Wedhorn ist in drei neuen Filmen als Inselärztin in der „Praxis mit Meerblick“ zu sehen. Das Resultat: langweilig-leichte Kost.

Was passiert, wenn ein bekleidetes Pärchen an einem ausgewiesenen Nacktbadestrand auf Rügen Selfies macht und dabei natürlich auch Nudisten mitfotografiert? Es gibt Ärger, handfesten sogar.

Die Folge „Alte Freunde“ der Reihe „Praxis mit Meerblick“ hat noch gar nicht richtig begonnen, da sind alle Unklarheiten schon beseitigt. Zuschauer, die mit der Serie nicht vertraut sind, lernen: Der Film spielt im Osten Deutschlands, in der ehemaligen DDR also, wo ja der Hang zur Freikörperkultur gleichsam ein Alleinstellungsmerkmal war.

Und wenn es um die DDR geht, werden die Schatten der Vergangenheit nicht lange auf sich warten lassen. Eingeweihte Zuschauer wiederum dürfen sicher sein, dass Nudist Thorsten Thieme (Kai Iwo Baulitz), der sich irgendwann genervt von seinem Psychologie-Fachbuch trennt und die Foto-Frevler zur Ordnung rufen will, der nächste Problem-Patient von Nora Kaminski (Tanja Wedhorn) sein wird.

In „Praxis mit Meerblick“ kommt es nicht auf Glaubwürdigkeit an

Zum siebten Mal seit 2017 schickt die ARD die leidenschaftliche „Ärztin ohne Doktortitel“ an die Arbeit. Zwei weitere neue Folgen werden an den nächsten beiden Freitagen ausgestrahlt. „Alte Freunde“ gehört wieder zu jenen luftleichten Unterhaltungsfilmchen, in denen echte oder angebliche Probleme nur dazu dienen, im Handumdrehen gelöst zu werden. Auf Glaubwürdigkeit, Wahrscheinlichkeit, Schlüssigkeit kommt es nicht an. Der nie geforderte Zuschauer wird mit einem Alles-wird-gut-Gefühl ins Wochenende entlassen.

Kein seltener Anblick in „Praxis mit Meerblick“: Alle sind glücklich und zufrieden, auch als Doro (Julia Schäfle, rechts) Nora (Tanja Wedhorn) mit einem sperrigen Geschenk überrascht.
Kein seltener Anblick in „Praxis mit Meerblick“: Alle sind glücklich und zufrieden, auch als Doro (Julia Schäfle, rechts) Nora (Tanja Wedhorn) mit einem sperrigen Geschenk überrascht. © dpa | Boris Laewen

Das könnte man hinnehmen, gäbe es wenigstens den einen oder anderen Überraschungsmoment. Doch Autor Michael Vershinin lässt keine Gelegenheit aus, künftige Ereignisse überdeutlich anzukündigen. Und Regisseur Jan Ružička stärkt die Ansagen durch plakative, unmissverständliche Bilder. Zudem lacht bei Sonnenschein das Leben, Dunkelheit und Kerzenlicht bedeuten Gedankenschwere, verhangener Himmel steht für ambivalente Gefühle und Situationen.

„Praxis mit Meerblick“ stellt Zuschauer vor keine Herausforderungen

Noras bestens organisierter Praxispartner Dr. Hannes Stresow und ihr Erste-Hilfe-Patient, bei dem Nora noch im Notfallwagen eine schwere Herzerkrankung vermutet, kennen sich offenbar aus DDR-Schulzeiten. Damals muss etwas Übles passiert sein zwischen Stresow und Thieme, dem Schuldirektor. Noras Ex-Gatte Peer (Dirk Borchardt) lässt sich mit seiner neuen Frau Lisa (Maria Quandt) auf Rügen nieder, und die hat nichts eiliger zu tun, als Nora in Sachen Kinderwunsch um Rat zu fragen. Peer liebt das Meer, Lisa teilt diese Liebe nur pflichtgemäß. Kai, Peers und Noras Sohn, schätzt Lisa nicht sonderlich. Nora mag Peer immer noch.

Das kann einfach nicht gut gehen. Der Zuschauer weiß, was demnächst geschieht, wie er auch weiß, dass Nora selbstverständlich die Spannungen zwischen Stresow und Thieme beheben und nicht nur das Herzklappen-Problem des vereinsamten Lehrers lösen wird.

Wo alles vorhersehbar ist, spielen die Darsteller, nicht alle gleichermaßen auf der Höhe ihrer Kunst, diesem Wissen leider permanent hinterher.